In der Fremdenlegion (German Edition)
Araber.
Da war die Heimat der Legionäre. Dort lagen die niederträchtigen Kneipen, die auf die Kundschaft der Legionäre reflektierten. » Bar de la Légion « oder » Bar du légionaire « oder » Bar de Madagascar « nannten sich die Spelunken. Der Wein in Algerien ist gut und spottbillig. Aber an den Legionären mußte extra Geld verdient werden. Man verkaufte ihnen ein Gebräu aus Trauben, die schon drei- oder viermal durchgepreßt waren und dem ein bißchen Spiritus Blume und Aroma verlieh. Daneben lagen arabische Garküchen, in denen man »Kuskuß« aß und » galettes «, zähe Pfannkuchen mit Honig; Garküchen, in denen Messer und Gabeln als fluchwürdige Geräte galten, die zweifellos der Teufel der Rumis erfunden haben mußte. Aermlich und schmutzig war es überall, wie es zu der Armut des verachteten Legionärs paßte. Ganz besonders für die Legion war ein eigenartiges Café berechnet. In einem Winkel beim Theater hatte eine hübsche kleine Spanierin eine Bretterbude aufgeschlagen und altersschwache Stühle der verschiedensten Stilarten aufgestellt, die man ihr jedenfalls irgendwo geschenkt hatte, nur um sie loszuwerden. Dort verkaufte sie Kaffee an Legionäre. Eine kluge Geschäftsfrau, die Kleine. Ihr Kaffee war zwar gefärbtes heißes Wasser und ein niederträchtig' Gebräu, aber so billig, daß der Fremdenlegionär gern eine Tasse kaufte. Denn einen süßen Blick bekam er gratis. Wenn das Geschäft flau war, plauderte Frau Wirtin auch ein wenig. Diese Taktik verschaffte der schlauen kleinen Spanierin eine Legionskundschaft von rührender Anhänglichkeit und Dankbarkeit. Die alten Legionäre stahlen Blumen für sie, und wenn irgendwo in Tonkin oder an der Marokkogrenze geplündert wurde, bekam Manuelita viele Monate später die schönsten Sachen, die ihre alten Legionsfreunde für sie geraubt und all' die Zeit im Tornister herumgeschleppt hatten. Die Legion war Manuelita dankbar. Sie stellte die große Ausnahme dar. Außer der cantinière und ihr gab es kein weibliches Wesen in der Stadt der Fremdenlegion, dem es auch nur im Traum eingefallen wäre, einen Legionär anzugucken...
Guttinger wäre niemals in dieses Legionärscafé gegangen. Er wußte weit Besseres. Ihm verdankte ich die Bekanntschaft mit Ben Mansurs Kaffee. Es war ein maurisches Kaffeehaus. Feine farbige Mosaiksteinchen bildeten arabische Sprüche auf dem Fußboden, und an den Wänden zogen sich lange Marmorbänke hin. Araber kauerten auf den Bänken und rauchten beschaulich gurgelnde Wasserpfeifen, – die Verkörperung von Ruhe und Schweigsamkeit. Viele Stunden lang saßen sie über einer einzigen Tasse Kaffee, deren Kauf ihnen obendrein nach arabischer Sitte das Recht gab, auf den Marmorbänken zu übernachten. Stumm und schweigend spielten sie » esch-schronsch « – Schach.
Legionäre traf man hier selten, denn Ben Mansur sprach nur Arabisch. Guttinger aber war sein Blutsfreund, und die beiden begrüßten sich immer feierlich mit auf der Brust gekreuzten Armen und tiefen Verbeugungen.
Ben Mansurs Kaffee war ein Märchentraum. Den ganzen Tag und die ganze Nacht glühten auf dem uralten maurischen Ofen in der Ecke Holzkohlen, und in einem Kupferkessel von wunderlicher achteckiger Form, der schon Generationen von Arabern gedient haben mußte, brodelte kochendes Wasser. Ein silbernes Gefäß enthielt einen dicken Kaffeebrei, eine Art Extrakt. Damit füllte Ben Mansur die kleinen Tontäßchen zur Hälfte, goß kochendes Wasser dazu und träufelte dann aus geheimnisvollen Fläschchen allerhand Säfte darein, einen Tropfen Orangenwasser, einen Tropfen Haschischöl und einen Tropfen flüssigen Opiums. Ich werde noch oft an Ben Mansurs Kaffee denken, an seinen wunderbaren Duft und an die vergessende Ruhe, die das kleine Täßchen bescherte. Lange Stunden saßen Guttinger und ich auf den Marmorbänken, mit gekreuzten Beinen, um die Sitte des Gastgebers zu ehren, die Wasserpfeife mit zwei Schläuchen vor uns, in der ein Tabak brannte, der ganz gewiß mit den Fabrikaten des algerischen Tabakmonopols nichts zu tun hatte. Bezahlen ließ sich Ben Mansur niemals mehr als zwei Sous, wenn wir auch noch so viele Pfeifen rauchten und noch so viele Täßchen Kaffee tranken. Das war seine Auffassung von Gastfreundschaft.
Dann wieder durchwanderte ich mit Guttinger die schmutzigen Gassen des Judenviertels, wo die Kehrichthaufen auf offener Straße lagen, und wo der Geruch von alten Kleidern das Leitmotiv der Atmosphäre war. An den Ecken stritten
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