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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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dünnen Rock hoch geschürzt hatten, um sich die Beine und den Leib an den glimmenden Kohlen zu wärmen. Die Scham der Verhüllung schien ein unbekanntes Ding. Eine Negerin mit schmiegsamem Körper voller Kraft lag langgestreckt da, nackt bis auf ein rotes Jäckchen, die wärmespendende Pfanne neben sich. Sie war zu müde oder zu träge, um zu sprechen – nur durch eine häßliche Geste lud sie die Vorübergehenden ein. Neben ihr saß eine Französin auf dem Boden, in zerfetztem Seidenkleid, mit einem Gesicht, in das die Härte eines fürchterlichen Lebens tiefe Rinnen gegraben hatte. Daneben lauerten blutjunge Araberinnen, Kinder fast, deren Kupferspangen an Armen und Beinen zeigten, daß ihre Heimat tief im Süden war. Italienerinnen mit dem unvermeidlichen Goldreif in den Ohren und spanische Weiber mit fettglänzenden Haaren und kreischenden Stimmen zankten sich. Der flammende Schein der Fackeln gab den Gesichtern etwas unheimlich Starres. Zwischen dem weiblichen Elend drängte sich der Abschaum der Bevölkerung von Sidi-bel-Abbès. Da waren Neger in zerfetzten Leinenkitteln, die tagsüber schwere Säcke auf dem Rücken schleppten, und denen die village nègre die Erholungsstätte des Abends war. Spanische Landarbeiter schnatterten in ihrer gestikulierenden Art mit den spanischen Mädels. Es war der Korso der Armen und Elenden.
    Das leise Klirren meines Bajonetts an die stählerne Koppel schreckte die Gesellschaft auf. Als sie sahen, daß es nur ein einzelner Legionär war und nicht eine der gefürchteten Patrouillen, schrie man von allen Seiten auf mich ein – in einem wunderlichen Patois von arabischen und französischen Worten. Das wenige, was ich davon verstand, war schon schlimm genug. Die Sprache des Legionärs läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig; die Sprache des village nègre war kondensierter Schmutz. Zwei Negerinnen stritten sich darüber, ob solch ein Legionär wohl einen Sous übrig habe, eine schwer wiegende Frage, die sie unter vielem Gelächter verneinten. Die Französin, die betrunken war, stieß mich in die Seite, und bettelte mit lallender Stimme um einen » petit absinth «.
    Ueberall häßliche Gesten, und überall trunkenes Schreien. An der Ecke aber lehnte in würdevoller Ruhe ein arabischer Gendarm.
    Es roch nach Moschus und nach schweren, süßlichen arabischen Zigaretten. Die Straße der sieben Freuden wurde das Gäßchen auf Arabisch genannt. Guttinger hatte mir das gesagt. Daran dachte ich, als ich die zankenden Weiber ansah, und empfand etwas wie Schauder bei dem Betrachten der sieben Freuden ...
    Dann wurde mir die Komik klar: der brave Bürger von Sidi-bel-Abbès verachtete den Legionär – aber er duldete die Greuel des village nègre !
    Von ferne ertönte ein Kommandoruf, und die Marschtritte einer Patrouille näherten sich. Ich erschrak und flüchtete schleunigst in den Schutz eines Nebengäßchens. Stolpernd, fallend tappte ich mich vorwärts im tiefen Dunkel, bis ich leises Sprechen hörte und einen Lichtschein sah. Das Gäßchen machte eine scharfe Biegung. ...
    Ich war in den Hof eines maurischen Hauses geraten. Araber in weißen Burnussen lauerten und hockten am Boden, Wasserpfeifen rauchend. Sie sahen kaum auf, als ich hinzutrat, und ein alter weißbärtiger Araber nickte mir lächelnd zu.
    Ueber glühenden Kohlen stand ein kupfernes Gefäß mit siedendem Wasser, und ein alter Neger bereitete Tee für die Araber. Vor der Schwelle des Hauses saßen und standen und lagen Frauen im weißen Sand. Blitzschnell schoß mir eine Erinnerung durch den Kopf an irgendein Märchen aus Tausendundeine Nacht. Ueber die Mauer an der einen Seite der Gasse war ein Tuch gespannt, schwer wie Brokat, mit fingerdicken Goldstickereien auf rotem und gelbem Grunde in phantastischen Arabesken. Ueberall lagen Kissen; die Araber saßen auf gelben Matten aus feinem, geflochtenem Gewebe. Zwölf, vierzehn Frauen waren da. Junge schmiegsame Gestalten mit leuchtenden Zähnen, in dünne schleierartige Gewänder gehüllt, mit unzähligen Kupferspangen an Armen und Beinen. Bei jeder Bewegung rasselten und klirrten die Spangen. Alles nippte Tee aus kleinen, winzigen Täßchen, und die Wasserpfeifen gurgelten. Da hörte ich neben mir englische Worte, ein Kinderverschen:
Humpty Dumpty
Sat on a wall
Humpty Dumpty
had a great fall;
And all the king's horses
and all the king's men
Could not put Humpty Dumpty
together again .
    Erschrocken drehte ich mich um und sah in der Umrahmung des Frauenburnus das

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