In der Fremdenlegion (German Edition)
Gesicht einer Weißen mit blonden Haaren und Zügen, die einmal sehr schön gewesen sein mußten. Sie hielt eine arabische Zigarette im Mund, nickte traumverloren, glücklich lächelnd, und sang immer wieder leise das alte englische Kinderliedchen.
Da sprang das eine der Mädchen auf und schüttelte klirrend die Spangen von den Armen. Sie war ganz jung, und ihre Züge trugen reinen arabischen Typus. Mit einem Male war es still geworden, so still, daß man den eigenen Atem hören konnte. Sie nestelte eine Weile an ihrem Hals, und das dünne Gewebe, das sie als Ueberwurf trug, fiel auf ihre Hüften. Sekunden-, minutenlang, stand sie unbeweglich da wie eine Statue. Mich erinnerte es an eine Bronze, die in früheren Zeiten einmal auf meinem Schreibtisch stand. Ihre Arme hatte sie ausgestreckt, der Kopf war stolz zurückgeworfen, die Augen glänzten, als wäre sie eine allgewaltige Siegerin. Langsam schritt sie im Kreise, und das zarte Schleiergewebe schwang und schwebte in ewig sich ändernden Windungen, es schien zu zittern und zu beben um den kupferfarbenen Körper. Es war graziös, wunderschön; aber irgend etwas lähmte mich, schmerzte mich. Die schweren Farben vielleicht, vielleicht der dumpfe süßliche Geruch. ... Mechanisch zündete ich mir eine Zigarette an. Der Tanz wurde schneller. Immer die gleiche verwirrende, einschläfernde, hypnotisierende Rundbewegung des Schleiergewebes. Die Tänzerin bog und dehnte und streckte den Oberkörper – ihre Bewegungen waren weich, zierlich. Mir wollte der Gedanke nicht aus dem Kopf, wo sie diesen Tanz, diese Bewegungen her hatte – es war zuviel Rhythmus darin für den Tanz eines Naturkindes. Da riß sie die Fackel von der Wand und schwang sie in weiten Kreisen um ihren Kopf. Grellrot fiel der Feuerschein auf das glänzende blauschwarze Haar, und immer schneller wurde der Tanz. Die zischende Fackel schien sich einzuhüllen in den wogenden weißen Schleier: rascher, immer rascher ging das tolle Drehen und Winden – ein letzter leuchtender Kreis der Fackel, und sie brach erschöpft zusammen.
Leises Gemurmel erhob sich unter den Arabern, und Kupferstücke und Silbermünzen fielen vor ihr auf die Matte.
Die Engländerin aber saß wie gebrochen da; sie schien sich und ihre Umgebung vergessen zu haben. » My God ,« murmelte sie ununterbrochen, » my God ...«
Da schlich ich mich müde, matt und zerschlagen zurück in die Kaserne.
*
Ein blühender Gürtel von Gärten umrahmt die Stadt. In breiten Alleen, die früher einmal Festungsgräben gewesen waren, stehen Palmengruppen und Olivenhaine, vor vielen Jahren von Legionären gepflanzt, in ihren kurzen Friedenszeiten. Auch den botanischen Garten hatten die fremden Söldner angelegt, und noch heute hat die Legion das Recht, sich Blumen für ihre Toten von den Beeten des » jardin public « holen, und die etwas sonderbare Pflicht, zur Säuberung der Wege und zur Gartenarbeit täglich drei Legionäre in den Garten zu senden. Dafür betrachtet aber auch das Regiment den » jardin public « wie ein Stück Eigentum, und an Sonntagen ist das wundervolle Stück Erde mit seiner Baumpracht und Blütenschönheit ein Ruheplatz für die Soldaten. Ganz in der Nähe liegt der Regimentsgarten, wo die Legion ihr Gemüse züchtet und ihre Kartoffeln baut, in beschaulicher Gemütlichkeit. Mir kam es sehr komisch vor, als ich zum erstenmal zum Mistfahren in den Legionsgarten kommandiert wurde – das war doch recht friedliche Arbeit für die Landsknechte der modernen Zeit.
Weit hinaus ins Gelände erstrecken sich die blühenden Gärten, miteinander verbunden durch schmale Fußwege und kleine Straßen, von Olivenbäumen beschattet. Am äußersten Ende der Stadt, da wo die Garten aufhören und der Sand beginnt, liegt der Friedhof von Sidi-bel-Abbès. Seine prunkenden Monumente, seine gepflegten Blumenbeete, seine stillen Baumgruppen geben ihm keine besondere Eigenart. Wenn man aber durch den Friedhof hindurchgeschritten ist, kommt man im hintersten Winkel zu einer weiten freien Fläche, mit Hunderten und Aberhunderten von kleinen Grabhügeln und gleichartigen schwarzen Holzkreuzen.
Dort ist die Ruhestätte der toten Männer des Fremdenregiments, der Legionsfriedhof.
Ich war einmal zur Arbeit dorthin kommandiert. Ein alter Korporal, der in einem Häuschen in der Friedhofsecke wohnte, und in seinen alten Tagen den Ruheposten eines Totengräbers der Legion bekleidete, gab mir Gartengeräte und Gießkanne. Ich schritt durch die langen
Weitere Kostenlose Bücher