In der Fremdenlegion (German Edition)
sterbenslangweilige Umgebung wieder anfing, fanden wir einen Bauernhof. Einen richtigen, sauberen, wunderschönen Bauernhof. Worauf wir uns wunderten und ein Individuum in spanischer Sprache fragten, ob wir hier ein paar Eier und ein paar Flaschen Wein kaufen könnten. Das Individuum sagte in einem wunderlichen Spanisch-Französisch, der Herr sei drinnen, wir möchten nur nachsehen.
So gingen wir über den Hof, über eine weißgescheuerte Diele und landeten in einer großen Stube.
»Na, das ist hier mal nett und sauber,« sagte einer von uns auf Deutsch.
Und – von irgendwo aus dem Hintergrund des Zimmers kam ein alter Mann hervor, und wir drei deutschen Fremdenlegionäre fielen beinahe um vor Staunen und Freude, als er uns Deutsch ansprach! »Sie könnet scho' Deitsch schwätze, wenn Sie wöllet,« sagte der alte Mann. »I' bin selber a Deitscher und 's is mir a Freud, daß die Herrn g'rad zu mir komme sin!«
Was da bei schwerem algerischem Wein geschwatzt und erzählt wurde, ist in seiner Gesamtheit eine Geschichte:
Vor etlichen siebzig Jahren war es. Ein deutscher Fremdenlegionär aus zähem, hartem Bauernstamm hatte seine fünfzehn Dienstjahre glücklich überstanden. Er hatte Glück gehabt und sich eine Kriegspension von einigen Hunderten im Jahr erworben. Das Kreuz der Ehrenlegion brachte ihm eine Rente von fünfhundert Franken jährlich. Er war ein Bauer aus einer württembergischen Weingegend und verstand den Weinbau gründlich. So sah er sich in der Umgebung von Sidi-bel-Abbès um, und seine Wahl fiel auf Sidi Lhassen. Noch heute ist Land etwas Billiges in Algerien. Damals bekam der Legionär sein Land für wenige hundert Franken. Er heiratete ein spanisches Mädel, arbeitete, gedieh und wurde ein wohlhabender Farmer.
Dann kam in diesem alten Legionär ein echt deutscher Zug zum Ausbruch. Er setzte sich hin und schrieb an die Verwandtschaft nach Württemberg. Vielleicht hat er ein bißchen gelogen, ein bißchen übertrieben, wie das Kolonisten gerne tun. Aber da unten in Württemberg waren gerade schlechte Zeiten, und einige junge Leute aus der Verwandtschaft, die an der üblichen deutschen Dosis Wandertrieb laborierten, schnürten ihre Bündel und verpflanzten ihre Bauernenergie und ihre ererbten harten Taler nach Algerien. Sie machten es ganz genau so wie ihr Legionärsverwandter. Selbstverständlich nahmen sie sich spanische Frauen. So entstand nach und nach an der Peripherie des alten, trägen, verschlafenen Sidi Lhassen eine deutsche Ansiedlung. Jener Fremdenlegionär, dieses Mitglied des Auswurfs der Menschheit, wie die Franzosen die Legionäre zu titulieren belieben, die ihnen Algerien erkämpft haben und ihnen heute noch Schritt für Schritt das wertvolle Land an der Saharagrenze erschließen, – jener Fremdenlegionär war der Gründer einer deutschen Bauerngemeinde auf algerischem Boden geworden. Wie das leider immer so geht mit den Deutschen im Auslande – sie vermischten sich schnell genug mit fremdem Blut. Die Kinder sprachen kaum Deutsch, die Kindeskinder haben längst vergessen, daß ihre Großväter Deutsche waren.
Aber sie haben eine Tat der Kultur vollbracht, diese württembergischen Bauern. Ohne sie wäre das schlafende Sidi Lhassen heute tot. Und die eine Familie ist deutsch geblieben, grunddeutsch bis auf den schwäbischen Dialekt. Der alte Mann, der die drei Fremdenlegionäre bewirtete, war der Sohn jenes Ritters der Ehrenlegion, und seine drei Söhne waren Deutsche und schwäbelten wie er.
Hunderttausend Helden – Hunderttausend Opfer.
Der Ehrensaal. – Die deutschen Kommandeure. – Künstler, Ärzte, Architekten in der Legion. – Das Gefecht von Camaron. – Die Geschichte der Fremdenlegion. – Hunderttausend Opfer!– Ein psychologisches Rätsel.– »Akte wahren Heldentums.« – Wie die Helden entlohnt wurden. – Schlechtes Avancement. – Das Imaginäre der Pensionsverhältnisse.
Dicht neben dem Gefängnis, von dem schmalen Viereck Sandbodens, auf dem alltäglich die gefangenen Legionäre ihren Arbeitsmarsch laufen, durch eine niedere Backsteinmauer getrennt, liegt der Ehrensaal der Fremdenlegion.
Ein winzig kleines Pförtchen ist in die Mauer eingebaut und trägt die Ueberschrift » Salle d'honneur «. Tag und Nacht steht ein Posten mit aufgepflanztem Bajonett vor dem Heiligtum des Regiments. Dem Legionär ist es eine verbotene Stätte, und nur die Offiziere versammeln sich dort bei feierlichen Gelegenheiten.
Spät eines Abends, als ein Kamerad meiner
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