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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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Gräberreihen, jätete Unkraut aus und besprengte den Rasen. Ein Gefühl unsäglicher Verlassenheit kam über mich.
    So militärisch einförmig, so unpersönlich, so arm und nackt sehen diese Gräber aus! Ganz enge liegen sie beieinander, als ob selbst im Tode der Legionär noch in Reih und Glied sein müsse. Ein Kreuz sieht aus wie das andere, so klein und so kunstlos schwarz angestrichen, daß ich mich des Gedankens nicht erwehren konnte, ob man wohl an den paar Pfennigen für den letzten Ruheplatz eines Legionssoldaten sparen wolle. Kränze aus Glasperlen hängen an den Kerzen, dann und wann mit einer künstlichen Strohblume dazwischen. Auf einem weißen Schildchen steht der Name des Toten und darunter seine Nummer mit dem lakonischen Zusatz: Légion étrangère . Es mag sentimental gewesen sein – aber ich bemitleidete diese toten Menschen, die selbst im alles gleichmachenden letzten Schlaf noch eine Nummer tragen mußten, die an nichts so erinnerte wie an ein Zuchthaus. Ich schritt von Kreuz zu Kreuz und las die Namen. Fast alle Nationen der Welt haben beigesteuert zu den Gräbern auf dem Friedhof der Fremdenlegion, aber die deutschen Namen auf den schmalen Kreuzen sind weit in der Mehrzahl.
    Ein Regiment von Toten liegt hier. Aber es war nur ein ganz kleiner Bruchteil der Legionstoten. Die andern schliefen irgendwo im afrikanischen Sand, da, wo sie gefallen sind. Eintausenddreihundert Legionäre sind in Mexiko begraben. Hunderte und Aberhunderte vermodern im Sumpfboden Madagaskars. Viele Hunderte hat Indochina getötet.
    Der Wind fegte die welken Blätter, die von der vornehmen Friedhofsseite herüberflatterten, über die Gräber der Legionäre. Ich sah die endlos langen Hügelreihen in ihrer armen Kahlheit vor mir liegen und sah die wesenlosen Nummern dieser Toten, die nichts gewesen waren als Kampf- und Arbeitsmaschinen. Eine alte deutsche Weise ging mir durch den Kopf und in bitterem Selbsthohn klang es in mir:
    Verdorben – gestorben...
    *
    Unsere Bewegungsfreiheit in Sidi-bel-Abbès hatte ihre strikten Grenzen. Drei Kilometer über die Festungstore hinaus – so weit erstreckte sich die Bannmeile. Der Legionär, der sich weiter von der Stadt entfernte, wurde als Deserteur betrachtet, und jeder arabische Gendarm hielt ihn sofort an.
    Der kleine Köhler, Guttinger und ich hatten mit Mühe und Not einen Sonntagspaß bekommen, eine » permission du jour et de la nuit «, wie es offiziell heißt, mit der Erlaubnis, einen Ausflug nach dem zehn Kilometer entfernten Sidi Lhassen zu machen. So wanderten wir am frühen Sonntagmorgen hinaus nach Sidi Lhassen, die wundervolle, absolut ebene Militärstraße entlang.
    Schweigend schritten wir dahin. Die Landschaft gab aber auch nicht den geringsten Anlaß zu Ausbrüchen von Enthusiasmus. Die Straße zog sich schnurgerade in ihrem fahlen Gelb ins Unendliche. Und daneben Weinberge, Weinfelder sollte man eigentlich sagen, denn etwas Flacheres als diese Gegend gibt es nicht. Dunkelgelber, halb sandiger, halb lehmiger Boden, aus dem schwarze Stümpfe ragten. In einem halben Jahr würden diese schwarzen Stümpfe von sprossenden Zweigen und grünem Laub bedeckt sein und ächzen unter der Last süßer Trauben. Nacheinander hielten uns drei arabische Gendarmen an und freuten sich anscheinend nicht besonders über den Patz, der sie einer Fangprämie beraubte.
    »Eh,« sagte der letzte dieser Braven boshaft, »hätten Sie diesen Paß nicht, so würde ich Sie alle drei verhaftet haben!«
    »Vielleicht!« meinte einer von uns, »oder Sie hätten drei Bajonette im Leib!«
    Worauf sich der Araber trollte und zweifellos Betrachtungen anstellte über die Roheit der Fremdenlegionäre.
    Wir kamen nach Sidi Lhassen. In Deutschland würde man dieses Städtchen ein kleines Dorf nennen. Es sieht genau so aus wie alle seine städtischen Brüder und Schwestern in Algerien. Es sieht aus, als ob es sagen wolle: Lieber Besucher, mein Name steht auf der Landkarte, und ich habe einen Bürgermeister. Aber ich schlafe – wecke mich, oh bon Dieu , wecke mich ja nicht auf. Die Häuser sind gelb angestrichen, nach der häßlichen Sitte Algeriens. Manche sehen so aus, daß man unwillkürlich stehenbleiben und warten möchte, bis sie in sich zusammenfallen. Die Straßen sind öde und leer. Das Ganze ist überaus häßlich. Wir drei sagten allerlei unhöfliche Dinge über algerische Städtchen im allgemeinen und gingen weiter.
    Und draußen, wo das Städtchen aufhörte, und die dunkelgelbe, flache,

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