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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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könnten alles. Er würde es unternehmen, mit seinen Legionären eine Lokomotive zu bauen; unter ihnen würde er die Fakultäten einer Universität zusammenbringen können; Männer seien darunter, die nicht nur im Krieg kämpfen könnten, sondern die es auch verstehen würden, die Geschichte des Krieges zu schreiben!
    Eine ähnliche Vielseitigkeit ist es, die die Kapelle der Fremdenlegion zum besten Musikkorps der französischen Armee gemacht hat, das jedesmal große Triumphe feierte, wenn es Konzertreisen nach Paris unternahm. So mancher Künstler, der einmal im Orchester eines der berühmten Theater der Welt seinen ehrenvollen Sitz hatte, trug später auf bepacktem Tornister die Trompete der Fremdenlegion.
    Ich brauche wohl kaum zu betonen, daß diese Legionäre, die früher nach Beruf und sozialer Stellung einer höheren Gesellschaftsklasse angehörten, immer nur Ausnahmen darstellen, und daß das Gros der Legion aus höchst simplen Menschen besteht, deren Vergangenheit durchaus nichts Interessantes hat. Gerade die Ausnahmen fallen aber auf! So sagte mir einmal ein Redakteur des »Temps«, der Sidi-bel-Abbès besuchte und mit dem ich zufällig ins Gespräch kam, in tiefer Verwunderung:
    »Vorhin sprach ich mit einem Lehrer der griechischen Sprache, jetzt spreche ich mit einem Journalisten! Ist denn die Legion nichts als eine Versammlung von ruinierten Talenten?«
    Zwischen den Gemälden im Ehrensaal stehen die Erinnerungstafeln des Regiments, [Fußnote: Die Fremdenlegion besteht äußerlich aus zwei Regimentern, dem »premier étranger« und »deuxième étranger« . Im geschichtlichen und im militärischen Sinne jedoch ist die Legion ein einheitliches Ganzes. – D. Verf.] auf denen die Schlachten geschrieben sind, die die Legion geschlagen hat. Achtundvierzig große Gefechte sind es, geschlagen in allen möglichen Ländern, von Indochina im Osten bis nach Mexiko im fernen Westen. Das fürchterlichste Gefecht des Regiments war das Scharmützel von Camaron in Mexiko am 30. April 1863.
    Eine grausige Erinnerung daran liegt auf einem kleinen Tischchen im Ehrensaal – eine präparierte Menschenhand. Es ist die abgeschlagene Hand des Kapitäns Danjou, der ein Detachement von 60 Mann der 3. Kompagnie der Legion kommandierte, die bei Camaron fast bis auf den letzten Mann niedergemetzelt wurde. Ueber zweitausend mexikanische Irreguläre griffen die Kompagnie in der Nähe des Dörfchens Camaron an. Das Detachement schlug sich durch die feindliche Kavallerie zu einem Landhaus durch, verbarrikadierte sich und hielt einen Tag lang gegen die erdrückende Uebermacht stand. Fünfmal wurde das Häuflein aufgefordert, sich zu ergeben, und fünfmal war die Antwort – merde!
    Als die Mexikaner endlich das Tor des Hauses erstürmten, fanden sie, in dichten Haufen vor dem Tor zusammengeballt, eine Schar von Toten. Die wenigen Ueberlebenden waren schwer verwundet. Wenige Stunden darauf kam Entsatz. Aber die französischen Truppen fanden nur ein Haus voll Toter. Neben der Leiche des Befehlshabers lag seine abgehauene Hand.
    Waffen aus allen möglichen Ländern schmücken die Wände des Ehrensaals. Neben den geraden mexikanischen Säbeln hängen die gebogenen Araberklingen aus dünnem biegsamem Stahl; neben Giftpfeilen aus Madagaskar alte Legionsbajonette, die alle blutige Arbeit getan haben.
    Die Souvenirs in dem kleinen Gebäude des Ehrensaals der Fremdenlegion erinnern an nahezu ein Jahrhundert von Kämpfen.
    Im Jahre 1831 wurde die Fremdenlegion als afrikanische Hilfstruppe ( auxiliaires ) errichtet. Die fortwährenden Kampfe in Algerien dezimierten damals die französischen Truppen. So kam man unter der Regierung des Königs Louis Philippe auf den Gedanken, die alte Institution der Landsknechte neu ins Leben zu rufen und für den Krieg in Afrika eine Truppe zu schaffen, die sich aus fremden Abenteurern zusammensetzen sollte. Ein belgischer Aventurier, der sich Baron de Boegard nannte, hatte, ohne eigentliche Autorisation, aber unter stillschweigender Duldung der Generale des Königs, eine Bande von zweifelhaften Charakteren aller Nationen um sich versammelt. Er legte sich den Titel eines Generalleutnants bei und wußte schließlich die Militärbehörden zu überzeugen, daß seine Leute ein ganz brillantes Kanonenfutter für Algerien sein würden. Es waren im ganzen 4000 Mann, die in Toulon auf die Fahnen Frankreichs vereidigt und nach Afrika verschifft wurden. Die dortigen französischen Truppen nahmen die zerlumpte Gesellschaft

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