In der Fremdenlegion (German Edition)
Kompagnie beim Ehrensaal auf Posten stand, schlich ich mich durch das Pförtchen.
Die Backsteinmauern umschlossen ein winzig kleines Gärtchen. Der Boden war mit bunten Mosaiksteinen ausgelegt, Palmen und Lorbeerbüsche bildeten überall dichte Gruppen. Eine breite Treppe führte zu dem zierlichen maurischen Vestibül hinauf.
Als ich den Saal betrat, strömte es mir wie eine Flut von Farbe entgegen. Der riesige Raum war mit Gemälden förmlich übersät. Das Auge wurde vor allem auf die Bilder zweier Legionäre gelenkt, in Lebensgröße dargestellt, der eine in moderner afrikanischer Feldausrüstung, der andere in der Uniform des Jahres 1815, der Uniform des Söldnerregiments » Légion de Hohenlohe «. Porträtbilder von Kommandeuren und getöteten Offizieren des Regiments bedeckten die Wände, und kolossale Tafeln nannten in goldenen Lettern die gefallenen Offiziere.
Mit Staunen sah ich in der Liste der Kommandeure der Fremdenlegion eine ganze Reihe deutscher Namen. Da waren die Colonels Stoffel, de Mollenbeck, Conrad, de Hülsen, Meyer. Dann wieder waren unter den ehemaligen Obersten der Legion berühmte Marschälle und Feldherren Frankreichs, die sich ihre ersten Lorbeeren als Führer der fremden Soldaten holten: Mac Mahon, Canrobert, Bazaine, de Négrier, Saussier – die großen Namen der Fremdenlegion.
Schlachtenbilder stellten Episoden aus den Gefechten dar, an denen die Legion teilgenommen hat, und dann und wann war unter diesen kriegerischen Gemälden ein Kunstwerk; aller Bilderschmuck aber war von Offizieren und Mannschaften des Regiments geschaffen. Eine ganze Reihe der Gemälde rührt von dem Pinsel des Kapitäns Cousin her, während die allegorischen Fresken der Decke die Arbeit eines Künstlers sind, der die rote Hose und die blaue Jacke des Gemeinen trug, des Legionärs Hablützel – ein bescheidener Soldat ist der Künstler, der den » Salle d'honneur « dekoriert hat.
In der französischen Armee ist die Vielseitigkeit der Fremdenlegion berühmt, und dieses Beispiel eines rothosigen Künstlers hat seine interessanten Pendants. Die Regimentsgeschichte weiß manches davon zu erzählen.
Vor ungefähr fünf Jahren beschlossen die Offiziere, sich ein neues Kasino zu erbauen. Der Ausführung dieses Wunsches stellte sich nur ein einziges kleines Hindernis entgegen: die Regimentskasse war fast leer. Da kam der Oberst auf den Gedanken, sich an sein Regiment zu wenden. Trotzdem das Depot damals nur aus einem Bataillon bestand, ergab eine Rundfrage das verblüffende Resultat, daß sich sieben Architekten darunter befanden. Diese sieben Soldaten wurden eine Zeitlang wieder zu sieben Künstlern und entwarfen die Pläne zu der neuen Offiziersmesse. Sie einigten sich auf den Stil einer tonkinesischen Pagode. Unter den Norwegern des Regiments fanden sich Bauarbeiter, die in künstlerischer Holzbearbeitung Fachleute waren: Maurermeister und Maurer enthielt das Bataillon im Ueberfluß, und ein verkrachter Ziegeleibesitzer, ein Deutscher, machte sich ein großes Vergnügen daraus, wieder einmal in seinem alten Beruf zu operieren und mit einem Detachement Ziegel zu brennen. In wenigen Wochen war das Kasino vollendet – und es hatte nichts gekostet, als den nackten Preis des Rohmaterials.
Die sieben Architekten aber schulterten wieder ihre Lebelgewehre ...
Ein anderes Beispiel ist berühmt. In den zahllosen Gefechten im Süden Algeriens wurde einmal eine Kompagnie von der Kolonne getrennt und hatte in einem Scharmützel mit den Arabern schwere Verluste. Die Zahl der Verwundeten war sehr groß, und es konnte nicht für sie gesorgt werden, da sich Aerzte und Lazarettstab bei der Hauptkolonne befanden. Schließlich rief der Kompagniechef mitten im Feuer seinen Leuten zu:
»Sind Aerzte unter Euch?«
Sofort meldeten sich drei Legionäre. Der eine war ein Graduierter der Sorbonne, der andere besaß das Doktordiplom der Universität Zürich, und der dritte hatte seinen medizinischen Grad auf einer deutschen alma mater erworben!
Weniger befremdlich, aber ebenso interessant ist die Tatsache, daß einmal, als ein Fort gebaut werden sollte, sich in einer einzigen Kompagnie der Legion drei Fortifikationsexperten meldeten, zwei frühere österreichische Pionieroffiziere und ein ehemaliger Leutnant der englischen Sappeure.
General de Négrier, der die Legion liebte, pflegte zu sagen, les étrangers hätten drei unschätzbare Vorzüge: sie schlügen sich brillant, sie marschierten bis zum letzten Atemzug und – sie
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