In der Fremdenlegion (German Edition)
fünf rabiau -Jahren bekam der arme Jean natürlich keine Löhnung. Seit wann bekommt ein Sträfling Löhnung?
Bleibt also für Jean le malheureux die stattliche Summe von 127 Franks und 75 Centimes. Verdient in zehn Jahren. Außerdem ist das nichtsnutzige Subjekt auch noch gefüttert worden! Bekleidet obendrein.
Ah – c'est la légion!
*
Wie eine unheimliche Drohung, wie ein Schreckgespenst sind mir immer die Gefängnisse in der Legionskaserne von Sidi-bel-Abbès erschienen. Zu beiden Seiten des Kaserneneingangs, dicht an der Straße, durch eine hohe Mauer von ihr getrennt, lagen die beiden kleinen Häuschen mit ihren flachen Blechdächern, die den Sonnenbrand so unbarmherzig auffingen. Zellentüre an Zellentüre reihte sich in schmalen rechtwinkeligen Gängen. Die Einzelzellen waren etwas über drei Meter lang und einen Meter breit: die Massenzellen mochten fünf Meter im Quadrat haben. Licht gab es nicht, für Luft »sorgten« ein schmaler Spalt über der Türe und ein kleines Loch in der Mauer. Der Boden war aus Ziegelsteinen oder aus festgestampftem Lehm. Eine hölzerne Pritsche stand in den Zellen, ein Wasserkrug und ein altes Blechgefäß ohne Deckel als Klosett. Einzelzellen und Massenzellen waren sich darin völlig gleich. Ob nun in den Massenzellen fünf Mann saßen oder vierzig, fünfzig Mann – das machte gar keinen Unterschied! Sie bekamen vorschriftsmäßig einen Wasserkrug und einen Blecheimer! Ich bin (das ist mir heute noch ein angenehmes Gefühl!) niemals im Gefängnis der Legion eingesperrt gewesen, aber ich habe, wenn ich dort auf Wache war, genug gesehen, um auch ohne Erfahrung am eigenen Leibe vor dem Prison zu erschauern.
Ich wiederhole: fünf Meter im Quadrat, dreißig, vierzig, mehr Insassen: ein Luftloch von einem Viertelmeter Durchmesser hoch oben an der Mauer, ein winziger Spalt über der Türe.
Solch eine überfüllte Massenzelle würde jeder Tierarzt als einen ungeeigneten Aufenthalt selbst für Schweine erklären! Vor der Reveille, morgens um fünf Uhr, traten sämtliche Posten der Kasernenwache bei den Gefängnissen an, und der Wachhabende öffnete die Zellen, aus denen ein infernalischer Geruch strömte. Er verlas die Namen aus der Gefängnisliste, und jeder Gefangene trat, wenn er aufgerufen wurde, aus der Zelle in den schmalen Gang. Dann begann die Säuberung. Je zwei Mann der Gefangenen trugen, von einem Posten begleitet, die Klosettgefäße zu den Kanalisationsöffnungen im Hof. Wenn die großen Zellen überfüllt waren, (und das waren sie immer) sah es schauderhaft in ihnen aus. Der Raum war eine Klosettgrube, überschwemmt, verunreinigt, verpestet ... Und an Reinigungsmitteln besaßen die Gefängnisse nichts als ein paar alte Besen. Einige Eimer Wasser wurden über den Fußboden geschüttet, oberflächlich, in hetzender Eile, denn der Wachhabende hatte keine Lust, auf die prisonniers viel Zeit zu verschwenden. Ein wenig Wasser, ein paar Besenstriche! Was nicht weggeschwemmt wurde, sickerte in die Ritzen und Risse des Steinfußbodens und bildete eine neue Basis für neue Verpestung.
Den Becher heißen schwarzen Kaffees, aus dem das Legionsfrühstück besteht, gab es nicht für die Gefangenen. Sie bekamen kein Frühstück. Am Bassin im Kasernenkorridor durften sie sich waschen. Dann wurden sie zur Arbeit geführt, nüchternen Magens, durchfroren von der kalten afrikanischen Nacht, auf hartem Holzlager ohne Schutz verbracht, erschlafft vom Aufenthalt in der vergifteten Luft der Zellen.
Wer mit prison von nur kurzer Dauer bestraft war, wurde zum Reinigen des Kasernenhofes, zum Holzspalten, zum Steineklopfen kommandiert: die Gefangenen mit langer Strafdauer und die Insassen der cellules aber mußten zum Arbeitsmarsch antreten und mit dem schweren Sandsack auf den Schultern zwei Stunden lang im Kreise laufen, mit ausgiebigem Laufschritt zur Abwechslung. Wenn der den Arbeitsmarsch kommandierende Korporal schlechter Laune war, ließ er obendrein die Tempi der in der Legion eingeführten schwedischen Gymnastik durcharbeiten. Mit dem schweren Sandsack war das eine ungeheuerliche Anstrengung, eine Anspannung aller Muskeln und Kräfte, wie sie schwerer und aufreibender nicht erdenklich ist.
Um 10 Uhr bekamen die Gefangenen ihre Suppe. Die volle Essensration erhielten sie nicht, da während des Eingesperrtseins ihre Löhnung aufhörte und ihre Kompagnie also auch kein Menagegeld für sie erhielt.
Die Suppe ist dünn, und das Stückchen Fleisch, das darin schwimmt, auf ein
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