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In der Gewalt der Banditen

In der Gewalt der Banditen

Titel: In der Gewalt der Banditen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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dass ich es eilig gehabt hätte. Es war nur so, dass ich immer schnell ging. Das hatte man mich gelehrt.
    Und nun m usste ich mich der Tatsache erinnern, dass es sich hierbei um meine Hochzeit handelte und ich dem Ereignis angemessen laufen musste.
    Henry machte einen Schritt zur Seite, sodass ich mich neben ihn stellen konnte.
    Konzentriert beobachtete ich die kleine weiße Wolke, die sich vor den Lippen des Pfarrers bildete, wenn er sprach.
    Er war ein dicker, älterer Herr, dessen Soutane über seinem mächtigen Bauch spannte. Auch Henry hatte dies bemerkt und an seinen Blicken erkannte ich, dass ihm dieser Anblick wenig gefiel.
    Da ich keine Uhr besitze, vermag ich nicht zu sagen, wie lange die Trauung dauerte, doch nach meiner Schätzung kann ich sagen, dass es nur wenige M i nuten gewesen sein können.
    Ich war darüber nicht traurig, denn ich hatte für die Trauung mein Cape abg e legt und mir war im Handumdrehen sehr kalt geworden.
    Da ich zu zittern begonnen hatte, freute ich mich auf die wollene Wärme, wollte ich doch nicht den Anschein erwecken, ich zittere vor Angst oder Aufregung.
    Henry bot mir seinen Arm, nachdem die Zeremonie geendet hatte . Es war eine so ungewohnte Geste, dass ich mich zunächst nicht einmal rührte. Dann aber begriff ich und legte meine freie Hand auf seinen Handrücken.
    So verließen wir die Kirche.
    Da die meisten der Leute, die der Trauung beigewohnt hatten, nicht zur Feier eingeladen waren, begab sich eine sehr übersichtliche Gruppe von vielleicht zwanzig Leuten zurück zum Haus.
    Der Schneefall hatte aufgehört und die weiße Decke begann auch schon zu tauen.
    Nun war ich also eine verheiratete Frau.
    Ich fühlte mich nicht wesentlich anders, als noch in jenem Moment, da ich mit Claire in entgegengesetzter Richtung gelaufen war.
    Seltsam war höchstens der Umstand, dass ich mir Gedanken machte, dass ich eigentlich etwas mit meinem Gatten sprechen sollte, doch mir fiel nichts ein. So schwiegen wir beide.
    Im Speisesaal war für das Hochzeitsfrühstück eingedeckt worden und innerhalb kürzester Zeit hatte sich die Stimmung vollkommen gewandelt.
    Gäste und Gastgeber kannten sich seit vielen Jahren, manchmal schon von Ki n desbeinen an und nun hatte er einen neuen Schritt im Leben getan, den man allgemein gutzuheißen schien.
    Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil sich in der Runde keine junge Frau im heiratsfähigen Alter befand, der ich als siegreiche Konkurrenz hätte begegnen können.
    Ich saß stumm lächelnd neben meinem Gatten, aß und trank mit Maßen und reagierte auf Dinge, die ich aufschnappte mit entsprechender Mimik, wie man es von mir erwartete.
    Mit tiefer innerer Ruhe hatte ich begonnen, meine Position einzunehmen, meine Rolle zu spielen.
    In weiter Ferne lagen meine Erinnerungen an das Institut, Mr. Delacro und all die anderen. Ich hatte überlebt und ich hatte gut überlebt.
    Das war alles, was in jenen Stunden zählte, da die Sonne den Kampf gegen die Wolken aufgegeben hatte und die Diener die Kandelaber entzündeten.
    Mein Gemahl mochte seine Fehler haben, aber sie waren nichts gegen das, was ich in meiner Vergangenheit erlebt hatte.
    Gegen Abend verabschiedeten sich die Gäste und Henry nahm vor dem kni s ternden Kamin Platz, wo er sich ein Glas Tokajer von seinem Butler einschenken ließ.
    „Ich würde mich gerne zurückziehen“, sagte leise und blieb in der Tür stehen, um seine Reaktion abzuwarten.
    Henry sagte nichts, sondern nickte nur stumm.
    Da ich – dank Mr. Delacro – nicht mehr gänzlich ahnungslos war, was die Ve r einigung von Mann und Frau anging, zog ich mich jetzt weniger nervös in mein Zimmer zurück, als so manch andere Frau an solchem Tag.
    Claire half mir in ein hübsches Nachtgewand, welches mir zwar nur bis zur W a de ging, aber ansonsten fein bestickt war.
    Ich hatte mich in diesem Hause daran gewöhnt, fremde Kleider zu tragen.
    Und so ließ ich auch mein Brautkleid ohne jede Gefühlsregung zurück, als Claire mich zu meinem ehelichen Schlafzimmer geleitete, in dem ich von nun an i m mer schlafen wür de.
    Es war ein großer Raum mit niedriger Decke. Der Betthimmel war schnörkellos und die Vorhänge ohne Muster. Es war das Zimmer eines Mannes.
    Nicht mal an einen kleinen Hausaltar hatte man gedacht, wo die züchtigen Eh e leute zur Nacht beten konnten, bevor sie das Lager teilten.
    Einzig eine Jagdszene zierte die Wände. Ein Hund, der ein sich in Agonie wi n dendes Reh in den Fängen hält.
    Die gequälten Augen zum Himmel

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