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In der Gewalt des Jadedrachen

In der Gewalt des Jadedrachen

Titel: In der Gewalt des Jadedrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Morell
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Botschafter in seine Privatwohnung eingeladen hatte. Forrester hasste solche Einladungen, aber dieses Mal blieb ihm nichts anderes übrig. Immerhin war zu erwarten, dass eine Menge Leute hier zusammentrafen, die für ihn und seinen Fall wichtig sein konnten.
    Perkins schwenkte die Eisstückchen in seinem Whiskey, während er sprach: „Dort drüben, der mit der Brille, ist der Besitzer einer kleinen, eher unbedeutenden Zeitung. Einer der wenigen, die nicht sofort nach der Übergabe an Hongkong ins selbe Horn wie die offiziellen Pekinger Medien geblasen haben. Auch wenn er sich schon vorsichtiger ausdrückt als vor 1997. Wie die meisten anderen auch, die in Ruhe hier leben wollen.“
    „Ich glaube, für den durchschnittlichen Einwohner wird die Übergabe an China auch nicht so ins Gewicht gefallen sein.“
    „Das würde ich nicht so sagen. Zumindest gab es überraschend viele Reaktionen in der Bevölkerung. Mehr als man erwartet hatte. Die Hongkonger Bürger haben mehr Selbstbewusstsein, als viele bisher dachten. Es hat sich aber – was für uns wichtiger ist – viel im Untergrund getan. Auch in der Unterwelt wird der Einfluss Chinas stärker deutlich. Die Triaden haben sich umstellen müssen. Die meisten von ihnen sahen das schon voraus und knüpften zeitgerecht Verbindungen. Womit wir wieder beim Thema wären.“ Perkins deutete dezent mit dem Glas in die andere Richtung. „Unseren Botschafter kennen Sie ja. Aber der Chinese, mit dem er sich unterhält, ist die interessanteste Person im Raum. Jedenfalls für uns.“ Er senkte seine Stimme, als er weitersprach: „Das ist Wong, Sonderbeauftragter von Peking. Er ist erst gestern angekommen, und ich vermute, dass es mit dem Syndikat und Ihrem Aufenthalt zu tun hat. Von ihm hängt es ab, wie viel Unterstützung wir bei der Suche nach den Köpfen des Syndikats erhalten. Er kann uns entweder freie Bahn geben – oder Steine in den Weg legen. Ich nehme sogar an, dass wir seinetwegen eingeladen wurden. Ich habe gehört, dass er sehr oft den inoffiziellen Weg wählt, um etwas zu erfahren.“
    Forresters Blick glitt über den Sonderbeauftragten, nahm Einzelheiten wie Körperhaltung und Gestik wahr, und wanderte dann weiter über die Anwesenden. Mit Wong würde er sich noch später beschäftigen. Oder dieser sich mit ihm, wenn Perkins richtig tippte. Jetzt zog ein anderer seine Aufmerksamkeit auf sich.
    „Und der Weißhaarige dort, der Handschuhe trägt?“ Forrester beobachtete den Mann unauffällig, aber scharf. Eine seltsame Erscheinung. Er war schlank, sogar hager, ebenso groß wie er. Es war ihm aufgefallen, dass er beim Gehen leicht hinkte, auch wenn er dies gut zu überspielen wusste. Er hatte reinweißes, schütteres Haar. Seine Gesichtszüge dagegen waren die eines jungen Mannes, wenn auch starr wie bei einer alternden Amerikanerin, die sich regelmäßig liften ließ. Und er lächelte kaum. Noch auffallender waren jedoch die Lederhandschuhe, die er trug.
    „Ein Amerikaner niederländischer Abstammung, der überall seine Finger drinnen hat – Robert Graacht. Ich kann ihm nichts beweisen, aber ich vermute, dass er für viele als Strohmann agiert und Geschäftsanteile oder Firmen hält, die letzten Endes anderen gehören. Aber er ist eher unwichtig. Mehr eine Marionette der Großen. Die Handschuhe trägt er angeblich wegen einer Allergie. Vielleicht will er sich aber auch nur interessant machen. Der neben ihm ist für uns wichtiger. Das ist Chen Wing-Lun.“ Perkins nannte, wie es üblich war, zuerst den Nachnamen und dann den Vornamen, der aus zwei Teilen bestand. „Ein sehr bedeutender Geschäftsmann in Hongkong. Er hat sich vor einigen Jahren allerdings zur Ruhe gesetzt und überlässt seine Geschäfte seinen Söhnen und Neffen, die alle in Europa oder Amerika studiert haben.“
    „Triaden.“ Forrester sagte das völlig trocken.
    Perkins lachte leise. „Sie haben’s erraten. Allerdings schon sehr sauber gewaschene. Man sagt, Chens Vorfahren gehen tatsächlich bis auf die Anfänge dieser Geheimbünde zurück. Trotzdem darf sein Einfluss nicht unterschätzt werden. Auch nicht seine Beziehungen zu Peking. Und“, fügte er noch leiser hinzu, „mögliche andere Geschäftsbeziehungen. Wie zum Beispiel zum Syndikat. Die Familie hält, seit das Glücksspielmonopol aufgehoben wurde, angeblich auch über einen Strohmann Anteile an einem Casino auf Macau. Die Triadenkämpfe, die darum ausgebrochen sind, haben sie lässig weggesteckt. Sie haben sogar eine eigene

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