In der Glut der Leidenschaft
begangen hatte, der ihm ein Heim geboten hatte. »Und wer weiß, wie vielen davor.«
»Erzähl mir, was dich bedrückt«, verlangte sie.
»Aurora und Ran wissen nicht, dass ich meinen leiblichen Vater suche.«
Sie holte tief Atem.
»Als ich sie das letzte Mal sah, haben wir... es fielen unschöne Worte.«
Sie konnte nur ahnen, was das bedeutete. »Du musst es ihm sagen. Das schuldest du ihm.«
»Ich weiß«, erwiderte er betrübt. »Aber glaubst du ... ich meine, wirst du ... wirst du mir dann beistehen?«
Sie hätte nie gedacht, dass er irgendetwas auf der Welt fürchten könnte. »Ja«, versicherte sie und legte ihm die Hand auf die Brust. »Natürlich. Und wie du mir Aurora beschrieben hast, wird sie dich verstehen.«
Er hielt ihre Hand fest. »Ich mache mir nicht ihretwegen Sorgen«, sagte er zweifelnd.
»Du glaubst, dass Ransom zornig sein wird ?«
»Er hat eine feste Meinung über Männer, die Bastarde in die Welt setzen, weil er selbst einer ist.«
Sie hatte von den Taten Granville Montegomerys und seiner Nachkommen gehört und kannte sogar Einzelheiten. Trotzdem versicherte sie: »Man kann ein Kind nicht für die Taten eines Elternteils verantwortlich machen. Das ist dir doch sicher klar.«
Er liebte sie für diese Worte. »Trotzdem belastet es ihn, aber das erzähle ich dir später.« Er küsste sie auf die Stirn, drückte sie plötzlich an sich und verschloss ihren Mund mit seinen Lippen, bis sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Es gefiel ihm, dass sie hinterher die Augen nur mit Mühe öffnete. »Falls es zum Schlimmsten kommt«, sagte er besorgt, »unterwirf dich.«
»Nein! Himmel, verlange das nicht von mir!« Sie wollte sich von ihm befreien.
»Doch!« Er schüttelte sie. »Unterwirf dich, damit du am Leben bleibst. Du hast gegen solche Männer keine Chance, und das weißt du. Wenn du am Leben bleibst, werde ich dich finden. Schwöre es mir, Michaela. Ich würde dich eher selbst töten, als dich ihnen zu überlassen. Schwöre!«
»Ja, ich schwöre!«
Er raubte ihr noch einen Kuss, ehe er sie freigab. »Schließ hinter mir ab, Michaela«, verlangte er und zeigte auf den Schrank. »Deine Pistolen liegen da drinnen.«
Es kann nichts geschehen, dachte sie. Niemand wird wagen, ihn oder sein Schiff anzugreifen.
»Rein? Du hast ein Recht, deinen leiblichen Vater zu kennen. Ransom wird das verstehen.«
Aber würde Michaela verstehen, dass er seinen Vater nur suchte, um ihn zu töten?
Nickolas presste sich mit den Schultern unter einer Veranda gegen die Mauer. Regen und Dunkelheit verbargen ihn. Wasser tropfte durch einen Spalt im Dach der Veranda und fiel in seinen Nacken. Ich bin zu alt für so etwas, dachte er fröstelnd und beobachtete den spärlichen Verkehr im East End. Zerlumpte Kinder liefen von Hauseingang zu Hauseingang, suchten Schutz und stahlen Lebensmittel, während die Verkäufer die Stände schlossen.
Hoffentlich war das endlich die entscheidende Nacht. Nickolas war es leid, sich im übelsten Teil Londons zu verstecken, um den Verräter zu fassen. Hoffentlich brachten die falschen Informationen, die er hatte durchsickern lassen, den gewünschten Erfolg. Einige Mitglieder seines Agentennetzes waren bereits eingesperrt worden, bis alles gelöst war. Michaela hatte Glück, dass Rein sich um sie kümmerte und sie vor den Söhnen der Freiheit bewahrte, sonst würde sie jetzt bereits in einem Kellerloch stecken.
Es hatte Stunden gedauert, seine Vorgesetzten zu überzeugen, dass sie nicht die Verräterin war. Nicht einmal ihre hervorragende Arbeit in den letzten drei Jahren hatte allzu viel gezählt. Nun hatte er eine Woche Zeit bekommen, um den Verräter zu entlarven. Nickolas hatte das Gerücht ausgestreut, dass eine Ladung Musketen, die von den Amerikanern benötigt wurden, heute Nacht auf die Docks gebracht wurde. Damit es überzeugend wirkte, hatte Nickolas sogar ein Schiff zur Verfügung, auf das die leeren Kisten geschafft werden sollten. Der Kapitän versteckte sich ihm gegenüber auf der anderen Straßenseite.
Es war verdammt großzügig von Rein, ihm dieses Schiff zu leihen, auch wenn Montegomery seine eigenen Gründe dafür hatte. Nick unterbrach seine Gedanken und fasste eine hoch gewachsene Gestalt, die sich verdächtig von jeglicher Lichtquelle fern hielt, scharf ins Auge. Er löste sich von der Wand und blickte zu Reins Mann. Temple Matthews nickte. Auch er hatte den Mann entdeckt und folgte ihm. Rein hatte versichert, dass Captain Matthews
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