In der Gruft der Moenche
etwas passiert sein. Es kommen viel weniger Gäste.«
Adam und Kitty nickten. 15. Juni 1927, ein Eintrag. 16. Juni 1927, ein Eintrag. Dann erst wieder zwei Urlauber am 24. Juni. 1928 wurden die Besuche noch spärlicher. Oft kam ganze Wochen lang niemand.
» Ab 1928 war eigentlich nur noch der dritte Stock belegt, wo ich wohne«, bemerkte Kitty. Sie strich den Grundriss des dritten Stocks glatt und verglich die Zahlen mit den Eintragungen im Buch. » Zimmer 312, 310, 304, 306 und so weiter. Die liegen alle im Nordflügel, der jetzt verschlossen ist.«
Adam nickte nachdenklich. Was konnte das bedeuten?
Aber Victor winkte ab. » Interessiert uns nicht. Wir wollen wissen, wer 1929 hier war.«
Er blätterte gleich mehrere Seiten auf einmal um. Endlich war er im Jahr 1929 angelangt.
» Such gleich den 13. November«, flüsterte Adam. » Wer war an diesem Tag in unserem Zimmer?«
Victor nickte stumm. Er blätterte und blätterte. Anreisen im August, September, Oktober⦠Plötzlich stoppte er. » Das gibtâs doch nicht.« Die Doppelseite, die er als Letzte aufgeschlagen hatte, war leer. Kein November 1929. Auch die nächste und übernächste waren weià wie frischer Schnee. Zehn, zwanzig, dreiÃig Seiten lang kein einziger Eintrag. Dann stand ein einzelner, verlorener Name da.
» Adam, Beruf: Comiczeichner?« Victor sah Adam zweifelnd an. Adam wurde rot, das sah man auch im flackernden Kerzenschein. Kitty kicherte.
» Musst dich nicht schämen«, sagte sie. » Ich werde Schriftstellerin. Dann darfst du die Zeichnungen dazu machen.«
Victor rollte mit den Augen. » Am besten, ihr heiratet gleich heute!« Dann befasste er sich wieder mit dem Gästebuch. Er blätterte zurück und wieder nach vorne. Doch der entscheidende Monat war nicht da. Mit den Fingerspitzen fuhr er die Stelle ab, wo die Seiten zusammengeklebt waren. Aber nirgends war ein Blatt herausgerissen. Das Buch war unbeschädigt, kein Zweifel möglich. Im November 1929 war einfach niemand mehr da gewesen.
» Verdammt!«, fluchte er in sich hinein. » Alles umsonst!«
Eine unglaubliche Entdeckung
Victor lehnte an der Theke der Rezeption und klopfte sich immer wieder mit den Fingerknochen gegen die Stirn. » Verdammt, verdammt, verdammt!«, schimpfte er leise in sich hinein.
Adam dachte fieberhaft nach. Auch er war tief enttäuscht, dass sie zu keinem Ergebnis gekommen waren. Aber warum stoppten die Eintragungen urplötzlich im Oktober 1929? Eine Frage drängte sich wieder in sein Bewusstsein, die ihm schon beim Aussteigen aus dem Bus durch den Kopf gegangen war. Und die er auch Adrian Cuk gestellt, aber keine Antwort erhalten hatte. Sofort besserte sich seine Laune wieder.
» Ganz und gar nicht umsonst. Wir wissen nun, dass ab 1927 die glanzvolle Zeit des Nobelhotels vorbei war. Und im November 1929 hat sich hier eine Katastrophe zugetragen, die ganz zur SchlieÃung des Hotels International geführt hat. Das ist doch auch schon mal was, oder?«
Er sah die anderen beiden aufmunternd an. Kitty nickte mit weit aufgerissenen Augen. Auch sie fand es spannend. Victor aber knurrte nur wie ein satter Wachhund.
» Es gab einen Brand im Nordflügel, nehme ich an, dessen Spuren noch heute zu sehen sind. Vielleicht nach einem Blitzeinschlag.« Adam verkniff das Gesicht. » Wenn das Datum von Plan und Münze stimmt, dann muss es nach dem 13. November 1929 gewesen sein, denn da gab es nachweislich einen Gast in unserem Zimmer.«
Adam wollte noch weiterreden, aber lautes Gelächter aus dem Speisesaal hinderte ihn daran. Offenbar hatten die sechs Betreuer noch weitere Flaschen Wein geköpft und dachten gar nicht daran, in ihre Betten zu gehen. Das war sehr gut! Ihnen blieb also noch etwas Zeit für weitere Gedankenspiele.
» Hast du nicht zugehört?«, explodierte Victor mit gepresster Stimme. » Im November 1929 gab es keine Gäste mehr im Hotel. Es stand leer.«
Adam lieà die Schultern hängen. Das alles passte nicht zusammen. Die Münze war ein stummer Zeuge dafür, dass der Plan nicht vor 1929 in das Geheimfach gelangt sein konnte. Natürlich hätte ihn auch ein Gast im Jahr 1930, 1940 oder 1950 dort verstecken können. Aber da war das Hotel International aufgrund des Brandes längst geschlossen gewesen.
» Moment!«, mischte sich da Kitty ein. » Es stimmt nicht, dass das Hotel ganz leer war.
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