In der Hitze der Nacht
durchdringen schien – dieser Schmerz, der ihr ständiger Begleiter war, seit sie von Blakes Tod erfahren hatte. Was ihren Kummer noch verschärfte, sie verwirrte und empörte, war die Tatsache, dass Blake auch noch des Mordes und der Brandstiftung beschuldigt wurde.
Ein weiteres glühendes Wrackteil klatschte neben ihnen auf das Wasser, und Kenzie musste daran denken, dass es etwas war, das zu ihrem Bruder gehörte und das sie nie wiedersehen würde. Vielleicht war es aber auch ihr eigener Koffer oder ihr Laptop, der unter den gegebenen Umständen zwar kein großer Verlust war, aber die Drehbücher enthielt, die sie geschrieben hatte.
Wenigstens ein Gutes hätte es, wenn sie stürbe. Sie müsste sich keine Gedanken mehr darüber machen, dass sie ein Soapstar ohne Engagement war.
Welch verdammte Ironie des Schicksals. Sie hatte nie heimkommen können, als Blake noch lebte, weil sie zu beschäftigt gewesen war. Dann, nur wenige Tage nach seinem Tod, war ihre Serie abgesetzt worden. Jetzt konnte sie nach Santa Rey kommen, sooft sie wollte, doch Blake war nicht mehr da. Dies war seit Ewigkeiten ihr erster Besuch zu Hause, und sie war nur gekommen, um sich um seinen Nachlass zu kümmern, der jetzt im Wasser um sie herum verglühte.
„Halt durch“, sagte Aidan, den Blick auf irgendeinen für sie unsichtbaren Punkt gerichtet. Es war zu dunkel, um seine Augen deutlich sehen zu können, aber sie erinnerte sich, dass sie hellbraun waren mit grünen Sprenkeln.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schwamm dann weiter, weg von den Flammen, aber auch weg von dem bisschen Wärme, während Kenzie tat, was er verlangt hatte, und sich an ihm festhielt. Sie konnte gar nichts anderes tun. Genau wie früher.
Warum musste ausgerechnet er es sein, der Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte, der auf ihrem Stolz herumgetrampelt war und ihr dann den Rücken gekehrt hatte, ohne sich noch einmal umzublicken?
Bedauerte er Blakes Tod?
Glaubte er die Lügen?
Da dieser Gedanke und all die anderen, die er mit sich brachte, Kenzie aus ihrer tröstlichen Benommenheit zu reißen drohte, verdrängte sie sie rasch. Sie war seit sechs Jahren nicht mehr in Santa Rey gewesen, aber Blake hatte sie in L. A. am Set besucht, sooft er konnte. Außerdem waren sie per E-Mail und Telefon in Kontakt beblieben und hatten sich trotz der räumlichen Entfernung stets sehr nahegestanden. Er war alles an Familie, was sie gehabt hatte.
Nun war Blake nicht mehr da, war für immer fort aus ihrem Leben.
„Kenzie? Bist du noch bei mir?“
Aidans Gesicht wirkte hart vor Anspannung, sein Kinn rau, als hätte er seit Tagen keine Zeit gehabt, sich zu rasieren.
„Leider ja.“ Sie wünschte, sie wäre weit fort. Egal wo, Hauptsache, nicht hier bei ihm. Sie konnte die Bewegung seiner langen, kräftigen Beine an ihren spüren, was sie unvernünftigerweise ausgesprochen wütend machte. Sie wollte keine Hilfe, nicht von ihm. In einem Anfall von Trotz riss sie sich los, um ihm zu beweisen, dass sie ihn nicht brauchte, und ging unter wie ein Stein. Dabei war sie auch noch dumm genug, den Mund zu öffnen, und sog einen Schwall eisig kalten Salzwassers in ihre Lungen. Zum Glück wurde sie sofort wieder hinaufgezogen und an eine harte Brust gedrückt, während ein starker Arm sich um ihren Oberkörper legte und sie eisern festhielt – wie ein Feuerwehrmann das Opfer.
Nicht wie ein Exfreund seine Ex.
Sie musste wieder an früher denken und daran, dass er es gewesen war, der losgelassen hatte. Er wollte die Trennung wegen ihrer jeweiligen Berufe, so hatte er es begründet. Und auch, weil er ihre Beziehung nicht vor seinem Freund Blake verheimlichen wollte. Kenzie wusste, dass das nur eine Ausrede gewesen war. Er hatte sie verlassen, weil er geahnt hatte, dass sie sich in ihn verliebte. Er war für eine ernsthafte Beziehung noch nicht bereit gewesen.
Sie hatte ihn lange dafür gehasst, dass er sich keine Chance gegeben hatte, das Gleiche wie sie zu fühlen. Es hatte lange gedauert, aber irgendwann war ihre Wut verflogen. Sie hatte eingesehen, dass es richtig von ihm gewesen war, mit ihr Schluss zu machen, bevor sie noch mehr verletzt wurde. Das hatte ihren Schmerz damals allerdings nicht lindern können.
Vielleicht sollte sie sich glücklich schätzen, dass ihr Wiedersehen unter diesen Umständen stattfand – er bei seiner Arbeit und sie nur eins der vielen Opfer, die er rettete.
„Hör auf, dich zu wehren.“
Seine Stimme durchdrang den Lärm der Sirenen, das
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