In der Hitze der Nacht
sofort wieder vergaß, als hinter ihr die Blake’s Girl explodierte.
In dem gewaltigen Getöse registrierte sie kaum, dass sich zwei starke Arme um sie legten und sie hielten, während brennende Wrackteile durch die Luft flogen und neben ihr aufs Wasser aufschlugen.
Aidan. Mein Gott, Aidan . Dass er es war, brachte sie völlig durcheinander. Sie wollte ihn daran erinnern, dass sie schwimmen konnte, aber das eisige Wasser raubte ihr den Atem und beeinträchtigte ihre Fähigkeit zu denken.
Sie hatte so etwas noch nie erlebt. Noch nie war ihr so heiß und kalt zugleich gewesen. Die Flammen prasselten jetzt zwar hoch über ihnen, waren aber deshalb nicht minder Furcht einflößend. Gleichzeitig ergriff eine Eiseskälte von ihr Besitz, die sie lähmte, ihr die Brust zusammenpresste und die letzte kostbare Luft aus ihren überstrapazierten Lungen drückte.
Jemand schrie, und Kenzie beneidete ihn um die Fähigkeit, Luft schöpfen zu können, da ihre eigenen Lungen sich anfühlten, als wäre sie zwischen zwei Mühlsteine geraten.
Wieder hörte sie einen Schrei, und ihr wurde klar, dass sie es war, die voller Entsetzen um ihr Leben kämpfte und nach Luft schnappte.
Zwei kräftige Arme legten sich um sie und hielten ihren Kopf über Wasser, ein breiter Körper schirmte sie vor herumfliegenden Trümmern ab. Ohne die Hilfe des Feuerwehrmannes wäre sie untergegangen wie ein Stein.
„Ganz ruhig, Kenzie“, hörte sie ihn sagen. „Ich hab dich. Es wird alles gut.“
Sie war verletzt und fühlte sich elend, dennoch stürmten beim Klang seiner Stimme die Erinnerungen auf sie ein.
Wieso hatte sie ihn nicht sofort erkannt?
Er war schließlich der Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte.
Ohne den Helm konnte sie jetzt sein Gesicht besser sehen. Er wirkte nicht gerade, als würde er sich freuen, sie zu sehen. Wenn er nicht gerade dabei wäre, ihr das Leben zu retten, würde das durchaus auf Gegenseitigkeit beruhen. „Aidan.“ In seinen Augen spiegelte sich das Feuer auf der Blake’s Girl . Sie brannte mittlerweile lichterloh. „Mein Gott, wir wären beinah …“
„Ich weiß.“
Sein kurzes, dunkles Haar klebte an seinem Kopf, Wasser rann in kleinen Bächen über sein blasses Gesicht, und er blutete aus einer Platzwunde über einer Augenbraue. Trotz allem kam ihr der absurde Gedanke, wie unwahrscheinlich gut er aussah.
Aidan Donnelly, ihr erster richtiger Freund, ihre große Liebe. Sie konnte es kaum glauben und wusste nicht, was sie denken oder sagen sollte, daher drehte sie sich um und starrte auf das Inferno auf dem Boot. „Es explodierte einfach so, und ich …“
„Kenzie …“
„Ich saß einfach nur da und dachte an Blake, und plötzlich …“
„Kenzie“, unterbrach Aidan sie scharf. „Du musst mir jetzt zuhören. Kannst du das?“
Sie konnte inzwischen wieder atmen, aber zuhören? Ihr dröhnten immer noch die Ohren. Das Wasser war schrecklich kalt, und sie zitterte so heftig, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen.
„Halt dich an mir fest, Kenzie. Mehr brauchst du nicht zu tun. Halt dich einfach an mir fest.“
Halt dich einfach an mir fest.
Sie war in Santa Rey aufgewachsen und hatte sich früher einmal oft genug an Aidan festgehalten. Sich an ihm festgehalten, mit ihm gelacht, mit ihm geschlafen.
Aidan hatte damals gerade seine Ausbildung zum Feuerwehrmann abgeschlossen. Er war beliebt, hatte einen umwerfenden Körper und wusste auch, wie er ihn einsetzen musste. Er hatte sie völlig aus der Bahn geworfen.
Wie lange ist das nun schon her?, fragte sie sich. Sechs Jahre? Kenzie schüttelte sich. Sie konnte kaum noch denken und schon gar nicht rechnen.
Aidan schleppte sie in Richtung Kai, weg von dem Boot und der Gefahr, die von den herumfliegenden Trümmern ausging. Er versuchte den Feuerwehrmännern an Land etwas zuzurufen, doch sie glaubte nicht, dass sie ihn bei dem Lärm verstehen konnten.
Kenzie erinnerte sich plötzlich, dass sie schon einmal bei einem Brand dabei gewesen war. Allerdings war das nur eine Simulation am Set von Hope’s Passion , bevor die Serie abgesetzt worden war. Die Umstände waren natürlich völlig andere. Was sie gerade erlebte, war keine Fernsehshow mit einem Drehbuch im Hintergrund, sondern das wahre Leben. Sie hätte jetzt nichts lieber als ein Skript mit einem Happy End gehabt.
Wenigstens war sie noch am Leben.
Blake hatte nicht dieses Glück gehabt. Da war er wieder, der schon vertraute Schmerz, der selbst ihre von der Kälte starren Glieder mühelos zu
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