In der Hitze der Nacht
während seine Mutter ihre wilde Jugend noch einmal durchlebte.
Irgendwann war er wieder bei seinem Dad gelandet. Sie versuchten ein paar Jahre, einander wenigstens zu tolerieren. Als er fünfzehn war, heiratete sein Vater wieder und zeugte mit seiner neuen Ehefrau prompt drei Kinder hintereinander.
Aidan kam wieder zu seiner Mutter. Inzwischen hatte auch sie wieder geheiratet und war etwas ruhiger geworden. Nun hatte er fünf Halbbrüder und – schwestern und passte weder zu der einen noch zu der anderen Seite der Familie.
Nicht, dass er es so schwer gehabt hatte wie Blake und Kenzie. Er wusste, warum die Geschwister sich so nahegestanden hatten und weshalb Kenzie alles tun würde, um die Unschuld ihres Bruders zu beweisen.
Was er nicht wusste, war, wie er sie davon überzeugen sollte, dass es das Beste war, Tommy seine Arbeit tun zu lassen, oder ob er überhaupt das Recht hatte, so etwas von ihr zu verlangen.
Es war eine verdammte Zwickmühle, in der er saß.
Als er gegessen hatte, fühlte er sich wieder halbwegs menschlich. Er war immer noch todmüde, aber nach dem Gespräch mit Tommy fühlte er sich verpflichtet, Kenzie wenigstens zu warnen. Um der alten Zeiten willen.
Das sagte er sich jedenfalls.
Er nahm sein Handy und rief das Krankenhaus an, wo er allerdings erfuhr, dass Kenzie bereits entlassen worden war.
Und nun? Ein bisschen ratlos ließ er sich von Sheila das örtliche Telefonbuch geben. Wie sich herausstellte, war Kenzie in keinem der drei Hotels am Ort abgestiegen, und auch in den Motels und Pensionen war ihm kein Erfolg beschieden.
Da er keine Ahnung hatte, wie er sie aufspüren sollte, zahlte er und fuhr nach Hause, um sich hinzulegen und später nachzudenken. Als er sein Haus erreichte, sah er ein rotes Mercedes-Cabrio in der Einfahrt stehen. Auf seiner Veranda saß eine Frau.
Sie trug zwei Krankenhauskittel übereinander und ein Paar Gummistiefel, was ihn daran erinnerte, dass ihre Kleider bei dem unfreiwilligen Sprung ins Wasser zerrissen waren und jegliches Gepäck, das sie auf dem Boot gehabt hatte, in Flammen aufgegangen war.
Ihr normalerweise schon schwer zu bändigendes Haar umrahmte ihr Gesicht in einer wilden Mähne blonder Locken, die aber kaum die blauen Flecke auf ihrer Wange und ihrer Stirn verdecken konnte. Ihr linkes Handgelenk war geschient, und auch an ihrer anderen Hand und ihren beiden Armen waren Abschürfungen zu sehen – nichts allzu Schlimmes, aber doch genug, um sein Mitgefühl zu wecken. Ihre Beine sahen auch nicht sehr viel anders aus.
Sie so allein und angeschlagen zu sehen schnürte ihm die Kehle zu. Und als sie auch noch ihren Blick zu ihm erhob und ihre Augen sich mit Tränen füllten, da war es um seine Selbstbeherrschung geschehen.
Herrgott noch mal . Da hatte er geglaubt, ungeheuer tough zu sein, aber ein einziger Seufzer von diesen ungeschminkten Lippen, und schon bekam er weiche Knie!
Eine Plastiktüte lag neben ihr, wahrscheinlich mit ihren Kleidern. In ihrer unverletzten Hand hielt sie ein Fläschchen mit Tabletten.
„Ich habe noch keine genommen“, sagte sie. „Ich musste ja meinen Wagen am Hafen abholen und hierherfahren.“
„Kenzie …“
„Da lag ein Päckchen vor der Tür. Der Umschlag war zerrissen, deshalb habe ich hineingeschaut.“ Sie zeigte auf einen Stapel Feuerwehrkalender, auf deren Titelblatt er mit nacktem Oberkörper abgebildet war.
„Hübsch“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns.
Aidan unterdrückte einen Seufzer. „Es ist für wohltätige Zwecke.“
„Zu denen du eine Menge beiträgst.“ Sie wackelte mit ihren Augenbrauen, zuckte dabei aber zusammen. „Ich kann nicht in Blakes Haus wohnen, sie haben es versiegelt. Und die Hotels sind alle ausgebucht. Wusstest du, dass hier eine Konferenz der Hundetrainer stattfindet? Was machen fünfhundert Hundetrainer in Santa Rey?“
„An den Stränden hier sind Hunde nicht verboten.“
„Oh. Also lassen wir Hunde an unsere Strände, aber mich nicht in ein Hotel. Macht irgendwie Sinn, wenn man darüber nachdenkt.“
„Wieso?“ Aidan hatte keine Ahnung, inwiefern das Sinn ergeben sollte.
„Weil mein Karma miserabel ist.“
„Ach, komm.“ Vorsichtig zog er sie auf die Beine und hob die Tüte auf. Er würde ihr Tommys Warnung ausrichten und mehr nicht, sagte er sich, während er sie ins Haus führte. Dann merkte er, dass sie zitterte. Im Wohnzimmer ging sie direkt zu seiner Couch und ließ sich mit einem dankbaren kleinen Seufzer darauf nieder.
„Ich
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