In der Hitze der Nacht
glaube, es ist in Urlaub.“
„Was?“
„Mein Karma“, sagte sie mit einem irritierten Blick auf ihn. Dann legte sie vorsichtig den Kopf zurück und schloss die Augen.
„Hey.“ Aidan hockte sich vor sie hin und legte ihr die Hände auf die Knie. „Bist du okay?“
Sie gab einen Laut von sich, der halb wie ein Lachen, halb wie ein Schluchzen klang.
„Es waren anstrengende vierundzwanzig Stunden“, sagte er.
Wieder nickte sie. So langsam und vorsichtig, dass sie sich verriet. Sie war alles andere als okay, deshalb holte er ihr ein Glas Wasser und gab ihr eine der Tabletten.
„Es geht schon.“
„Das glaube ich nicht. Du siehst erbärmlich aus.“
„Danke für die Blumen.“
Seufzend hockte er sich wieder neben sie. „Hör mal, du hast viel durchgemacht. Ich weiß, dass du allein und …“
„Wenn du ‚hilflos‘ sagst, kriegst du meine gesunde Hand zu spüren.“
Aidan lächelte im Stillen und dachte, dass sie einmal das Bemerkenswerteste in seinem Leben gewesen war.
Das absolut Erstaunlichste.
Bevor er sie kennengelernt hatte, gab es in seinem Leben keine Wärme, Liebe oder Loyalität. Mit ihr hatte sich all das geändert. Sie hatte Licht ins Dunkel gebracht – bis er sie weggeschickt hatte. „Nicht hilflos“, erwiderte er mit belegter Stimme. „Hilflos warst du nie.“
„Okay“, sagte sie und schlang fröstelnd ihre Arme um sich.
Stirnrunzelnd ging Aidan zum Kamin hinüber. Für einen Spätsommerabend war es kühl, und sie stand wahrscheinlich noch unter Schock. Er schichtete ein wenig Brennholz auf und hielt ein Streichholz daran, bis das Holz mit einem leisen Zischen Feuer fing.
Mit einem erschrockenen Aufschrei fuhr Kenzie vor den Flammen zurück und schlug die Hände vors Gesicht.
Aidan verwünschte sich für seine Gedankenlosigkeit und trat schnell zu ihr.
„Schon gut.“ Kenzie vermied es, das Feuer anzusehen, als sie ihre Hände wieder sinken ließ. „Es war nur das Geräusch. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.“
„Es war dumm von mir, das Feuer anzuzünden. Ich lasse es ausgehen und schalte die Elektroheizung an, okay?“
Wieder legte sie sehr vorsichtig den Kopf zurück. „Danke.“
„Kenzie …“
„Könnten wir nicht einfach schweigen? Mir platzt der Kopf, Aidan.“
„Dann nimm die Tablette.“
„Na ja, vielleicht würde es mir ganz guttun, mich ein bisschen zu benebeln. Weißt du eigentlich, dass sie mich in L. A. gar nicht Kenzie nennen?“
„Und auch nicht in den Klatschblättern.“
„Die liest du?“, fragte sie mit erhobener Augenbraue.
„Sie sind schwer zu übersehen im Supermarkt. Sie liegen gleich neben den Schokoriegeln.“
Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht.
„Du bist mit diesem Unterwäschemodel ausgegangen, das nackt in Werbespots herumtanzt. Chad, glaube ich.“
„Chase. Und er ist nicht nackt, sondern trägt die Unterwäsche, für die er Werbung macht. Was nicht viel weniger ist als das, was du auf diesem Kalenderfoto anhast.“
„Letztes Jahr warst du mit einem europäischen Prinzen zusammen.“
„Das war nur Publicity.“
Aidan war sich nicht sicher, ob er ihr glaubte, aber natürlich interessierte es ihn. „Nimm die Tablette“, sagte er und beobachtete, wie sie sie mit dem Wasser hinunterspülte, das er ihr gebracht hatte.
„Ich habe ein Problem“, erklärte sie und leckte einen Tropfen Wasser von ihrer Unterlippe.
Aidan musste sich zwingen, ihr in die Augen zu schauen.
„Selbst wenn keine Hundetrainer hier wären, könnte ich mir kein Zimmer nehmen. Ich habe kein Geld. Mein Portemonnaie ist entweder verbrannt oder liegt auf dem Grund des Ozeans.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Im Krankenhaus haben sie mir einen Taxigutschein gegeben, damit ich meinen Wagen holen konnte. Ich säße richtig in der Patsche, wenn meine Schlüssel nicht in meiner Hosentasche gewesen wären. Da ich zum Glück auch mein Handy im Wagen gelassen hatte, konnte ich meinen Finanzberater anrufen und mir Geld herschicken lassen. Deine Adresse war die einzige, die mir einfiel, und ich kann nirgendwo anders hin, bis das Geld ankommt. Und jetzt kann ich nicht mal mehr Auto fahren.“ Sie schüttelte das Pillenfläschchen. „Das soll man nicht mit Schmerzmitteln.“
Ihre Blicke trafen sich, als ihnen die Bedeutung ihres kleinen Vortrags ins Bewusstsein drang.
„Ich vertraue dir anscheinend immer noch“, flüsterte sie. „Oder zumindest doch ein bisschen.“
Aidan empfand fast so etwas wie Scham bei ihren Worten.
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