In der Hitze der Nacht
daran, dass gegen Ende jenes Sommers ein gut gekleidetes Paar in den Angelshop kam, um mit meiner Mutter zu sprechen. Er glaubt, dass es vielleicht Marcs Eltern waren. Er weiß nicht, was sie ihr gesagt haben, aber sie hat kurz darauf mit Marc Schluss gemacht. Obwohl sie da schon gewusst haben muss, dass sie mit mir schwanger war .« Sie beschrieb mit dem Finger einen Kreis um einen der getrockneten Blutflecke. »Meine Großeltern haben sie für eine Weile zu ihren Verwandten nach Mobile geschickt, wo ich auf die Welt kam. Sie kehrte erst zum Atchafalaya zurück, als ich ein paar Monate alt war .«
Er ließ das einen Augenblick schweigend auf sich wirken, dann fragte er: »Steht Marcs Name auf deiner Geburtsurkunde ?«
Sie nickte. »Sie hat es vor allen geheim gehalten, aber ich glaube, sie wollte, dass ich es weiß. Es ist schwer zu sagen – Papa meinte, sie habe es ihm nie erzählt. Er hat meine Geburtsurkunde erst gefunden, als sie schon tot war. Sie hatte sie und ein paar Briefe von Marc aus dem Feuer gerettet .«
»Feuer? Was für ein Feuer ?«
»Ein paar Wochen, nachdem meine Mutter zum Atchafalaya zurückgekehrt war, hat jemand den alten Anglershop angesteckt. Remy – mein Papa – konnte mich und meine Mutter retten, aber meine Großeltern sind in dem Feuer umgekommen. Remy erlitt so schwere Verbrennungen, dass man dachte, er würde es auch nicht überleben. Bud Gantry wurde verhaftet, und Remy und meine Mutter haben geheiratet und zogen zu seiner Familie weit draußen im Sumpf .«
»Bud Gantry ?«
»Caine Gantrys Vater – er hat den Brand gelegt .« Sie warf einen Blick zurück auf die Straße, die zu Gantrys Geschäft führte. »Bud beharrte immer darauf, dass es seine eigene Idee war, aber die Leute hier waren ziemlich sicher, dass ihn jemand dafür bezahlt hat – in der Woche davor hatte er plötzlich Geld und prahlte damit, dass er noch mehr bekommen würde. Er starb am zweiten Tag in Haft, ehe irgendjemand herausfinden konnte, wer ihn angeheuert hatte .«
Ein Knall war zu hören, dann ein Heulen, und etwas traf klirrend auf Metall. Sable hatte kaum Zeit, die unterschiedlichen Geräusche zu verorten, als J.D. sie an der Schulter packte und nach vorne stieß. »Runter !«
Ein zweites heftiges Krachen ertönte, schlug ein Loch in die Windschutzscheibe, Glas explodierte über ihrem Kopf und scharfkantige Bruchstücke prasselten auf sie herab.
Schüsse?
»Bleib unten .«
J.D. rammte den Gang rein und bog wieder auf die Straße, dann machte er einen Schlenker und fluchte heftig, als das Fahrerfenster zerschmettert wurde. Sable sah, wie er seinen Fuß auf das Gaspedal stemmte, klammerte sich am Sitz fest und versuchte sich zusammenzureißen, als der Wagen wild schlingerte.
»J.D .!«
Er hatte seine Waffe in der Hand und feuerte zwei Mal durch das zertrümmerte Fenster. Das Knallen der Schüsse, die er abgab, und der Geruch des Schießpulvers ließen sie das Gesicht im Sitz vergraben und sich die Ohren zuhalten.
Es gab zwei verschiedene, laute Detonationen unter dem Auto, und der vordere Teil des Wagens sank ohne Vorwarnung auf den Boden.
»Halt dich fest !« J.D. stieg in die Eisen, während das Auto seitwärtsrutschte. Sable flog aus dem Sitz und gegen die Deckenverkleidung, als der Wagen von der Straße herunterschlitterte und mit voller Wucht durch das Unterholz geschleudert wurde.
Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, als schwebten sie durch die Luft, dann gab es ein gewaltiges Krachen. Sable spürte für den Bruchteil einer Sekunde J.D.s Hände auf sich, ehe dunkles, kaltes Wasser durch das Loch in der Windschutzscheibe hereinströmte und in den Innenraum flutete.
»Halte dich an mir fest .« Er hatte einen Arm um sie geschlungen, während er sich umdrehte und mit dem Fuß und dem anderen Arm die Fahrertür aufzustemmen versuchte. Dann stürzten noch mehr Wasser und ein Gewirr aus Seegras herein, während das Auto rasch zu sinken begann. Der unverfälschte Geruch nach floutant herrschte vor. J.D. musterte ihr Gesicht, dann zog er sie dichter zu sich heran. »Halte dich an meinen Schultern fest und hole tief Luft .«
Sable hielt sich fest, während er sie aus dem Auto und unter Wasser zerrte. Der Druck machte sie benommen und schmerzte in den Ohren. Er stieß sich vom Wagen ab und zog sie mit sich. Sie schwamm mit ihm mit und strampelte mit den Beinen, um von dem untergehenden Wrack wegzukommen. Als ihr schon alles vor den Augen zu verschwimmen schien und sie glaubte, ihr würde
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