In der Hitze der Nacht
es damit schnell vorbei sein.«
»Irgendwann glaube ich nicht mehr, daß du hetero bist«, sagte Mar.
»Und was dann?« Gerlinde grinste sie an.
»Dann wirst du die Horizontale aus einer anderen Perspektive kennenlernen.« Mar grinste auch.
»Ich werde das mit Volker besprechen«, erwiderte Gerlinde vergnügt. »Mal sehen, was er dazu sagt.«
»Solange er nicht mitmachen will . . .«, scherzte Mar. Sie war froh, eine so gute Freundin wie Gerlinde zu haben, auf die sie sich immer verlassen konnte.
Auf sie und auf Volker, der auch ein guter Freund war. Sie hatte die beiden gemeinsam kennengelernt und sich gleich gut mit ihnen verstanden. Ein Vorzeigeehepaar.
Obwohl sie selten darüber nachdachte, eine feste Beziehung einzugehen, erinnerten sie Gerlinde und Volker doch immer wieder daran, wie schön so etwas sein konnte. Sie waren bereits ihr halbes Leben verheiratet und liebten sich immer noch.
Wünsche ich mir das wirklich? dachte Mar. So ein festes Zuhause mit festen Regeln, mit einer Frau, die auf mich wartet, wenn ich heimkomme? Sie mußte innerlich lachen. Was ist, wenn ich warten muß, bis sie heimkommt?
Obwohl das recht unwahrscheinlich war bei Mars Arbeitszeiten, die die Nacht und auch die Wochenenden oft mit einbezogen. Als selbständige Anwältin gab es keinen Feierabend, wenn ein Fall zur Verhandlung anstand.
»Worüber sinnierst du?« Gerlinde blickte sie fragend an.
»Ach, nur so.« Mar lächelte. »Ich habe euch mal wieder beneidet, dich und Volker. Ihr wißt, zu wem ihr gehört und wer euch erwartet, wenn ihr nach Hause kommt.«
»Hättest du das gern?« fragte Gerlinde.
»Darüber eben habe ich nachgedacht.« Mar runzelte leicht die Stirn. »Ich glaube nicht. Das wäre mir zu eng. Immer wenn ich das hatte, hat es ja auch nicht funktioniert.«
»Du kannst eine Affäre nicht mit einer Ehe vergleichen«, sagte Gerlinde. »Da zählen andere Dinge als nur die Horizontale.« Sie grinste wieder.
»Ich weiß.« Mar schmunzelte. »Vielleicht reizt es mich deshalb nicht.«
»Und da wunderst du dich, daß diese Frau – wie heißt sie eigentlich?«
Mar lachte. »Tina. Der abgeschnittene Teil meines Namens.«
»Na, wenn das nicht etwas zu bedeuten hat . . .« Gerlinde wiegte den Kopf. »Also da wunderst du dich, daß Tina nichts mehr von dir wissen will?«
Mar fühlte sich, als hätte Gerlinde sie gerade aus den Wolken geholt. Fast hatte sie Tina vergessen gehabt. »Nein, ich wundere mich nicht, du hast recht«, sagte sie und stand auf. »Aber jetzt muß ich noch ein bißchen arbeiten.«
»Jetzt noch?« Gerlinde schaute auf die Uhr.
»Immer.« Mar schmunzelte. »Und außerdem muß ich aus deiner Reichweite, damit du mich nicht noch einmal kneifst. Ich sehe schon wieder dieses Funkeln in deinen Augen . . .«
5
» S ie sind immer noch hier, Frau Bauer?«
Tina erstarrte und wappnete sich. Sie war sich zwar keiner Schuld bewußt, aber die Stimme ihrer Chefin verhieß nichts Gutes. »Ja«, antwortete sie, ohne sich umzusehen. Dennoch fühlte sie, daß ihre Chefin hinter ihr stand. »Sollte ich die halbe Stunde von heute mittag nicht nacharbeiten?«
»Natürlich.« Ihre Chefin schien das ganz selbstverständlich zu finden, obwohl Tinas Überstunden sehr wohl eine Reduzierung hätten vertragen können. »Aber das ist jetzt weit mehr als eine halbe Stunde.«
Daß sie das überhaupt bemerkte . . . Tina seufzte innerlich. Wahrscheinlich war das nun auch wieder falsch, und die Standpauke würde auf dem Fuße folgen. »Ich gehe gleich«, sagte sie. »Ich wollte nur noch diese eine Kundenanfrage fertig bearbeiten.«
»Das können Sie doch auch morgen tun.«
Tina runzelte überrascht die Stirn. War das wirklich ihre Chefin, die da sprach? Sie drehte sich um. »Morgen?«
»Morgen ist auch noch ein Tag«, erwiderte ihre Chefin, und das, was da in ihren Mundwinkeln zuckte, sollte wohl ein Lächeln sein.
Tina hatte sie noch nie lächeln sehen, deshalb kam es ihr äußerst merkwürdig vor. Und warum lächelte sie gerade jetzt? Hatte sie sich wieder eine neue Boshaftigkeit für Tina ausgedacht? »Ich . . . ich . . . es wären nur noch fünf Minuten«, stammelte sie etwas verwirrt.
»Ich muß abschließen«, entgegnete ihre Chefin. Sie wollte die fünf Minuten anscheinend nicht warten.
»Ja . . . okay . . . dann . . . mache ich meinen PC aus.« Tina spürte, daß ihre Nerven heute mehr als strapaziert worden waren. Ihre Hand zitterte leicht, als sie die Maus bewegen
Weitere Kostenlose Bücher