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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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an.
    »Daß ich niemals richtig zur Schule gegangen bin, heißt noch lange nicht, daß ich solche Wörter nicht kenne«, bemerkte Tina leicht amüsiert. »Ich bin ja nicht wirklich auf den Bäumen aufgewachsen. Meine Mutter hat mich unterrichtet, und viele, viele andere auch. Es waren sehr intelligente und gebildete Leute dabei. Wenn auch alle etwas verrückt.«
    »Liane, das Mädchen aus dem Urwald«, neckte Mar sie belustigt. »Es gibt einen alten Film, der so heißt.«
    »Ich weiß.« Tina seufzte. »Der ist ja wirklich uralt, und ich habe ihn noch nie gesehen, aber ich habe den Titel schon oft gehört. Viele Leute fühlen sich dazu berufen, mich Liane zu taufen.«
    »Ist ja auch ein schöner Name«, sagte Mar. Sie betrachtete Tina nachdenklich. »Aber Tina ist noch schöner.« Ihre Stimme klang auf einmal sehr weich. Tina reagierte nicht darauf, und Mar räusperte sich. »Willst du das Erbe denn nun annehmen?« fragte sie schnell und um einen sachlichen Tonfall bemüht.
    »Kann ich das denn überhaupt noch?« fragte Tina. »Es ist ja schon eine Weile her, daß mein . . . Großvater gestorben ist.«
    »Das hat keine Bedeutung.« Mar winkte ab. »Du kannst das Erbe immer noch annehmen. Wenn es noch da ist.«
    Tina hob die Augenbrauen. »Das wußte ich nicht. Ich dachte, so etwas verfällt nach einer gewissen Zeit.«
    »Tut es auch. Aber erst nach dreißig Jahren.« Mar beugte sich vor und sah Tina ernst an. »Und wenn ich dir etwas raten darf: Erkundige dich, wieviel es ist und nimm es an. Es kann dir in deiner jetzigen Situation nur helfen.«
    »Damit du diese Stunde Kaffeetrinken dann doch noch auf die Rechnung setzen kannst.« Tina schmunzelte.
    »Ja, genau.« Mar lachte. »Das war ja jetzt eine juristische Beratung.«
    Tina lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Vielleicht wäre es wirklich das beste«, überlegte sie. »Aber ich kenne niemand von meiner Familie, und wenn ich mir vorstelle, daß sie mir nicht gerade positiv gegenüberstehen . . .«
    »Du kannst es natürlich machen wie deine Mutter«, sagte Mar. »Du regelst das alles telefonisch und schriftlich. Ich kann das auch für dich tun, falls es dir zuviel ist.«
    Tina blieb eine Weile stumm. »Das ist ein verlockendes Angebot«, sagte sie dann. »Ich muß mich um nichts kümmern und bekomme einfach nur das Geld.«
    »Richtig.« Mar betrachtete sie aufmerksam.
    »Ich . . .« Tina schaute an Mar vorbei, als suchte sie eine Lösung in der Weite des Himmels, den sie nicht einmal sah. »Ich weiß nicht . . .« Sie seufzte und atmete tief durch. »Das ist alles so schwierig. All diese Paragraphen und juristischen Begriffe . . . das ist, als ob einem permanent jemand mit einem Hammer auf den Kopf schlagen würde.«
    Mar lachte. »Tut mir leid.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich empfinde es gar nicht so, es ist mein Beruf, mein Alltag. Aber wenn du es so empfindest, kann ich die Abwicklung wirklich gern für dich übernehmen.«
    Tina wirkte unentschlossen. »Es ist . . . meine Familie. Die einzige, die ich habe.«
    »Ja, die kann man sich leider nicht aussuchen«, sagte Mar. »Man kann sich seine Freunde aussuchen und eventuell sogar seine Feinde, aber –«
    »Ach, wen sehen meine entzündeten Äuglein denn da?«
    Mars Kopf fuhr beim Klang der Stimme herum. Tina blickte nur vage interessiert auf.
    »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mich setze, oder?« Nina zog sich einen Stuhl vom nächsten Tisch heran und ließ sich anstandslos neben Mar nieder.
    »Eigentlich . . .«, Mar warf einen schnellen Blick auf Tina, »habe ich eine berufliche Besprechung.«
    »Du arbeitest jetzt im Café?« Ninas Blick streifte Tina nur kurz, dann kehrte er zu Mar zurück.
    »Wir hatten Lust auf einen Kaffee«, erklärte Mar steif.
    »Ist deine Sekretärin nicht da?« Ninas Hand fuhr wie selbstverständlich über Mars Arm.
    »Doch, aber . . . wir brauchten frische Luft.« Mar zog sich so weit wie möglich von Nina zurück.
    Nina ließ sich davon nicht stören. Ihre Hand glitt in Mars Nacken und begann ihn zu kraulen.
    Mar drehte sich weg und rückte ihren Stuhl ab. »Ich sitze hier mit einer Mandantin, Nina«, sagte sie mit ärgerlich unterdrückter Stimme. »Würdest du uns bitte alleinlassen?«
    »Ich wollte nur kurz einen Kaffee trinken«, erwiderte Nina und schaute sich nach der Kellnerin um. »So eine kleine Unterbrechung kann doch nicht schaden, oder?« Sie sah Tina erneut an, diesmal etwas länger. »Das macht den Kopf

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