Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
Vom Netzwerk:
nach Hause gegangen und Baumer hoffte, ihn dort anzutreffen.
    Die Entscheidung diesen 80-Jährigen zu vernehmen, lag in seiner Vollmacht. Der Kommissar konnte frei entscheiden, wo er mit seinen Untersuchungen beginnen wollte. Dass er hingegen die Abklärungen zu der Familie des toten Mädchens an einen Zürcher Boulevardjournalisten abgegeben hatte, entsprach in keiner Weise irgendeinem legalen Prozedere. »Vielleicht war ich ein wenig voreilig«, machte er sich kurz Gedanken, aber verwarf diese sogleich wieder. Er vertraute Rolf Danner mehr als den meisten seiner Kollegen, mit Ausnahme von Heinzmann natürlich, und vielleicht noch dessen Kollegen Meier, ohne ihn gut zu kennen, doch er war mit Stefan Heinzmann auf Patrouille. Da war er sicherlich professionell unterrichtet worden. Mit einem anderen Vorgesetzten hätte er sich sonst vielleicht zu einem richtigen Bullen entwickelt und wäre an seiner Macht verdorben.
    Hätte er aber erst mal Blut geleckt, würde er immer noch mehr Macht wollen – und noch mehr. Am Ende wäre er geschmückt mit Beförderungen und tausend Titeln und doch nur ein kleiner Wicht. Aber Meier würde gut geeicht werden, nicht so wie ein paar andere bei der Polizei. Im Basler Polizeikader gab es – trotz hochstehender psychologischer Ausbildung – alle Jahre immer wieder mal einen ganz schlimmen Finger. Beat Rötheli entwickelte sich immer mehr in diese Richtung. Der Chef der Zivilen war ständig auf der Kippe abzugleiten. Jede Situation nützte er schamlos aus, um noch mehr Einfluss und Macht zu bekommen. Er tat dies mit einer gewissen Intelligenz, durchaus, aber gegen alle Moral.
    Hätte Baumer anstatt mit Danner etwa mit Rötheli zusammenarbeiten sollen? Niemals! Mit diesem Intriganten wollte er so wenig wie möglich zu tun haben. Der Blick-Journalist hingegen stand außerhalb der Hierarchie, und so gab es keine Probleme. Sowieso ging es ihnen beiden immer nur um die Sache. Sie würden ganz unproblematisch zusammenarbeiten. Jeder bekäme das, was er wollte. Andi Baumer erhielte Informationen, um den Fall zu klären. Rolf Danner bekäme Informationen aus erster Hand, um die Story im Blick groß herauszubringen. Vielleicht war das sogar besser, als wenn der Boulevardjournalist allein recherchiert hätte. Denn mit seiner Hilfe basierten die Geschichten im Blick immerhin auf Fakten.
    Beat Rötheli hingegen würde mit so einem wie Danner nur sprechen, wenn der Zivile selbst nicht weiterkäme. In diesem Fall würde er dem Journalisten befehlen, irgendwelche Phantombilder zu veröffentlichen. So geschehen bei dieser Vergewaltigung, die Meier erwähnt hatte. Als die kruden Bilder – gesucht wurde ein Dutzendgesicht – keinen Fahndungserfolg erbracht hatten, beschuldigte Rötheli den Reporter, die Bilder seien zu klein und zu weit hinten platziert gewesen. Rötheli hatte Danner sogar gedroht, ihn wegen Behinderung einer Amtshandlung anzuzeigen.
    Andi Baumer kam Galle hoch. Diesen Rötheli hatte er in der Nase wie ein französischer Poilu den Leichengestank nach drei Monaten Schlacht an der Somme.
    Sein Telefon klingelte. Es schien tatsächlich penetranter als sonst zu läuten. Zögerlich schaute der Kommissar aufs Display. Er hatte so eine Vorahnung.

    Rötheli!

    Er sah den 1 Meter 70 großen Zivilpolizisten vor sich. 34 Jahre alt, eher schlank, spitzes Kinn in kantigem Gesicht, den Mund zumeist zynisch verzogen, wenn er seine gebleichten Zähne nicht gerade dem Gegenüber in die Visage drückte.
    Der Kommissar nahm das Gespräch an. »Was willst du?«, blaffte er sofort los.
    »He«, murrte Rötheli zurück. »Schrei mich nicht an!«
    »Ich schrei dich an, wann ich will«, kochte Baumer hoch, und sogar beim Gehen zuckte sein Fuß, als wolle er einem aggressiven Köter einen Tritt geben.
    »Willst du hören, was ich zu sagen habe?«
    »Nein, will ich nicht«, plärrte Baumer, wohlwissend, dass der Chef der Zivilen ihn nicht für einen kleinen gemütlichen Schwatz angeläutet hatte. Rötheli meldete sich nur, wenn es das »Protokoll« notwendig machte, kurzum, wenn er irgendeine Information bei ihm deponieren wollte, um seinen eigenen Arsch abzusichern; oder wenn er irgendeinen Erfolg vorzuweisen hatte, egal welchen. Dann musste er ihm die freudigen Nachrichten unter die Nase reiben. Nur dann war Baumer einen Anruf wert. Auf ein solches Gespräch konnte der Kommissar locker verzichten.
    Rötheli ignorierte die Abweisung von Baumer und legte los. »Wir haben einen Typen geschnappt. Der war’s.

Weitere Kostenlose Bücher