In der Hitze jener Nacht
schließen, und schon würde er sie vor sich sehen. Er würde ihre Stimme hören und sich an ihren sexy Hüftschwung erinnern. Er würde sich vorstellen, wie ihr seidiges Haar in dem Sonnenlicht glänzte, das durch die Fenster fiel.
Während er unruhig im Stuhl hin und herrutschte, sagte Justice: „Falls es dir nichts ausmacht, ich habe noch etwas Papierkram zu erledigen. Ich glaube, ich lasse die Übungen deshalb heute ausfallen.“
Sie lächelte ihn an wie einen Jungen, der seiner Mutter gerade eine Ausrede auftischte, damit er nicht zur Schule gehen musste. „Das sehe ich anders. Aber wenn du willst, können wir das Programm etwas ändern. Statt Laufbandübungen können wir einfach ein bisschen auf der Ranch spazieren gehen.“
Das klingt gar nicht so schlecht, dachte er. Denn er hasste das Laufband. Wer lief schon gern auf einem Förderband ins Nichts? Außerdem würde sie ihn danach zwingen, sich wieder an die Wand zu lehnen und alberne Übungen zu machen. Dabei fühlte Justice sich jedes Mal wie eine Laborratte, die durch einen Versuchskäfig gescheucht wurde – ohne jemals irgendwo anzukommen. Der Gedanke, ins Freie zu kommen, war hingegen eine Wohltat. Nach draußen. Wo frische Luft war, wo der Duft ihres Parfums verfliegen würde und er endlich wieder tief einatmen konnte. „Gut.“
Mühsam stand er von dem schweren Ledersessel auf. Als Justice um den Schreibtisch herumging, hielt Maggie ihm schon den Gehstock entgegen. Er griff danach, und dabei streifte er ihre Hand mit den Fingern. Diese kleine Berührung reichte aus, um sein Verlangen aufflammen zu lassen. Doch Justice biss die Zähne zusammen, trat zurück und machte sich auf den Weg zur Tür.
„Du gehst schon viel besser“, sagte sie.
Ihre Bemerkung verunsicherte ihn. Es gab Zeiten, da hatte Maggie ihm aus ganz anderen Gründen hinterhergestarrt. „Ja“, erwiderte er seufzend. „Es tut immer noch ein bisschen weh, aber wahrscheinlich hast du recht.“
„Wow. Das klingt ja fast wie ein Kompliment an meine therapeutischen Fähigkeiten!“
Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. „Vielleicht geht es mir ja schon wieder gut, und ich brauche die Therapie gar nicht mehr.“
„Oh, netter Versuch“, entgegnete sie und ging an ihm vorbei.
Unwillkürlich begutachtete er ihren sexy Po – und das tat er sicher nicht aus therapeutischen Gründen. Dann fiel Justice auf, dass sie ihren Sohn gar nicht mitgebracht hatte. „Hm, müsstest du nicht eigentlich ein Auge auf …“
„Jonas haben?“, beendete sie seinen Satz.
„Ja.“
„Mrs. Carey passt auf ihn auf. Sie kümmert sich so gern um ihn“, antwortete Maggie und ging quer durch die Halle auf die Eingangstür zu. Das dumpfe Klackern ihrer Stiefel klang für Justice wie ein Herzschlag, der immer schneller wurde. „Es ist ihr beinah unheimlich, wie sehr er sie an dich erinnert.“
Justice verzog das Gesicht und presste die Lippen aufeinander. Täglich ließ Maggie mindestens ein oder zwei dieser spitzen Bemerkungen fallen. Sie versuchte ständig, ihm einzureden, was es nicht gab. Nämlich die Verwandtschaft zwischen ihm und dem Jungen.
Ich sollte es ihr sagen, dachte er und griff nach dem grauen Hut, der an der Garderobe neben der Tür hing. Ich sollte ihr erklären, dass ich zeugungsunfähig bin. Dann könnte sie endlich mit dem Theater aufhören, und er müsste sich nicht mehr damit befassen.
Doch in dem Fall würde Maggie die ganze Wahrheit erfahren. Sie würde erkennen, dass er gelogen und es deshalb hatte zulassen müssen, als sie gegangen war. Sie würde erfahren, dass er sich nur wie ein halber Mann fühlte, weil er ihr ihren größten Wunsch nicht erfüllen konnte. Sobald er ihr alles beichtete, würde sie verdammtes Mitleid mit ihm haben – diese Vorstellung hielt Justice einfach nicht aus. Darum hielt er es für besser, sie hielt ihn weiter für einen Mistkerl.
Als sie die schleppenden Schritte ihres Mannes hinter sich hörte, blieb sie auf der Veranda stehen und wartete. Maggie nutzte den Moment, um den Ausblick zu genießen. Sie hatte die Ranch fast so sehr vermisst wie ihren Mann. Der große Hof war sauber und gepflegt, bunte Blumenbeete leuchteten in der Sonne. In weiter Ferne muhte irgendwo ein Rind. Es klang fast wie Musik in ihren Ohren.
Einen Augenblick lang vergaß sie all ihre Sorgen. Sie atmete die frische Luft ein und betrachtete lächelnd einen Labrador und einen Mischling, die ungestüm miteinander balgten. Dann hörte sie, wie Justice hinter ihr auf
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