In der Kälte der Nacht
sagte er. »Ich habe ihm nicht einmal ein unfreundliches Wort gesagt, all die Jahre nicht.« Salsbury und Klinger schwiegen.
»Ich habe seinen Tod nicht gewollt.« Dawson fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Also gut. Ich bin einverstanden mit der Sache in Liechtenstein. Grünes Licht für die Söldner. Ich kümmere mich drum.«
»Wann können die Männer hier sein?« fragte Salsbury. »Ich muß mit Vorsicht zu Werke gehen«, sagte Dawson. »Drei Monate. Vielleicht vier.« Salsbury nickte, dann fuhr er mit dem Ausrichten der Seziergeräte auf dem Tuch fort.
6. Kapitel
Montag, der 22. August 1977
Es war neun, als Jenny, mit dem Vogelkäfig in der Hand, vor dem Zelt auftauchte. Mark empfing sie mit einem Lachen. »Wozu bringst du das denn?«
»Ein Gast bringt immer eine Kleinigkeit mit«, lächelte sie. Er küßte sie in den Nacken. Sie gab seinem Sohn den Käfig. »Für dein Eichhörnchen. Du willst es doch nach Black River mitbringen.«
»Im Käfig?« fragte Mark. »Du darfst es nicht frei im Wagen herumspringen lassen, das wäre gefährlich.«
»Das Eichhörnchen läßt sich sicher nicht gern einsperren.«
»Es wird sich dran gewöhnen.«
»Wenn du's wirklich behalten willst, mußt du's sowieso in einen Käfig tun«, sagte Paul. »Jetzt bedanke dich wenigstens bei Jenny«, sagte Rya. »Sie ist sicher durch halb Black River getigert, bis sie den Käfig fand.« Der Junge war rot geworden. »Entschuldigung. Ich meine, danke schön, Jenny.«
»Im Käfig liegt ein kleines braunes Paket«, sagte Jenny. »Das ist für euch beide.« Rya öffnete das Paket. Drei Taschenbücher kamen zum Vorschein. Sie betrachtete die Titel. »Meine Lieblingsautoren! Danke, Jenny!« Jenny stand dabei, wie Rya zu lesen begann. Mark hatte eines der drei Bücher genommen und begann zu blättern. Das Zwitschern der Vögel war zu hören, und Jenny war wehmütig ums Herz. Sie liebte diese Kinder. Und sie liebte Paul. Wenn ich ihn liebe, warum heirate ich ihn nicht? Weil... Sie beschloß, nicht weiter über das Problem nachzudenken. Wer
Dialoge mit sich selbst führte, endete in Schizophrenie. Mark begann sein Eichhörnchen zu füttern. Er erklärte Jenny, daß er dem Tier das Apportieren beibringen werde. Und Jenny brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, daß ein Eichhörnchen nie apportieren lernt. Es war elf Uhr geworden, als Rya ihren Federballschläger zur Seite legte. »Ich habe allen Anwesenden etwas Wichtiges mitzuteilen«, sagte sie atemlos. »Mark und ich machen heute das Mittagessen. Es gibt eine Überraschung.«
»Es gibt...« Rya fuhr ihrem Bruder über den Mund. »Wirst du wohl still sein! Es ist eine Überraschung, habe ich gesagt.« Rya legte den Kopf zurück, bis das lange schwarze Haar nach hinten schwang. Sie sah ihren Vater an. »Ich schlage vor, du und Jenny, ihr beiden macht jetzt einen Waldspaziergang, sonst habt ihr keinen Appetit, wenn das Essen losgeht.«
»Geh mit Jenny spazieren«, sagte Mark. »Wir wissen schließlich, daß ihr beiden allein sein wollt.«
»Mark!« tadelte ihn seine Schwester. Mark verteidigte sich. »Deshalb machen wir ja auch das Essen. Damit ihr für euch sein könnt.« Jenny mußte lachen. »Es tut mir leid«, sagte Paul verlegen. »Es gibt Eichhörnchen zu Mittag«, sagte Rya. »Gebratenes Eichhörnchen.« Auf Marks Zügen malte sich das blanke Entsetzen ab. »Du sollst so etwas nicht sagen.«
»Hab's nicht so gemeint«, sagte Rya. »Trotzdem. So etwas sagt man nicht.«
»Entschuldige bitte. Soll nicht wieder vorkommen.« Mark betrachtete sie von der Seite, als wollte er sich der Ernsthaftigkeit ihres Versprechens vergewissern. »Gut«, sagte er dann. »Ist gut.«
Jenny hatte Paul bei der Hand ergriffen. »Wenn wir jetzt nicht unseren Waldspaziergang machen, wird deine Tochter sehr böse mit uns sein. Ich glaube, Rya ist ein gefährliches Mädchen, wenn sie böse wird.« Rya strahlte. »Da hast du recht. Ich bin fürchterlich in meinem Zorn.«
»Also gut«, sagte Paul. »Jenny und ich verschwinden jetzt von der Bildfläche.« Er beugte sich zu Rya. »Aber heute abend erzähle ich dir die Geschichte von dem furchtbaren Ende eines kleinen Mädchens.«
»Was für ein Mädchen, Paps?«
»Ein Mädchen, das ein Komplott gegen ihren Vater schmiedete.«
»Solche Geschichten mag ich«, sagte Rya. Sie lachte. »Essen ist Punkt eins.« Sie wandte sich ab, als hätte sie geahnt, daß ihr Paul den Federballschläger über den Hintern ziehen wollte. Sie blieben stehen wo der Bach
Weitere Kostenlose Bücher