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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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überrascht, daß er zurücktaumelte. Zwei, drei Sekunden lang verlor er das Gleichgewicht. Er fing sich, als er mit der Schulter gege n den Kühlschrank prallte. Er versuchte in Eile seinen Gürtel zu schließen. Es gelang ihm nicht. »Ich bin der Schlüssel.« Der Junge schlug auf ihn ein, schrie ihn an, belegte ihn mit wüsten Schimpfnamen. Salsbury ergriff ihn an den Handgelenken und schüttelte ihn. »Ich bin der Schlüssel!«
    »Mr. Thorp! So helfen Sie mir doch!«
    »Sie bleiben, wo Sie sind«, sagte Salsbury zu Thorp gewandt. Der blieb auf seinem Stuhl sitzen. Salsbuty hielt den Jungen gepackt. Er schleuderte ihn herum, gab ihn frei. Wie ein Katapult flog der kleine Körper gegen den Kühlschrank. Die Flaschen klirrten. Salsbury wußte, daß Kinder unter vier Jahren auf die Droge nicht ansprachen. Aber Mark war über acht. Unerklärlich, daß die Droge bei ihm nicht gewirkt hatte.
    »Ich bin der Schlüssel!«
    Das Rotkehlchen war aufgeflogen, als Rya nur noch drei Schritte entfernt war. Der Zweig versperrte den Blick auf das Küchenfenster. Das Haus war merkwürdig ruhig. Dem Rotkehlchen gefiel das. Es hüpfte auf dem Ast entlang und sah sich um, ob Rya ihm folgte. Sie war in die Knie gegangen und betrachtete den Vogel. Ich muß klaren Kopf bewahren. Keine Panik. Ich habe einen Fehler gemacht, aber das bedeutet nicht, daß schon alles verloren ist. Die Macht. Ich muß die Macht behalten. Die Frauen. Miriam. Mutter. Emma. Ein Fehler? Sagen wir, ein ernster Fehler. Aber nicht das Ende. Ruhe bewahren. »Wer bist du?« fragte er den Jungen. Mark wand sich in seinem Griff. »Wer bist du?« Der Junge holte aus und trat Salsbury gegen das Schienbein. Die Welt war ausgelöscht. Nur noch der Schmerz war da, ein heller, explodierender Schmerz, der bis in die Hüfte reichte. Salsbury heulte. Er schrie. Er wand sich. Der Junge hatte sich aus seinem Griff befreit. Er rannte auf die Küchentür zu. Fluchend stolperte Salsbury hinter ihm her. Er bekam ihn am Hemdzipfel zu fassen, verlor den Griff, kam zu Fall. Schmerz. Miriam.
    Wenn der Junge entkommt...
    »Töten Sie ihn, Thorp!« Tat-tat-tat-tat-tat-tat... Salsbury stand auf. Ihm war zum Erbrechen übel. Die Macht. Angst. Mutter. Emmas Weinen war zu hören. Sie war nackt. Salsbury fiel der Kinderreim ein. Gib mir die Flasche, gib mir da s Garn. Die Flasche und das Garn. Er hatte oft über den Sinn nachgedacht. Mutter hatte es ihm nicht zu erklären vermocht. Und Miriam, die es wußte, hatte geschwiegen. Thorp hatte die Tür erreicht. Er war schneller als Mark. Der Junge senkte den Kopf wie ein Stier, der zum Angriff überging. »Töten Sie ihn, Thorp!« Thorp erwischte Mark bei der Schulter. Er schleuderte ihn gegen den Herd. Eine Pfanne ging zu Boden. Erst als das Blut an die Fliesen spritzte, gab Thorp den Leichnam frei. Salsbury war zu der Leiche unterwegs, als er das Mädchen im Türrahmen sah. Sie stand da wie angewurzelt. Sie starrte auf die Blutlache, die sich auf dem Küchenboden bildete. Dann irrte ihr Blick zu Salsbury. Er ging auf sie zu. »Ich bin der Schlüssel.« Sie wirbelte herum und war aus dem Haus, ehe er sie festhalten konnte. Er lief ihr bis auf die Veranda nach. Nichts. Das Mädchen war verschwunden.

Teil 2 - DIE ANGST
1. Kapitel
    Freitag, der 26. August 1977 9.45 Uhr
    Rya saß auf der vorderen Sitzbank, eingeklemmt zwischen Paul und Jenny. In ihr kämpften Angst und Wut. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Sie war aschfahl, trotz der Sommerbräune, die sie sich zugelegt hatte. Sie hielt die Lippen aufeinandergepreßt. Niemand sollte sehen, welche Angst sie hatte. Niemand sollte sie zittern sehen. Paul konnte sich nicht erinnern, daß seine Tochter ihn je angelogen hatte, wenn es um irgend etwas Ernsthaftes, um etwas Wichtiges ging. Trotzdem vermochte er nicht zu glauben, was sie erzählt hatte. Daß sie etwas Merkwürdiges, etwas Außergewöhnliches im Hause Thorp gesehen hatte, nun, daran konnte wohl niemand einen Zweifel haben. Aber was? Hatte Sie Mr. und Mrs. Thorp etwa im Bett überrascht? In Tränen aufgelöst, war sie zu Sam in den Laden gekommen. Sie schluchzte. Sie konnte keinen zusammenhängenden Satz sagen. Mark tot? Das war doch undenkbar. Der Polizeichef von Black River sollte Mark totgeschlagen haben? Lächerlich. »Es ist wahr, Paps. Es ist wirklich wahr. Ich schwör's dir bei Gott, es ist wahr. Die beiden haben Mark umgebracht. Ich will sagen, Mr. Thorp hat ihn umgebracht. Der andere Mann hat ihm gesagt, er soll's tun, und er

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