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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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organisiert hatte. Es handelte sich um einen Zweitonner, dessen Ladefläche mit einer Leinenplane verhängt war. Joe legte den ersten Gang ein, und schon bogen sie in die Nineteenth Street.
    Zwanzig Minuten später hielten sie an einem Waldstück am Rand der Route 41. Aus einem Dickicht von wuchernden Palmettopalmen, kleineren Nadelbäumen, Dornengestrüpp und Buschwerk ragten riesige Sumpfkiefern, wie Joe sie noch nie gesehen hatte. Dem Geruch nach zu urteilen, befand sich der Sumpf nur einen Steinwurf entfernt. Graciela erwartete sie neben einem Baum, der vor kurzem bei einem Unwetter in zwei Teile gespalten worden war. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt ein auffälliges schwarzes Tüllkleid mit Zickzacksaum, Pailletten und goldenen Rocailleperlen. Im tief ausgeschnittenen Dekolleté blitzte ihre Wäsche auf und vervollständigte den Eindruck eines Partygirls, das die Nacht durchgemacht hatte und nun, im hellen Licht des Tages, wieder von der brutalen Wirklichkeit eingeholt wurde.
    Joe betrachtete sie durch die Windschutzscheibe, stieg jedoch nicht aus. Er hörte seinen eigenen Atem.
    »Ich kann das übernehmen«, sagte Dion.
    »Nein«, sagte Joe. »Mein Plan, meine Verantwortung.«
    »Du hast doch sonst auch kein Problem damit, Aufgaben zu delegieren.«
    Joe wandte den Kopf. »Willst du damit sagen, ich hätte Spaß an so was?«
    »Na ja, so wie ihr euch immer anseht.« Dion zuckte mit den Schultern. »Vielleicht steht sie ja auf die harte Tour. Und du vielleicht auch.«
    »Wie wir uns immer ansehen – wovon, zum Teufel, redest du? Kümmere dich lieber um deine Arbeit.«
    »Mit Verlaub«, sagte Dion, »du auch.«
    Verdammte Scheiße, dachte Joe. Kaum war sich jemand sicher, dass er nicht mehr auf der Abschussliste stand, riskierte er auch schon eine große Klappe.
    Joe stieg aus, und Graciela sah ihm entgegen. Sie hatte bereits selbst Hand angelegt – ihr Kleid hatte einen Riss an der linken Schulter, ein paar Kratzer verunzierten ihre linke Brust, und sie hatte sich so fest auf die Unterlippe gebissen, dass sie blutete. Während er näher kam, tupfte sie sich die Lippe mit einem Taschentuch ab.
    Dion stieg aus dem Lastwagen und hielt die Uniform in die Höhe, die Sal Urso für ihn organisiert hatte.
    »Dann legt mal los.« Er kicherte und ging zur Rückseite des Lasters. »Ich ziehe mich derweil mal um.«
    Graciela hielt Joe ihren rechten Arm hin. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    Einen Augenblick lang konnte sich Joe nicht dazu durchringen, sie überhaupt anzufassen. Es kam ihm irgendwie unnatürlich vor.
    »Jetzt machen Sie schon.«
    Er ergriff ihre Hand. Sie war kräftiger als jede Frauenhand, die er je berührt hatte. Das tägliche Zigarrenrollen hatte ihre Handballen steinhart gemacht, und ihre schlanken Finger waren wie aus Elfenbein.
    »Jetzt?«, fragte er.
    »Brauchen Sie noch eine Extraeinladung?«
    Mit der Linken ergriff er ihr Handgelenk, grub die Finger seiner Rechten in ihre nackte Schulter und zog mit den Nägeln vier parallele Linien in ihr Fleisch. Am Ellbogen hielt er inne und holte erst einmal tief Luft, da sich sein Kopf mit einem Mal anfühlte, als hätte jemand feuchte Zeitungen hineingestopft.
    Sie entriss ihm die Hand und nahm die Kratzer auf ihrem Oberarm in Augenschein. »Das sieht doch nach gar nichts aus.«
    »Finde ich schon.«
    Sie deutete auf ihren Bizeps. »Ein paar rosa Striemen? Es muss richtig bluten, bobo niño , bis runter zu meiner Hand. Das war so abgemacht, schon vergessen?«
    »Natürlich nicht«, sagte Joe. »Ich habe mir den Plan ja selbst ausgedacht.«
    »Dann ziehen Sie ihn auch durch.« Sie hielt ihm den Arm hin. »Los jetzt!«
    Joe war sich immer noch unschlüssig, doch dann meinte er ein Lachen aus dem Lastwagen vernommen zu haben. Er legte die eine Hand fest um ihren Bizeps und krallte die Fingernägel seiner Rechten mit aller Kraft in die oberflächlichen Furchen, die er bei seinem ersten Versuch in ihre Haut gekratzt hatte. Und so mutig Graciela auch sein mochte, hatte sie den Mund offenbar doch ein bisschen zu voll genommen. Ihre Augen traten aus den Höhlen, und er merkte, wie ihr Körper erbebte.
    »Scheiße. Sorry, das wollte ich nicht.«
    »Weiter!«
    Sie sah ihm direkt in die Augen, und er grub seine Fingernägel tief in die Innenseite ihres Arms, zog sie schnurgerade nach unten und riss ihr die Haut der Länge nach auf. Als er an ihrem Ellbogen angekommen war, sog sie hörbar Luft zwischen die Zähne, während sie den Arm so drehte, dass er sein Werk

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