In der Nacht (German Edition)
McAlpin. Er bat sie, ihm ihren Namen zu buchstabieren, und sagte, er fände ihn wunderschön. Er fügte hinzu, er hoffe auf eine langfristige Zusammenarbeit, und nahm noch einen Drink an der Bar. Allen gegenüber verhielt er sich ausgesprochen zuvorkommend. Dann verließ er den Club, stieg in seinen Wagen und fuhr, vorbei an der Vayo-Zigarrenfabrik, zu Phyllis’ Kneipe, der ersten Bar, in der Joe in Ybor etwas getrunken hatte.
Die Bombe, die RD Pruitt in Phyllis’ Laden warf, war nicht besonders groß, doch verfehlte sie ihre Wirkung nicht, da die Schankstube ein so enger Schlauch war, dass breitschultrige Kerle nicht applaudieren konnten, ohne mit den Ellbogen an die Wände zu stoßen.
Niemand kam ums Leben, doch ein Schlagzeuger namens Cooey Cole verlor seinen rechten Daumen und spielte nie wieder, und einem siebzehnjährigen Mädchen, das seinen Vater abholen wollte, wurde ein Fuß abgerissen.
Joe setzte drei Zwei-Mann-Teams auf den geisteskranken Dreckskerl an, doch RD Pruitt war auf Tauchstation gegangen. Sie durchkämmten jeden Winkel Ybors, weiteten dann die Suche auf West Tampa und schließlich auf ganz Tampa aus. Niemand konnte ihn aufspüren.
Eine Woche später marschierte RD in eins von Joes Speakeasys im Ostteil von Ybor, eine Bar, die fast ausschließlich von schwarzen Kubanern besucht wurde. Die Band swingte, was das Zeug hielt, und auf der Tanzfläche ging die Post ab. RD schlenderte seelenruhig zur Bühne, schoss dem Bassposaunisten ins Knie und dem Sänger in den Bauch. Dann warf er einen Briefumschlag auf den Boden, ehe er die Bar durch den Hinterausgang verließ.
Der Umschlag war adressiert an »Sir Joseph Coughlin, Niggerficker«. Darin befand sich ein Blatt Papier, auf dem zwei Worte standen:
Sechzig Prozent.
Joe suchte Kelvin Beauregard in dessen Konservenfabrik auf; begleitet wurde er dabei von Dion und Sal Urso. Beauregard empfing sie in seinem Büro im hinteren Teil des Gebäudes. Ein großes, deckenhohes Fenster ging auf die unten liegende Produktionshalle hinaus. Mehrere Dutzend Frauen in Arbeitskitteln und Schürzen, identische Häubchen auf dem Kopf, standen dort in der brütenden Hitze an einer Reihe von Fließbändern, die sich durch die Halle wanden. Beauregard erhob sich nicht, als Joe und seine Männer eintraten. Eine volle Minute lang schenkte er ihnen nicht die geringste Beachtung, blickte einfach nur weiter durch die Glasscheibe. Dann drehte er sich zu ihnen, grinste und reckte den Daumen in Richtung des Fensters.
»Hab ein Auge auf eine der Neuen geworfen«, sagte er. »Was halten Sie davon?«
»Neu wird zu Alt, sobald man damit vom Hof fährt«, sagte Dion.
Kelvin Beauregard zog eine Augenbraue hoch. »Da ist was dran. Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?«
Er nahm eine Zigarre aus einem Humidor, ohne seinen Gästen ebenfalls eine anzubieten.
Joe schlug das rechte Bein über das linke und strich den Aufschlag seiner Hose glatt. »Wir fragen uns, ob Sie vielleicht eine Möglichkeit sehen, RD Pruitt zur Vernunft zu bringen.«
»Ich fürchte, das ist noch keinem gelungen«, erwiderte Beauregard.
»Möglich«, sagte Joe. »Aber Sie könnten ja trotzdem mal ein Wörtchen mit ihm reden.«
Beauregard biss das Ende der Zigarre ab und spie es in seinen Papierkorb. » RD ist alt genug, um zu wissen, was er tut. Er hat mich nicht um Rat gebeten, und deshalb werde ich ihm auch keine Ratschläge erteilen. Selbst wenn mir die Gründe Ihrer Bitte einleuchten würden. Worum geht es überhaupt, wenn ich fragen darf?«
Joe wartete, bis Beauregard seine Zigarre angezündet hatte, blickte ihn erst durch die Flamme und dann durch den Rauch an.
»In seinem eigenen Interesse«, sagte Joe. »sollte RD damit aufhören, meine Clubs zusammenzuschießen. Jedenfalls würde ich gern mit ihm reden, damit wir zu irgendeiner Form von Übereinkunft kommen.«
»Clubs? Was für Clubs?«
Joe warf Dion und Sal einen Blick zu, ohne auf Beauregards Frage einzugehen.
»Bridge-Clubs?«, fuhr Beauregard fort. »Rotary-Clubs? Ich bin selbst im Rotary-Club von Tampa und kann mich nicht erinnern, Sie dort je gesehen –«
»Ich bin hierhergekommen, um ein vernünftiges Gespräch unter erwachsenen Menschen zu führen«, sagte Joe. »Während Sie es offenbar vorziehen, billige Spielchen zu treiben.«
Kelvin Beauregard legte die Füße auf seinen Schreibtisch. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Sie haben uns den Jungen auf den Hals gehetzt. Sie wussten, dass er irre genug ist, um gegen uns Krieg
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