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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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zu führen. Aber damit erreichen Sie bloß, dass er dabei draufgeht.«
    »Wen soll ich Ihnen auf den Hals gehetzt haben?«
    Joe holte tief Luft. »Sie sind der Große Hexenmeister der hiesigen Klan-Truppe. Schön für Sie, kein Problem. Aber glauben Sie ernstlich, wir wären da, wo wir sind, wenn wir einer Bande halbdebiler Arschlöcher erlauben würden, uns zu terrorisieren?«
    »Mal halblang, Freundchen.« Beauregard gab ein müdes Lachen von sich. »Wenn Sie glauben, wir wären bloß ein Haufen Hinterwäldler, täuschen Sie sich gewaltig. Zu uns gehören Verwaltungsangestellte, Gerichtsvollzieher, Gefängniswärter und Bankiers. Polizeibeamte, Ärzte, sogar ein Richter. Und wir haben gerade einen Beschluss gefasst, Mr.   Coughlin.« Er nahm seine Füße wieder vom Tisch. »Wir haben beschlossen, Ihnen und Ihren Spaghettifressern und Niggerfreunden so lange die Hölle heiß zu machen, bis ihr ein für alle Mal Leine zieht. Wenn Sie blöd genug sind, sich mit uns anzulegen, werden Pech und Schwefel auf Sie herniederkommen!«
    »Sie wollen mir also verklickern, dass hinter Ihnen Leute stehen, die mehr Macht haben als Sie?«
    »Genau.«
    »Warum rede ich dann eigentlich mit Ihnen?«, sagte Joe und nickte Dion zu.
    Kelvin Beauregard blieb gerade noch Zeit, ein »Was?« hervorzustoßen, ehe sein Gehirn auch schon über das Fenster spritzte.
    Dion klaubte die Zigarre von Beauregards Brust und steckte sie sich zwischen die Lippen. Er schraubte den Schalldämpfer von seiner Pistole und sog hörbar Luft zwischen die Zähne, als er ihn in die Tasche seines Regenmantels steckte.
    »Teufel, ist das Ding heiß.«
    »Allmählich wirst du ’ne richtige Zimperliese«, sagte Sal Urso.
    Sie verließen das Büro und stiegen die Eisentreppe zur Produktionshalle hinab. Sie hatten sich bewusst für ihre Garderobe entschieden – helle Regenmäntel, Angeber-Anzüge und tief in die Stirn gezogene Fedoras, damit von vornherein kein Zweifel daran bestand, dass sie Gangster waren, und niemand einen allzu genauen Blick riskierte. So hatten sie die Fabrik betreten, und so verließen sie das Gebäude auch wieder. Falls sie doch jemand aus Ybor kannte, wusste er auch um ihren Ruf, und das würde ausreichen, um unten in der Halle für einen akuten Ausbruch kollektiver Sehschwäche zu sorgen.
    Joe saß auf den Verandastufen von Chief Figgis’ Haus in Hyde Park und klappte geistesabwesend den Deckel seiner Uhr auf und zu. Das Haus war ein klassischer Bungalow im Arts-and-Crafts-Stil, braun mit eierschalenfarbenen Faschen. Die Veranda war aus breiten Hickory-Dielen gezimmert, und der Chief hatte sie mit Rattanmöbeln und einer Schaukel ausgestattet, die in derselben Farbe wie die Fensterleibungen gestrichen war.
    Figgis fuhr in seinem Wagen vor, stieg aus und kam zwischen perfekt manikürten Rasenflächen den Backsteinweg hinauf.
    »Was verschafft mir die Ehre?«, fragte er Joe.
    »Wollte Ihnen die Mühe ersparen, mich vorzuladen.«
    »Warum sollte ich Sie vorladen?«
    »Meine Leute haben mir gesagt, Sie wären auf der Suche nach mir.«
    »Ah, stimmt ja.« Figgis stellte einen Fuß auf die Verandastufen. »Haben Sie Kelvin Beauregard einen Kopfschuss verpasst?«
    Joe blinzelte zu ihm auf. »Wer ist Kelvin Beauregard?«
    »Das war’s auch schon«, sagte Figgis. »Mögen Sie ein Bier? Ist kein richtiges, aber gar nicht schlecht.«
    »Gerne«, sagte Joe.
    Der Chief ging ins Haus und kehrte mit zwei Flaschen Bier und einem Hund zurück. Das Bier war kalt, und der Hund alt, ein ergrauter Bluthund mit schlaffen, bananenblattgroßen Ohren. Er ließ sich zwischen Joe und der Tür nieder und schnarchte mit offenen Augen.
    »Ich muss unbedingt noch mal mit RD reden«, sagte Joe, nachdem er sich für das Bier bedankt hatte.
    »Glaub ich gern.«
    »Sie wissen genau, wie das alles endet, wenn Sie mir nicht helfen«, sagte Joe.
    »Ach ja?«, erwiderte der Chief. »Wie denn?«
    »Es wird noch mehr Tote, noch mehr Blutvergießen, noch mehr Schlagzeilen à la ›Mord in Cigar City‹ geben. Und am Ende wird man Sie vor die Tür setzen.«
    »Dann sind Sie genauso erledigt.«
    Joe zuckte mit den Schultern. »Vielleicht.«
    »Mit dem kleinen Unterschied, dass man Ihnen zum Abschied eine Kugel hinters Ohr jagen wird.«
    »Wir müssen ihn aus dem Verkehr ziehen«, sagte Joe. »Erst dann kehrt hier wieder Frieden ein.«
    Figgis schüttelte den Kopf. »Ich werde den Bruder meiner Frau nicht ans Messer liefern.«
    Joe sah auf die Straße hinaus. Es war eine hübsche

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