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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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dann jetzt, da die Prohibition ihrem unausweichlichen Ende entgegensah. Das Geld, das sie aufgrund der Legalisierung des Alkohols verlieren würden, wanderte schnurstracks in die Tasche des Staats, doch die Verluste, die ihnen durch die Besteuerung von Kasinos und Pferderennbahnen entstehen würden, ließen sich doppelt und dreifach wettmachen durch all die Idioten, die es unbedingt mit der Bank aufnehmen wollten.
    Und Joes Hintermänner wussten zu berichten, dass ihn sein Instinkt ganz und gar nicht zu trügen schien. Amerika war reif. Die Gemeinden in Florida waren ebenso knapp bei Kasse wie der Rest des Landes. Joes Leute stellten Einnahmen ohne Ende in Aussicht: Ausschankgebühren, Kasinosteuer, Hotelsteuer, Speisen- und Getränkesteuer, Bettensteuer, Vergnügungssteuer sowie – und damit machten sie den Politikern den Mund erst so richtig wässrig – eine Finanzüberschusssteuer: An Tagen, an denen das Kasino über 800   000   Dollar einnahm, gingen zwei Prozent der Gesamtsumme automatisch an den Staat. Tatsächlich würden sie es natürlich schön für sich behalten, sollten sie diesen Betrag annähernd erreichen. Aber das mussten sie den Politikern, die den Hals nicht voll kriegen konnten, ja nun wirklich nicht auf die Nase binden.
    Gegen Ende des Jahres 1931 hatte Joe sechs Senatoren, neun Mitglieder des Repräsentantenhauses, dreizehn Landräte, elf Stadträte und zwei Richter in der Tasche. Auch seinen alten KKK -Rivalen Hopper Hewitt, den Herausgeber des Tampa Examiner , hatte er auf seine Seite gezogen. Neuerdings beschäftigte sich sein Blatt in Artikeln und Kommentaren häufiger mit der Frage, warum so viele Leute Hunger leiden mussten, wenn ein Spitzenkasino an der Golfküste von Florida sie allesamt wieder in Lohn und Brot bringen und ihnen somit nicht zuletzt ermöglichen würde, ihre von der Bank einkassierten Häuser zurückzukaufen – jede Menge Formalitäten, die wiederum einer Menge darbender Anwälte Arbeit verschaffen würden.
    Als Joe seinen sichtlich gealterten Boss zum Bahnhof fuhr, wo der Zug nach Boston wartete, sagte Maso: »Was auch immer nötig ist, um die Sache voranzutreiben – du hast grünes Licht.«
    »Danke«, sagte Joe. »Ich bleibe dran.«
    »Du hast hier unten richtig gute Arbeit geleistet.« Maso tätschelte sein Knie. »Und glaub mir, wir berücksichtigen das durchaus.«
    Joe war nicht ganz klar, was es da »zu berücksichtigen« gab. Er hatte hier etwas aufgebaut, ja, aus dem Boden gestampft, das sich wahrhaft sehen lassen konnte, und Maso redete mit ihm, als ginge es darum, den Lebensmittelhändler an der Ecke zu überfallen. Vielleicht war ja etwas dran an dem Gerücht, dass der Alte nicht mehr alle Latten am Zaun hatte.
    »Ach ja«, sagte Maso, als sie sich der Union Station näherten. »Ich habe gehört, da draußen gäb’s immer noch einen Quertreiber, der nicht mitspielen will.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Joe geschaltet hatte. »Du meinst den Schwarzbrenner, der nicht zahlen will?«
    »Genau den.«
    Der Schwarzbrenner hieß Turner John Belkin. Er und seine drei Söhne betrieben eine Destille am Ortsrand von Palmetto. Turner John Belkin war ein harmloser Bursche, der ein paar Mädels für sich laufen ließ, im Hinterzimmer ein bisschen Kohle an den üblichen Zockereien verdiente und sonst lediglich seinen Sprit an die Leute verkaufen wollte, die sich schon seit einer kleinen Ewigkeit bei ihm einzudecken pflegten. Und nichts auf der Welt schien ihn dazu bewegen zu können, sich unter das Dach der Organisation zu begeben. Er weigerte sich, dem Syndikat auch nur einen Dollar zu zahlen, weigerte sich, Pescatore-Rum zu verkaufen, und ließ sein Geschäft einfach laufen wie vor ihm schon sein Vater und seine Großväter, damals, als Tampa noch Fort Brooke geheißen hatte und dreimal so viele Menschen am Gelbfieber wie an Altersschwäche gestorben waren.
    »Ich arbeite dran«, sagte Joe.
    »Seit sechs Monaten, oder bin ich da falsch informiert?«
    »Seit einem Vierteljahr«, räumte Joe ein.
    »Zeig der Kanaille, was Sache ist.«
    Sie hielten vor dem Bahnhof. Seppe Carbone, Masos persönlicher Leibwächter, öffnete den Wagenschlag und wartete in der prallen Sonne.
    »Meine Jungs kümmern sich drum«, sagte Joe.
    »Nein, nicht deine Jungs. Ich will, dass du es in die Hand nimmst.«
    Maso stieg aus, und Joe begleitete ihn zum Zug, obwohl Maso sagte, dass das nicht nötig sei. Tatsächlich aber wollte Joe mit eigenen Augen sehen, wie Maso die Stadt verließ,

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