In der Nacht (German Edition)
ich schmecke dir bestimmt nicht – , doch dann schien sie regelrecht süchtig nach seinen Liebkosungen zu werden. Als sich die drei Monate allmählich dem Ende zuneigten, wurde er gewahr, dass er sie mittlerweile durchschnittlich fünfmal am Tag mit dem Mund erlöste.
Dann, als die Ärzte ihn schließlich für wiederhergestellt erklärten, schlossen er und Graciela die Fensterläden ihrer Villa in der Ninth Avenue und bestückten die Eiskiste im ersten Stock mit Champagner und allerlei Leckereien, ehe sie sich für achtundvierzig Stunden ganz und gar zurückzogen, zwei Tage ausschließlich zwischen Himmelbett und Löwenfußwanne verbrachten. Während sich der zweite Tag allmählich seinem Ende zuneigte – der rötliche Glanz der Dämmerung schien durch die Fenster, während der Hauch des Ventilators den Schweiß auf ihren Körpern trocknete –, sagte Graciela: »Es wird nie einen anderen geben.«
»Einen anderen?«
»Mann.« Behutsam strich sie über die Narben auf seinem Bauch. »Du bist mein Mann. Für immer.«
»Im Ernst?«
Sie presste den offenen Mund an seinen Hals. »Ja, ja, ja.«
»Was ist mit Adan?«
Zum ersten Mal löste der Name ihres Ehemanns nichts als Verachtung in ihrem Blick aus.
»Adan ist kein Mann. Du, mi gran amor , bist ein Mann.«
»Und du meine Frau«, sagte er. »Du lieber Himmel, ich bin völlig besoffen von dir.«
»Und ich erst von dir.«
»Tja…« Er ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Eine kleine Ewigkeit hatte er auf diesen Tag gewartet, und nun wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte. »Aber in Kuba kriegst du doch niemals die Scheidung durch.«
Sie schüttelte den Kopf. »Selbst wenn ich unter meinem richtigen Namen zurückkehren könnte – die Kirche erlaubt das nicht.«
»Also wirst du für immer mit ihm verheiratet sein.«
»Auf dem Papier«, sagte sie.
»Und das ist ja bekanntlich geduldig«, erwiderte er.
Sie lachte. »Wohl wahr.«
Er zog sie auf sich und ließ den Blick über ihren dunklen Körper bis hinauf zu ihren braunen Augen wandern. »Tú eres mi esposa.«
Sie wischte sich die Augen mit beiden Händen, während ein kleines, von Tränen durchsetztes Lachen aus ihrer Kehle drang. »Und du bist mein Mann.«
»Para siempre.«
Sie legte ihre warmen Handflächen auf seine Brust. »Für immer.«
21
Ganz in Weiß
Die Geschäfte brummten weiter.
Das Ritz stand nun ganz oben auf Joes Liste. John Ringling war bereit, das Gebäude zu verkaufen, nicht aber das Grundstück. Weshalb Joes und Ringlings Anwälte nun versuchten, zu einer Lösung zu kommen, die beide Seiten zufriedenstellte. Zuletzt hatten sie einen Pachtvertrag über neunundneunzig Jahre ins Auge gefasst, doch nun standen die bundesstaatlichen Luftbaurechte einem Abschluss im Weg. Mittels einiger Hintermänner hatte Joe diverse Bauinspektoren in Sarasota County bestochen; eine zweite Gruppe hatte er auf verschiedene Landespolitiker angesetzt, und eine dritte nahm Steuerfahnder und Senatoren ins Visier, die regelmäßig Bordelle, Spielhöllen und Opiumhöhlen des Pescatore-Syndikats frequentierten.
Einen ersten Teilerfolg verzeichnete er, als das Bingo-Spiel in Pinellas County entkriminalisiert wurde. Gleich anschließend hatten seine Leute einen Gesetzesentwurf zur landesweiten Abschaffung des Bingo-Verbots erarbeitet, der während der herbstlichen Sitzungsphase des Rechtsausschusses zur Vorlage kommen und womöglich bereits 1932 verabschiedet werden würde. Seine Kontakte in Miami – einer Stadt, in der seit jeher eine Hand die andere wusch – weichten die bestehende Gesetzeslage noch weiter auf, indem sie dafür sorgten, dass Totalisatorwetten in Dade und Broward County legalisiert wurden. Joe und Esteban hatten für ihre Freunde in Miami reichlich Land aufgekauft, wo nun Pferderennbahnen entstanden.
Maso war aus Boston gekommen, um das Ritz persönlich in Augenschein zu nehmen. Er hatte sich erst kürzlich einer Krebsoperation unterziehen müssen, auch wenn außer ihm und seinen Ärzten niemand wusste, was für ein Krebs es gewesen war. Er behauptete, er hätte die Behandlung locker weggesteckt, doch er war vollständig kahl geworden, sah alt und gebrechlich aus. Es wurde sogar gemunkelt, er sei mittlerweile weich in der Birne, auch wenn Joe keinerlei Anzeichen dafür erkennen konnte. Das Anwesen war ganz Masos Kragenweite, und auch Joes Logik hatte ihm sofort eingeleuchtet – wenn es je einen richtigen Zeitpunkt gegeben hatte, das Glücksspielverbot zu hintertreiben,
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