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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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erinnere.«
    »Die Waffen sind für Nicaragua bestimmt«, sagte Graciela. »Und eine Rebellion hat es dort nie gegeben. Ihr Land hält Nicaragua besetzt – so wie ihr Amerikaner jederzeit auch meine Heimat besetzen könnt, wenn es euch in den Kram passt.«
    »Das haben Sie dem Platt Amendment zu verdanken.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ein gebildeter Gangster?«
    »Ich bin kein Gangster, sondern ein Gesetzloser«, sagte er, selbst nicht mehr sicher, ob das überhaupt noch stimmte. »Außerdem hatte ich in den letzten paar Jahren reichlich Zeit zum Lesen. Wie auch immer, warum schafft unsere Marine Waffen nach Nicaragua?«
    »Weil sie dort ein Ausbildungslager eingerichtet haben«, erklärte Esteban. »Für Soldaten und Polizisten aus Nicaragua, Guatemala und Panama. Damit sie den einheimischen Bauern so richtig zeigen können, wie der Hase läuft.«
    »Sie wollen also der amerikanischen Marine Waffen klauen, um damit nicaraguanische Rebellen auszurüsten?«
    »Mein Herz schlägt nicht für Nicaragua«, sagte Esteban.
    »Also kubanische Rebellen.«
    Ein Nicken. »Machado ist kein Präsident, sondern nichts weiter als ein bewaffneter Strauchdieb.«
    »Die Waffen unserer Armee sollen also dazu dienen, Ihre Armee zu bekämpfen?«
    Esteban nickte abermals.
    »Haben Sie etwa ein Problem damit?«, fragte Graciela.
    »Ist mir scheißegal.« Joe warf Dion einen Blick zu. »Stört’s dich?«
    Dion sah Graciela an. »Wie wär’s, wenn Ihre Landsleute zur Abwechslung mal jemanden wählen würden, der sie nicht bis aufs Hemd auszieht, sobald er vereidigt ist? Dann müssten wir nämlich auch nicht den Besatzer spielen, verstehen Sie?«
    Graciela musterte ihn mit ausdruckslosem Blick. »Wenn es bei uns nichts zu holen gäbe, hättet ihr von Kuba noch nie gehört.«
    Dion sah Joe an. »Was habe ich damit zu schaffen? Lass uns seinen Plan anhören.«
    Joe wandte sich zu Esteban. »Ich nehme doch an, Sie haben einen Plan?«
    Zum ersten Mal wirkte Esteban gekränkt. »Einer unserer Männer wird dem Schiff heute Nacht einen Besuch abstatten und im vorderen Teil ein Ablenkungsmanöver —«
    »Was für ein Ablenkungsmanöver?«, fragte Dion.
    »Ein Feuer. Während sie damit beschäftigt sind, den Brand zu löschen, holen wir uns die Waffen aus dem Frachtraum.«
    »Der Frachtraum ist mit Sicherheit verriegelt.«
    Esteban lächelte überlegen. »Wir haben Bolzenschneider dabei.«
    »Wissen Sie, um was für ein Schloss es sich handelt?«
    »Es ist mir beschrieben worden.«
    Dion beugte sich vor. »Aber Sie wissen nicht, aus welchem Material es ist. Was, wenn es Ihren Bolzenschneidern standhält?«
    »Dann schießen wir es auf.«
    »Damit alarmieren Sie nur die Besatzung«, sagte Joe. »Außerdem riskieren Sie, dass sich jemand einen Querschläger einfängt.«
    »Wir sind schnell. Das Ganze geht in null Komma nichts über die Bühne.«
    »Ach ja? Ihre Leute wollen sechzig Kisten Gewehre und Granaten im Sprinttempo davontragen?«
    »Wir haben dreißig Männer. Und noch mal so viele, wenn Sie mitmachen.«
    »Auf dem Schiff sind dreihundert«, sagte Joe.
    »Aber keine dreihundert Cubanos . Der amerikanische Soldat kämpft für seinen Ruhm. Ein Cubano kämpft für sein Land.«
    »Auch das noch«, sagte Joe.
    Estebans Lächeln wurde noch gönnerhafter. »Zweifeln Sie an unserem Mut?«
    »Nein«, sagte Joe. »An Ihrer Intelligenz.«
    »Ich habe keine Angst zu sterben«, sagte Esteban.
    »Ich schon.« Joe zündete sich eine Zigarette an. »Und selbst wenn ich keine Angst vor dem Tod hätte, würde ich lieber für etwas Lohnenswerteres sterben. Pro Kiste brauchen Sie zwei Männer. Was bedeutet, dass sechzig Mann zweimal hintereinander auf das brennende Kriegsschiff müssten. Und das halten Sie für möglich?«
    »Wir haben erst vor zwei Tagen von der Fracht erfahren«, sagte Graciela. »Wüssten wir schon länger Bescheid, hätten wir uns einen besseren Plan zurechtlegen können. Und da das Schiff morgen ausläuft…«
    »Nicht notwendigerweise«, sagte Joe.
    »Was meinen Sie?«
    »Sie haben doch gesagt, Sie könnten jemanden an Bord bringen.«
    »Ja.«
    »Das heißt doch, dass Sie bereits einen Kontaktmann auf dem Schiff haben.«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Verdammt noch mal, Esteban, warum ist die Wurst krumm gewachsen? Also, steht einer der Matrosen auf Ihrer Gehaltsliste oder nicht?«
    »Ja«, sagte Graciela.
    »Was ist sein Job?«
    »Er arbeitet im Maschinenraum.«
    »Und was soll er für Sie tun?«
    »Einen Defekt

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