In der Oase des Scheichs
Bett.
„Guten Morgen. Ich soll Ihnen ausrichten, dass Miss Amina Sie am Pool auf der Dachterrasse erwartet, bevor es zu heiß wird.“
Noch ehe Claudia einwerfen konnte, dass sie gar keinen Badeanzug dabeihabe, hatte die Angestellte einen Schrank geöffnet und verschiedene Modelle zur Auswahl hervorgeholt: einen Tankini, zwei bunte Bikinis und einen schwarzen sportlich geschnittenen Badeanzug. Dazu einen weißen Pareo.
Aber was ist mit der Arbeit und den Verträgen? Aus diesem Grund bin ich doch hier, schoss es ihr durch den Kopf. Was würde Sam dazu sagen, wenn sie einfach schwimmen ging? Er war schon über die geplante Segeltour nicht besonders glücklich gewesen.
Als sie das leckere Frühstück beendet hatte, ging sie in dem von Amina geliehenen Negligé auf den Balkon und machte ein paar Fotos von der unter ihr liegenden Stadt. Die prächtigen, von Bäumen gesäumten Boulevards, die modernen Gebäude aus Glas und Stahl und das tiefblaue Meer. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass hier vor nicht allzu langer Zeit nur ein paar Lehmhütten gestanden hatten.
Wie sah die Zukunft dieses Landes aus? Wie viele neue Bauwerke, Parks, Museen und Gärten würden hier in den nächsten Jahren entstehen? Würden neue Dynastien aufsteigen? Möglicherweise übernahm Zahara eine Vorreiterrolle, indem sie mit ihrer Heirat die Klassenschranken durchbrach. Wie auch immer es weiterging, Sams Familie war ein Teil der Zukunft dieses Landes.
Es wäre herrlich, jetzt kurz in den Pool zu springen und sich danach für den Arbeitstag fertig zu machen. Sie wollte nicht segeln gehen. Nachdem sie die Badeanzüge anprobiert und sich in dem hohen Spiegel betrachtet hatte, war sie der Verzweiflung nahe. So konnte sie sich nicht zeigen. Und auch in dem sportlichen Badeanzug gefiel sie sich nicht. Seufzend schüttelte sie den Kopf. Dann griff sie nach dem Bikini in Rosa und Lila. Wennschon – dennschon. Schließlich handelte es sich um einen privaten Pool, und sie würde mit Amina allein sein.
Doch das waren sie nicht. Sam und seine Schwester saßen ins Gespräch vertieft am Beckenrand und ließen die Füße ins kristallklare Wasser baumeln. Am Rand des Pools befanden sich bequeme Liegestühle und gestreifte Sonnenschirme. Dazwischen standen zierliche Palmen in Kübeln und Zitrusbäumchen, deren reife Früchte einladend leuchteten. Claudia zögerte kurz. Sie wollte das Gespräch nicht unterbrechen, und so blieb sie einen Augenblick im Schatten der üppigen Pflanzen stehen.
„Ich habe es gewusst“, sagte Amina zu Sam. „Ich habe die ganze Zeit gespürt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Armer Vater!“
„Es war sehr nett von dir, ihn nach Hause zu bringen“, sagte Sam. „Hoffentlich überwindet er den Schock.“
„Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig. Er gibt dem alten Odalya die Schuld, weil er nicht streng genug mit seiner Tochter war. Nun hofft er, dass ich nicht ebenfalls Schande über unsere Familie bringe und mit einem der Angestellten durchbrenne.“
„Steht das zu befürchten?“
„Keine Spur, Sam. Aber im Ernst. Seine größte Sorge gilt dir. Ich glaube nicht, dass er Grund dazu hat. Du bist nicht der Typ, der sich in die falsche Frau verliebt.“
„Verlieben? Du solltest mich besser kennen. Ich bin heilfroh, dass mir nun keine Hochzeit bevorsteht.“
„Du bist fein raus, nicht wahr? Oder verbirgst du deine wahren Gefühle? Mal ehrlich, bist du nicht doch ein bisschen gekränkt? Wenn man sich vorstellt, dass sie einen Pferdetrainer dir vorgezogen hat.“
Claudia beugte sich vor. Das fragte sie sich auch schon die ganze Zeit. Wenn Sam auch nur einen Funken Stolz hatte, und davon war sie überzeugt, musste er sich dann nicht verletzt fühlen, dass er so mir nichts, dir nichts fallen gelassen wurde, für einen Mann, der auf der gesellschaftlichen Leiter weit unter ihm stand?
Amina milderte die Bemerkung mit einem spielerischen Klaps auf seine Schulter ab. Dann sprang sie in den Pool und blieb in dem türkisblauen Wasser stehen, das ihr bis zur Brust reichte.
„Glaubst du etwa, ich hätte keine Gefühle?“, fragte Sam. „Wenn du welche hast, dann versteckst du sie jedenfalls sehr gut.“
Er war offensichtlich nicht in der Stimmung für tiefschürfende Gespräche über seinen Seelenzustand. Behände sprang er auf. „Vielleicht liegen sie ja auf dem Grund des Pools“, scherzte er. „Ich werde mal nachsehen.“
Er lief zum Sprungbrett, und Claudia konnte den Blick nicht von seinem gebräunten Oberkörper, den
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