In der Oase des Scheichs
froh, dabei zu sein. Es ist ein faszinierendes Erlebnis.“
„Ich dachte mir, dass es dir gefallen würde. Und du musstest mich beim Anfeuern unterstützen. Sonst hätte Zaru das Rennen nicht gewonnen.“
„Stimmt es, dass Kamele meist schlecht gelaunt sind?“
„Manche schon, es ist wie bei den Menschen. Gehen wir doch einfach zu ihm.“ Sie fragten die Umstehenden und fanden bald den Platz, wo Zaru mit Ali Ben Said, seinem Besitzer, stand.
Das Kamel fraß zufrieden Hafer aus einem Eimer und schien sich an dem Trubel nicht zu stören. Nachdem Sam mit Ali gesprochen hatte, berichtete er Claudia: „Er sagt, Zaru sei gutmütig, geduldig und intelligent. Er spuckt und tritt nicht und ist jeden Preis wert, den der neue Besitzer für ihn zahlt. Er hat einen Stammbaum mit allen Papieren und wird bestimmt vierzig Jahre alt oder mehr. Ali sagt, du kannst auf Zaru reiten, wenn du willst.“
„Er ist ein geschickter Verkäufer, meinst du nicht?“ Claudia zögerte. Sie wollte eigentlich nicht schon wieder reiten. Andererseits bekam man nicht jeden Tag die Gelegenheit, auf einem preisgekrönten Kamel zu sitzen.
„Lass mich zuerst ein Foto von ihm machen, wenn ich darf.“
Sie erhielt die Erlaubnis und ging nahe an das schöne Tier heran, um den sanften Ausdruck und die geschwungenen Wimpern auf dem Bild festzuhalten. Und tatsächlich blickte Zaru sie ruhig an und machte keine Anstalten, zu spucken oder nach ihr zu treten.
„Ich glaube, er mag dich“, sagte Sam grinsend.
„Vielleicht sonnt er sich auch nur in seinem Ruhm.“
Ali schien zu glauben, dass Claudia das Angebot annahm, und bedeutete dem Kamel, sich auf den Knien niederzulassen, damit sie aufsitzen konnte.
Sie warf Sam einen langen Blick zu. Würde er sie für einen Feigling halten, wenn sie ablehnte? Sollte sie diese einmalige Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen?
Er nickte ihr zu. Sie durfte ihn nicht enttäuschen. In diesem Land und an der Seite von Sam war sie eine völlig andere als zu Hause in Kalifornien. Mutiger und bereit, Risiken einzugehen. Sie kleidete sich modischer und spürte eine ungekannte Sinnlichkeit in sich erwachen.
Nun stellte sie sich neben das kniende Kamel und sprach sanft auf es ein. Dann legte sie ein Bein über seinen Rücken, woraufhin sich Zaru leise jammernd erhob.
„Bin ich zu schwer?“, fragte sie erschrocken.
„Keine Angst, das hat nichts zu bedeuten. Kamele stöhnen ebenso wie Gewichtheber.“
Als sie hoch oben auf dem Kamelrücken saß, führte der Besitzer Zaru langsam herum. Die schaukelnde Bewegung war beruhigend und angenehm.
Wenig später machte Sam mit Claudias Kamera Bilder von ihrem Ritt. Dann kniete Zaru nieder, sie stieg ab und bedankte sich herzlich bei seinem Besitzer.
„Vielleicht hätten wir Zaru nicht so offen bewundern sollen“, meinte sie kurz darauf. „Damit treiben wir nur den Preis in die Höhe.“
Sam gab ihr recht. „Das ist gut möglich.“
„Vielleicht war das auch unser Fehler bei den Verhandlungen mit den Bayadhis. Wir wollten die Fusion unbedingt. Möglicherweise wäre etwas mehr Zurückhaltung klüger gewesen.“
Sam nickte. „Genau das habe ich auch zu Vater gesagt. Du und ich, wir haben dieselbe Wellenlänge. Diesmal geht es nur um ein Kamel. Aber nach Zarus Rennerfolgen wird Vater tief in die Tasche greifen müssen. Dir beim Reiten zuzusehen war jedenfalls jeden Preis wert. Du schienst dich auf seinem Rücken recht wohlzufühlen. Hast du auch wirklich keine Kamelreitstunden im Park von San Francisco genommen?“, neckte er sie.
„Ich hatte den Eindruck, dass ein Kamel leichter zu reiten ist als ein Pferd. Fast wie ein Schaukelpferd.“ „Aus diesem Grund nennt man sie auch Wüstenschiffe, wegen ihres wiegenden Gangs.“
Vielleicht hatte sie deshalb keine Schmerzen mehr. Sie war nicht auf einem Kamel geritten, sondern auf einem Wüstenschiff geschaukelt.
Eine Stunde später wurde das Abendessen unter einem Zeltdach serviert. Ein appetitanregender Geruch erfüllte die Luft. Claudia und Sam setzten sich zu den anderen Gästen, die auf Ziegenfellen saßen. Frauen in farbenprächtigen langen Kleidern trugen die Speisen auf Tabletts herbei.
Als erfrischend kühle Beilage zu dem gegrillten Lamm servierten sie Fatousch, einen leckeren, mit Zitrone angemachten Salat aus Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Petersilie. Dazu gab es heißes knuspriges Nanbrot, das direkt aus dem Steinofen kam, und mit Sumak, einem säuerlichen Gewürz aus wilden Beeren, besprenkelt war.
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