In der Oase des Scheichs
möchtest du mit dem Landrover zurückfahren? Das wäre für dich wesentlich bequemer.“
„Wie willst du dann die Pferde nach Hause bringen?“
„Ich reite auf meinem und führe Thunder nebenher.“
„Ich komme lieber mit dir.“
„Das habe ich gehofft.“ Er lächelte sie ermutigend an.
Er freut sich also, dass ich ihn begleite, dachte sie. Das ist fast so gut wie ein direktes Kompliment. „Wir müssen uns umziehen“, fuhr er fort. „Verhülle dich, so gut es geht, nur für den Fall …“
Weiter sagte er nichts, doch sie hatte irgendwann gehört, dass ein Sandsturm eine Geschwindigkeit von über hundert Kilometern in der Stunde erreichen konnte. Wenn sie schon in so etwas hineingeraten musste, dann wollte sie wenigstens bei Sam sein. Eigentlich wollte sie immer bei ihm sein, bei Regen, Hagel, Schnee oder an einem warmen Sommertag. Einfach immer.
10. KAPITEL
„Und du bist ganz sicher, dass du schon wieder so weit reiten kannst?“, fragte Sam, als die Stallburschen die Pferde sattelten.
Claudia strich sich über die Hüfte. „Es geht mir wieder gut, dank deiner Wundersalbe.“ Und deiner Berührungen. Aber das dachte sie nur. „Außerdem habe ich mich inzwischen an Thunder gewöhnt.“
„Das ist gut, denn wir müssen uns beeilen.“
Nachdem sie sich bei ihrem Gastgeber bedankt und von den anderen, die ebenfalls aufbrachen, verabschiedet hatten, ritten sie los. Sam drehte sich um und warf einen Blick auf den Himmel, der sich hinter ihnen bereits dunkel verfärbte.
„Was denkst du?“, fragte sie.
„Das sieht nicht gut aus. Länger hätten wir auf keinen Fall warten dürfen.“
Claudia fragte nicht weiter. Sie konzentrierte sich darauf, so dicht wie möglich hinter Sam herzureiten. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sie von einer Sand-wand eingeholt würden, die mit einer Geschwindigkeit von über hundert Kilometern in der Stunde daherkam.
Hin und wieder blickte sie zurück und sah, wie der Sand hinter ihnen durch die Luft wirbelte. Egal, wie schnell sie ritten, der Sturm schien sie wie ein wildes Tier zu verfolgen. Feine Sandkörner drangen ihnen trotz Schutzbekleidung und Sandbrillen in Augen und Ohren. Sie wollte Sam etwas zurufen, doch der Wind warf die Worte zu ihr zurück.
Er drehte sich zu ihr um und deutete zur Seite. Kurz darauf bog er zwischen zwei Felsblöcken in eine Schlucht ab. Erleichtert atmete sie auf, als sie den scharfen Wind hinter sich ließen. Sam half ihr aus dem Sattel und gab ihr aus seiner Karaffe zu trinken.
„Alles in Ordnung?“ Er legte ihr die Hände auf die Schultern. Hinter der Schutzbrille konnte sie seine Augen nicht sehen, aber sie wollte auch gar nicht wissen, wie besorgt er war.
„Ja“, antwortete sie, erschöpft von dem Kampf gegen Wind und Sand. „Wir haben keine Zeit für eine Pause, damit wir unseren Vorsprung nicht verlieren.“
„Haben wir denn einen Vorsprung?“
„Bis jetzt noch. Es könnte schlimmer sein. Viel schlimmer.“
Sie nickte und stieg wieder auf ihr Pferd. Als sie nach einem mehrstündigen scharfen Ritt endlich die Villa in Sidi Bou Said erreichten, kam es ihr vor, als wäre sie Tage unterwegs gewesen. Beim Absitzen glaubte sie, ihre Beine würden sie nicht mehr tragen. Die Anstrengung, Sams Tempo mitzuhalten, hatte sie völlig ausgelaugt. „Wir haben es geschafft“, murmelte sie. Doch Sam hörte sie nicht, und er hatte ihr auch nicht vom Pferd geholfen, denn er war bereits in ein Gespräch mit den Stallburschen vertieft.
„Ich soll mich sofort bei Vater melden“, teilte er ihr wenig später mit. „Irgendetwas ist vorgefallen. Ich gehe schnell duschen, dann rufe ich ihn an.“ Er umfasste ihr Kinn und sah sie lange an. „Du warst großartig heute. Niemand hätte sich besser schlagen können.“ Sacht strich er ihr mit dem Zeigefinger über die Wange. Claudia spürte die feinen Sandkörner auf ihrer Haut. „Zieh deine Kleidung aus, und wasch den Sand ab.“
Sie nickte, ging ins Haus und die Treppe hinauf ins Badezimmer, wo sie sich lange unter den Wasserstrahl der Dusche stellte. Sams Worte gingen ihr immer wieder durch den Kopf: ‚Du warst großartig.‘ Sie ließ sich das angenehm kühle Wasser über Haar und Körper laufen. Es dauerte ewig, bis sie endlich allen Sand abgespült hatte. Danach rubbelte sie sich trocken, bis ihre Haut angenehm kribbelte.
Unter den Sachen, die Amina für sie gepackt hatte, befanden sich ein Baumwollhemd und dazu passende Shorts. Sie zog beides an, dazu Sandalen, und
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