In der Oase
Baumreihen durchzogen sind. Pezedchu wird im Bogen gegen uns ziehen, viele Soldaten an jedem Ende, wenige in der Mitte. Die meisten Männer werden in seinem westlichen Flügel stehen.«
Während er sprach, wurde es um den Tisch, an dem die Männer saßen, allmählich heller. Das Morgenlicht war klar, eine Brise kam auf, doch die Luft war bereits warm und würde rasch heiß werden, und der Bewuchs ringsum raschelte und zitterte unter ihrer Berührung. Überall am Ufer standen die Soldaten auf, gingen zum Waschen ans Wasser, und die nächtlichen Kochfeuer wurden erneut angefacht.
»Versuchst du, mit Pezedchu zu verhandeln?«, fragte Ahmose, als sie den Tisch verließen und, umringt von den Getreuen des Königs, auf dem sonnengefleckten Pfad zu ihrem Zelt gingen. Kamose warf ihm einen scharfen Blick zu.
»Nein, natürlich nicht. Zu was sollte das nutze sein?«, fragte er. Ahmose hob die Schultern.
»Ich weiß auch nicht. Es war lediglich ein flüchtiger Gedanke. Pezedchu weiß besser als sein Gebieter, dass ganz Ägypten, abgesehen vom Delta, in unserer Hand ist. Vielleicht kann man ihn überreden, die Seiten zu wechseln.« Kamose lachte erstaunt. »Ein interessanter Gedanke«, antwortete er. »Aber vermutlich ist der General treu. Das wäre so, als wollte Apophis Hor-Aha abwerben, und das geht über mein Vorstellungsvermögen. Lass uns abwarten, was sich in den nächsten Tagen tut. Wenn wir einen völligen Sieg erringen wollen, müssen wir Pezedchus Selbstvertrauen und vielleicht auch seine Treue ins Wanken bringen. Lass uns in der Wüste warten, aber, Ahmose, zunächst müssen wir beten.«
Das war vor zwei Tagen gewesen. Jetzt bemühte sich Kamose, seine Gereiztheit über das tonlose Gesumm seines Bruders zu unterdrücken. Pezedchu hatte sich nicht weiter gerührt. Oftmals konnte man seine Späher ausmachen, schwarze Flecken, weit entfernt am Horizont und verzerrt von der Hitze und dem gleißenden Licht auf den Sanddünen. Kamoses Späher trieben sich auch in diesem Gebiet herum, nahmen im Näherkommen feste Form an und verschwanden dann langsam wieder in der Ödnis.
Nach so vielen Stunden Spähens in Richtung Oase machten Kamose die Augen zu schaffen, doch er zögerte, seinen Ausguck aufzugeben, und wusste, dass all seine Männer von Anchmahor bis zum niedrigsten Fußsoldaten die gleiche unterschwellige Anspannung verspürten. Und er wusste auch, dass keiner von ihnen diese innerliche Wachsamkeit, gekoppelt mit körperlicher Untätigkeit, noch lange aushalten würde. Ihre Kampfbereitschaft würde erlahmen. Angst vor dem Unbekannten würde sich breit machen und Trugbilder würden sie langsam schwächen.
Allmählich fragte sich Kamose, was er tun sollte, falls das Heer, das aus der Oase kam, wie durch ein Wunder nie eintreffen würde. Sollte er dann selbst zum Angriff gegen den General übergehen? Eine verlockende Aussicht. Seine Finger sehnten sich danach, den Bogen zu spannen. Die Waffen, die an seinem Gurt hingen, Dolch und Schwert, begehrten auf, weil sie nicht benutzt wurden.
Doch endlich, mitten am Nachmittag des dritten Tages, als die Einwohner von Het nefer Apu ruhten und die schlimmste Hitze verschliefen und Kamose der Kopf schwindelte, weil er es ihnen nicht gleichtun konnte, kam ein Streitwagen mit funkelnden Speichen den Weg entlanggerumpelt. Er fuhr bis zu seinem Hügelchen und hielt in einer Staubwolke mit schaumbedeckten und keuchenden Pferden, und der Späher sprang hinten heraus und rannte auf sie zu. Kamose erhob sich. »Gebieter, sie sind da!«, rief der Mann. »Zwei Stunden entfernt, mehr nicht! Sie sind in einer schlimmen Verfassung! Wir müssen sie nur noch wie Vieh im Pferch abschlachten!« Kamose merkte, wie seine Schläfrigkeit verflog. Sein Kopf wurde klar und sein Herz schlug stetig und stark. Ahmose und Hor-Aha standen jetzt neben ihm.
»Wie viele?«, schrie Kamose zurück. Der Mann tanzte fast vor Aufregung.
»Nicht genug!«, rief er. »Der Sieg gehört dir, Majestät! Meine Pferde brauchen Wasser. Entlässt du mich?« Kamose schickte ihn fort und wandte sich an Hor-Aha. Die schwarzen Augen, die ihm zublinzelten, funkelten, die weißen Zähne strahlten zwischen geöffneten Lippen.
»Es hat geklappt, General«, sagte Kamose leise. »Es hat geklappt. Alarmiere die Befehlshaber. Setz die Medjai in Bewegung. Sie sollen den Feind da draußen umzingeln und zusammendrängen, wenn er sich dem Fluss nähert. Schick Nachricht an Paheri, er soll sich bereithalten, und lass meine Divisionen
Weitere Kostenlose Bücher