In der Oase
Tausenden trabender Sandalen. »Mein Schwert ist scharf, aber meine Waffe ist Wepwawets Rache. Mein Schild hängt an meinem Arm, aber mein Schutz ist Amuns Macht. Wahrlich, die Götter sind mit mir, und ich werde die Fluten des Nils wieder spüren, die meinen Leib umfangen, wenn der Feind meines Gebieters leblos zu meinen Füßen liegt…« Andere nahmen die Worte auf, das Lied lief durch die Reihen. Kamose schenkte dem Befehlshaber seiner Leibwache ein Lächeln.
»Das ist kein Bauernlied, Anchmahor«, rief er. »Das ist ein Soldatenlied.« Anchmahor erwiderte das Grinsen.
»Sie sind jetzt allesamt Soldaten, Majestät«, antwortete er, auch wenn seine Worte fast in dem schmetternden Gesang untergingen. Doch gleich darauf wurde der Befehl zum Stillschweigen gegeben und das Lied erstarb.
Jetzt widmete Kamose seine Aufmerksamkeit nicht länger der Staubwolke, sondern ihrer Ursache, einer großen Masse Menschen, die langsam auf ihn zukam und Weg und Sand zu beiden Seiten verdeckte. Anfangs durchzuckte Kamose die Angst, sie könnten in Marschformation marschieren, doch als sie näher kamen, sah er, dass sie vor sich hin stolperten und dass sie abgehackt gingen, als hätten sie Schmerzen. Während er sie beobachtete, hörte er jemanden in den vorderen Reihen deutlich einen Befehl erteilen und Schwerter wurden gezückt, doch die Bewegungen waren unbeholfen und unzusammenhängend.
Sie sind so gut wie tot, dachte Kamose ganz gegen seine Art mitleidig. Ich sollte den Befehl geben, sie zu umzingeln und zu entwaffnen, das wäre nicht schwer, aber wie soll ich sie später durchfüttern und was mache ich danach mit ihnen? Außerdem wollen meine Männer Taten sehen. Sie müssen kämpfen und ich muss Apophis eine unmissverständliche Botschaft schicken.
Die Medjai hatten jetzt zu beiden Seiten des Feindes einen Halbkreis gebildet, hatten die Bogen von der Schulter genommen und Pfeile aufgelegt. Hor-Ahas Streitwagen war langsamer geworden und er selbst stand da und blickte in Kamoses Richtung, hatte den Arm erhoben und wartete. Kamose hob den eigenen Arm und war sich überwältigend bewusst, wie gnadenlos heiß die Sonne herabbrannte und auf dem Sand gleißte, wie grimmig das Schweigen war, das sich über seine Männer gelegt hatte, wie salzig der Schweiß auf seinen Lippen schmeckte, dann winkte er. Mit einem Schrei gab Hor-Aha seinen Medjai ein Zeichen, das mit einem Brüllen aus den Kehlen seiner Landsleute beantwortet wurde. Kamose drehte sich um und sein Zeichen wurde bestätigt. Überall raue Schreie, und dann stürzte sich sein Heer unter Gebrüll auf die Setius.
Das war keine Schlacht, sondern ein Abschlachten von Männern, die halb wahnsinnig vor Durst, schwach und verhungert waren, die benommen versuchten, den Befehlen von Hauptleuten zu gehorchen, die genauso erschöpft und verstört waren wie sie. Stolpernd und taumelnd, mit dem Schwert in der zitternden Hand, wurden sie erbarmungslos niedergemacht. Kamose sah dem brutalen Morden von seinem Streitwagen aus zu und verspürte gar nichts, als die ganze aufgestaute Enttäuschung seiner Männer in einem ohrenbetäubenden Blutrausch entfesselt wurde, während die Setius zu Hunderten beinahe lautlos starben. Sie hatten keine Streitwagen. Sie hatten es offenkundig so weit gebracht, weil sie das für die Pferde bestimmte Wasser getrunken hatten, und als Kamose merkte, dass sie keinen Widerstand leisteten, winkte er seine Streitwagen zurück. Auch die Medjai standen nur noch mit dem Bogen in der Hand da, nachdem sie keine laufenden Ziele mehr fanden, und waren sichtlich enttäuscht.
Lange vor Sonnenuntergang war alles vorbei. Als sich der Lärm legte, ließ sich Kamose um das Schlachtfeld herumfahren, neben sich Hor-Aha und Anchmahor. Seine Männer durchsuchten die Toten nach Beute, stapften sorglos und mit halb nackten, blutverschmierten Leibern durch dunkle Lachen und Rinnsale, die bereits im trockenen Sand versickerten. Anchmahor blickte hoch. »Die Geier kreisen schon«, sagte er und Kamose hörte das Zittern in seiner Stimme. »Die Aasvögel vergeuden keine Zeit, Majestät.« Sein Blick wanderte zu Kamoses Gesicht. »Das war fürchterlicher als alles, was wir bis jetzt getan haben.«
»Hor-Aha, sie dürfen behalten, was sie finden«, sagte dieser. »Erinnere die Hauptleute daran, dass sie Hände abschlagen. Ich will genau wissen, wie viele Setius heute gefallen sind. Schick Späher auf dem Weg zurück. Ich will auch wissen, wo die Streitwagen geblieben sind. Falls sie
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