In der Oase
Gazellenfleisch – gebraten, in Dampf gegart und gesotten –, lagen aufgehäuft für gierige Finger. Dunkelroter Granatapfelsaft machte Flecke auf erlesenem Leinen. Beschlagene Trauben vom Spalier platzten in gierigen Mündern und schmeckten unvergleichlich süß. Es gab Feigen in Honig und Schatbrot und Gebäck mit Nusskruste. Man erbrach das Siegel von Weiß- oder Rotwein und schenkte Krug um Krug in die Becher.
Die Mitglieder der Familie saßen zusammen mit den Fürsten und dem Hohen Priester auf der Estrade hinten im Raum. Aahmes-nofretari war erhitzt, aber offensichtlich glücklich, aß wenig und lehnte sich danach zurück und beobachtete die plaudernden, juwelengeschmückten, geschminkten Festgäste unter sich. Sie hatte eine Hand auf den Schenkel ihres Gemahls gelegt. Ahmose verspeiste alles, was man ihm vorsetzte, mit fröhlicher Hingabe und bot ihr gelegentlich einen Bissen oder einen Schluck von seinem Wein an. Aahotep beendete ihr Mahl mit der gewohnten gemessenen Würde und unterhielt sich dabei ab und an mit Fürst Iasen. Tetischeri kostete nur von den Köstlichkeiten, die Uni ihr vorlegte, ließ sich Bier statt Wein einschenken und übersah bewusst Nofre-Sachuru, die schon früh am Abend berauscht war und sich beschwerte, ihr Fleisch wäre nicht richtig durchgebraten. Ramose sah mit einem nachsichtigen Lächeln zu. Seit ihrer Wiedervereinigung hatte er den Großteil seiner Zeit bei ihr verbracht, war mit ihr im Garten spazieren gegangen, hatte sie in einem von Kamoses Booten auf dem Fluss gerudert, hatte in ihren Gemächern Brettspiele mit ihr gespielt. Ahmose-onch im bauschigen Lendentuch krabbelte und torkelte entzückt unter den Gästen herum, holte sich mit Patschhänden Essen von ihren Tellern und brabbelte Unsinn, während er es sich in den Mund stopfte. Seine besorgte Kinderfrau blieb ihm auf den Fersen.
Kamose selbst aß sich satt, dann stützte er die Ellbogen auf den Tisch und musterte mit einem Becher Wein in den Händen den Saal, der so lange leer gestanden hatte. Und so bekam er langsam etwas Trübseliges und die Familie machte einen Bogen um ihn, ging lieber durch andere Torbögen, doch jetzt erfüllte er seinen Zweck und raunte nicht mehr von seiner traurigen Vergangenheit.
Nofre-Sachurus scharfe Stimme störte seine Tagträume und er sah sie nachdenklich an. Sie ist so tapfer gewesen, so königlich-ruhig an jenem furchtbaren Tag, als ich gezwungen war, Teti hinzurichten, überlegte er. Seit sie hier ist, hat sie sich verändert, was ich ihr jedoch nicht verdenken kann.
»Kamose, was ist los mit dir?«, fragte Tetischeri ihn plötzlich. »So seufzen darf ein Kind, das man von seinem Spielzeug wegzerrt, weil es gebadet werden soll. Und genau das braucht Ahmose-onch jetzt. Sieh ihn dir an! Ein kleiner Prinz, der ganz mit Honig beschmiert ist.«
»Ich habe gerade an Teti gedacht«, antwortete Kamose. Tetischeri warf Ramoses Mutter einen Blick zu.
»Nein, das hast du nicht«, gab Tetischeri zurück. »Ich bin deiner Meinung, Kamose. Sie muss beobachtet werden, solange die Fürsten hier weilen. Sie ist ein undankbarer Bauerntölpel und eine Last. Ein Jammer. Ich erinnere mich noch gut an sie aus ihren Tagen als zuvorkommende Gastgeberin und leutselige Gouverneursfrau.«
»Der Krieg hat uns alle verändert«, sagte Kamose. »Bis zu dieser Stunde, diesem Fest haben wir einen langen, dunklen Weg hinter uns gebracht. Wir frohlocken, aber trotzdem sind wir verwundet.«
»Nicht so schwer wie Apophis«, antwortete sie bissig. »Der hat sein Land verloren. Und da wir gerade bei Schlangen sind, weißt du, dass die Hausschlange nicht zurückgekommen ist? Aahmes-nofretari macht sich Sorgen. Für sie ist die Ablehnung ein Fluch für ihre Schwangerschaft.« Kamose lachte.
»Typisch meine liebe Schwester!«, sagte er stillvergnügt. »Sie ist wirklich zu abergläubisch. Die neue Schlange, die mit dem Duft von frischer Milch angelockt wird, tut mir jetzt schon Leid. Sie bekommt es mit Ahmose-onch zu tun.« Er stand auf und nickte dem Herold zu, der auf der Estradenkante hockte, und auch Achtoi, der hinter ihm stand. Als er sich erhob, wurde es leiser im Saal und die kräftige Stimme des Herolds machte dem Lärm ein Ende.
»Ruhe für den Starken Stier der Maat, Unterwerfer der Setius, Geliebter Amuns, Seine Majestät König Kamose Tao!« In der sofort einsetzenden Stille blickte Kamose auf ein Meer von Gesichtern, die trotz der an den Wänden flackernden Fackeln vor ihm verschwammen.
»Bürger
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