In der Oase
von Waset, Diener Amuns, Freunde Ägyptens«, sagte er laut. »Heute Abend feiern wir den Höhepunkt von zwei Jahren Kampf, herzzerbrechendem Kummer und Sieg. Heute Abend ist das Ende der Setiu-Vorherrschaft und die Rückkehr zu einer gesundeten, prächtigen und völlig wiederhergestellten Maat abzusehen. Ihr alle seid mir treu gefolgt. Ihr habt mir euer Vertrauen geschenkt. Eure Waffen sind mir zuliebe erhoben worden. Ich wiederum verspreche euch eine gute und gerechte Verwaltung, wenn der Horusthron endlich wieder an seinem Ehrenplatz hier in Waset steht und eine wahre und heilige Inkarnation darauf sitzt.« Er verstummte, war sich jäh bewusst, dass der Blick seines Bruders auf ihm ruhte. Er drehte sich um und winkte Achtoi, und der legte ihm einen Kasten aus duftendem Zedernholz in die Arme. »Zur Zeit meiner Vorfahren war es Brauch, dass der König Krieger mit dem Gnadengold und Tapfere mit dem Fliegengold belohnte. Ich freue mich, dass ich diese uralte und ehrwürdige Sitte aufleben lassen kann.« Er hob den Deckel und holte die erste Kette heraus, wog sie bedächtig in der Hand. »Amuns Goldschmiede haben unseren Sieg vorausgesehen und erneut das Gnadengold angefertigt. Sie sind heute Abend unter uns. Ich danke ihnen für ihre wunderschönen Kunstwerke und für den Glauben an mich und an die Macht Amuns.« Überraschtes Gemurmel und Bewunderungsrufe waren zu hören, als er die Kette hochhielt. Ihre breiten, eng aneinander liegenden Ringe waren so viel wert wie die Kornernte von zehn Jahren auf jedem ihrer Anwesen, und das wussten sie auch. »Ramose!«, rief Kamose. »Tritt vor und sei der Erste, der die Dankbarkeit deines Gebieters empfängt. Ich verleihe dir das Gnadengold, weil du aus freien Stücken deinen Kopf in den Rachen der Schlange gelegt und damit die Vernichtung des Feindes in der Wüste ermöglicht hast. Sei versichert, dass du zu den mächtigsten Männern Ägyptens zählen wirst, wenn unser Kampf endlich gewonnen ist.« Ramose hatte seine Mutter verlassen und näherte sich der Estrade. Dort stand er verlegen und blickte lächelnd zu Kamose hoch.
»Das hätte ich nie erwartet, Majestät«, sagte er. »Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Und dadurch alles verloren«, erwiderte Kamose leise. »Tritt näher, mein Freund. Das Gold wird dir hervorragend stehen.« Er bückte sich und legte Ramose die Kette um den Hals. »Nimm hin das Gnadengold und die Gunst deines Königs«, sagte er laut. Diese Worte hatte man seit Hentis nicht mehr in Ägypten gehört und das wussten alle. Im Saal herrschte ehrfürchtige Stille. Einen Augenblick lang rührte sich niemand, dann klatschten auf einmal alle und schrien dazu: »Ramose, Ramose!« und »Lang lebe Seine Majestät!«
»Jetzt bist du an der Reihe, Fürst Anchmahor«, sagte Kamose. »Jeden Abend gehst du durch meine Gemächer und sorgst dafür, dass die Getreuen des Königs auf Posten sind. Hast du überhaupt schon gegessen? Komm her.« Anchmahor war tatsächlich hinten im Saal gewesen und hatte in das Dunkel zwischen den windgeschüttelten Palmen hinausgespäht. Erschrocken fuhr er herum, als er Kamoses Stimme hörte. »Anchmahor, Befehlshaber der Getreuen des Königs«, sagte Kamose. »Du bist mir ohne zu zaudern gefolgt, obwohl du dadurch viel zu verlieren hattest. Deine Gegenwart ist mir Trost und Kraft gewesen. Dein Mut in der Schlacht ist unübertroffen. Nimm hin das Gnadengold und die Gunst deines Königs.« Ernst senkte Anchmahor den Kopf, dann ruhte die schwere Kette auf seiner Brust.
»Du bist großzügig, Majestät«, sagte der Fürst ruhig. »Ich verdiene diese Ehre nicht, aber ich gelobe, dir so lange zu dienen, wie Atem in mir ist. Ich und meine Familie, wir werden stets deine Diener sein.«
»Ich weiß«, antwortete Kamose. »Es wäre sinnlos, dir mehr Land oder größere Reichtümer anzubieten, denn du bist bereits ein wohlhabender Mann, aber ich verspreche dir die Stellung eines Wesirs, wenn ich, so Amun will, der Einzig-Eine bin. Du bist klug und verlässlich.« Er musterte den Saal, als Anchmahor wieder im Schatten am Rand der Menge untertauchte. »Kay Abana, wo bist du?«, rief er laut. »Wo bist du?«
»Ich glaube, ich bin noch immer hier, Majestät«, dröhnte Abanas Stimme irgendwo hinten. »Aber ich muss gestehen, dein Wein ist so gut, dass ich an diesem Abend nicht mehr recht weiß, wer ich bin.« Unter schallendem Gelächter kam er mühsam hoch. Kamose betrachtete ihn mit gespieltem Ernst.
»Wer ist die Frau, die an deinem Bein
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