Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
gebrandschatzt und gekämpft. Die Farbe, die hier am meisten leuchten wird, ist das Rot des Bluts, das Blau der Tränen, und das wird die Geschichte meines Lebens sein. Wage ich es, einen solchen Bericht in Auftrag zu geben, wo ich noch nicht einmal Ägypten befreit habe und meine Taten wahrscheinlich nicht durch eine königliche Bestattung wettgemacht werden können?
    Als er halb blind aus dem dämmrigen Gang kam, blieb er stehen und blickte über die sandige Ebene, die zwischen den Felsen von Gum hinter ihm und dem dünnen Streifen Grün dahinter lag, der den Nil kennzeichnete. Zu seiner Rechten schmiegte sich die Pyramide von Osiris Mentuhotep-neb-hapet-Re an die übereinander getürmten Felsen und vor ihm ragten hier und da andere kleine Pyramiden aus der sonnengedörrten Ödnis, jede mit einem Hof und einer niedrigen Mauer. Hier lagen seine Vorfahren, einbalsamiert und wahr an Stimme, die großen Könige seines geliebten Landes, in deren Schatten er wie ein Zwerg herumlungerte. Das hier waren nicht die mächtigen Götter des Anfangs, deren Grabmäler sich in all ihrer Ehrfurcht gebietenden Größe in der Nähe des Deltas erhoben. Die hier waren und standen ihm näher, starke, weise Männer, von deren göttlichem Blut, wenn auch verwässert, noch eine Spur in seinen Adern rann. Ich muss mich vor euch nicht schämen, sagte er im Geist zu den gedrungenen Gebäuden, die in der Mittagshitze flimmerten. Ich habe getan, was ich konnte, und so Amun will, werde ich noch mehr tun.
    Die Astrologenpriester hatten nach Prüfung ihrer Karten und einer Beratung befunden, dass Ahmes-nofretaris kleines Mädchen den Namen Hent-ta-Hent erhalten solle. Ein gewohnter, altüberlieferter Name ohne schlimmen Beiklang. Sie würde sich in den Jahren, die ihr die Götter schenkten, guter Gesundheit erfreuen. »Das ist nicht genug«, beschwerte sich Aahmes-nofretari gegenüber Kamose bei einem seiner häufigen Besuche im Kinderzimmer. »Zuerst geben sie ihr einen völlig nichtssagenden Namen, und dann drücken sie sich um eine genaue Aussage.« Sie beugte sich über die schlafende Kleine und tupfte mit der Fingerspitze zärtlich einen Schweißtropfen an ihrer Schläfe fort. »Falls sie sterben muss, dann sollten sie das auch sagen. Ich habe schon ein Kind verloren. Ich möchte mein Herz nicht an dieses hängen, falls es mir genommen wird.«
    »Die Astrologen können sich täuschen«, sagte er. »Du darfst dein Herz aufgrund der Worte von ein paar alten Männern nicht verschließen, Aahmes-nofretari. Hent-ta-Hent kann doch nichts dafür. Sie braucht deine Liebe.«
    »Und ich brauche Ahmose.« Sie schüttelte seinen Arm ab und blickte ihn kühl an. »Unsere Ehe ist weiter nichts als eine Abfolge von Abschieden, gefolgt von Zeiten schrecklicher Angst, darunter ein paar kurze Augenblicke des Glücks. Wenn du ihn zum Angriff auf Auaris mit ins Delta nehmen würdest, ich würde anders fühlen, aber warum musst du ihn nach Wawat mitschleifen?« Sie hob die Hände. »Ist das alles, worauf ich mich freuen kann? Langeweile, Kinderaufzucht und Strohwitwe? Lass ihn dieses Mal hier bei mir!«
    »Aber ich brauche ihn«, entgegnete Kamose. »Ich nehme alle Medjai und eintausend einheimische Männer mit nach Wawat. Die Fürsten und Befehlshaber sind fort. Allein kann ich den Süden nicht in den Griff bekommen.«

»Du hast Hor-Aha.« Dieses Mal antwortete er nicht sofort und sie stürzte sich auf die Pause. »Kamose, du vertraust dem General nicht mehr völlig, oder?«, sagte sie. »Warum nicht? Hat sich während des letzten Feldzugs etwas zugetragen?« Er schüttelte den Kopf, doch ihre Weitsicht hatte ihm kurz die Fassung geraubt.
    »Nein«, sagte er. »Es hat sich nichts zugetragen. Ich würde Hor-Aha mein Leben anvertrauen und ich weiß, dass er mich bis zum letzten Atemzug verteidigen würde. Es ist nur…« Er konnte seine Gefühle nicht in Worte fassen. »Es ist weiter nichts als ein flüchtiges Unbehagen. Vielleicht hat die Abneigung der Fürsten gegen ihn ein wenig auf mich abgefärbt.«
    »Vielleicht. Teilt Ahmose sie auch?«
    »Da bin ich überfragt«, antwortete Kamose, als sie auf dem Flur standen. »Man kommt nur schwer dahinter, was er denkt.« Sie blickte ihm mitten ins Gesicht.
    »Nein«, sagte sie. »Ich schon.« Ihre Augen funkelten böse. Sogar ihr Gang ist anders geworden, dachte Kamose. Ich erkenne Tetischeri in ihr. Sie ist nicht mehr so wehrlos und bescheiden. Eines Tages wird sie eine beeindruckende Frau sein, aber ich trauere ein

Weitere Kostenlose Bücher