In der Oase
wenig dem sanften Mädchen nach, das so nahe am Wasser gebaut hatte.
Eine Aufgabe allerdings machte ihm Spaß, nämlich das Diktieren der beiden Texte, die auf zwei Stelen für den heiligen Bezirk Amuns gemeißelt werden sollten. Auf der ersten Stele beschrieb er den Kriegsrat mit den Fürsten in den schlimmen und ungewissen Tagen, ehe die Medjai gekommen waren und er seinen verzweifelten Feldzug nach Norden begonnen hatte. »Horus auf seinem Thron, Geliebter der zwei Göttinnen der stetigen Denkmäler, Goldhorus, Befrieder der Zwei Länder, König von Ober-und Unterägypten, Uaschtperra, Sohn des Re Kamose, gegeben für alle Zeit, Geliebter Amun-Res, des Herrn von Karnak.« Und dann beschrieb er in der offiziellen Sprache der Dokumente und öffentlichen Erklärungen die Ereignisse, an die er sich so gut erinnerte. »Die Menschheit soll mich als den mächtigen Herrscher von Waset preisen«, endete er mit einem Wunsch, von dem er wusste, dass es ein frommer Wunsch war. »Kamose, der Beschützer Ägyptens.«
Die zweite Stele begann mit seinem Angriff auf Chemmenu und beschrieb dann chronologisch das Abfangen von Tetis Brief an Apophis, den Marsch nach Norden, die Zerstörung der Oase ohne Blutvergießen und den folgenden Sieg über Kethuna und seine erschöpften Männer. »Bring diese Texte zu Amunmose, ein Tempelsteinmetz soll sie meißeln«, sagte er zu seinem Schreiber. »Sie werden im Vorhof aufgestellt, damit alle erfahren, wie ich mich bemüht habe, den Ägyptern Ägypten zurückzugeben.« Er warf sich auf den Stuhl seines Vaters. »Nein, sie sind mehr für kommende Generationen gedacht«, sagte er leise. »Man soll mich in guter Erinnerung behalten, Ipi. Ich möchte, dass mich die Menschen verstehen.«
»Ich weiß, Majestät«, antwortete Ipi. »Und ich weiß auch, dass du glaubst, du stehst bald im Gerichtssaal. Deine Worte können die Dinge nicht verbergen, die ich darunter spüre. Doch so Amun will, trifft das nicht ein. Ich möchte sehr gern zu deinen Füßen neben dem Horusthron sitzen!« Kamose rang sich ein Lächeln ab.
»Danke, mein Freund«, sagte er. »Und jetzt mach dich an die Arbeit.« Als Ipi unter Verbeugungen mit der Palette unter dem Arm gegangen war, saß Kamose immer noch da und starrte auf die verschwommene Spiegelung seiner gefalteten Hände auf der schimmernden Tischplatte. Ich möchte nicht im Gerichtssaal stehen, dachte er müde. Ich möchte mit den anderen Inkarnationen des Gottes in der Himmelsbarke fahren, nachdem ich Doppelkrone und königliche Insignien abgelegt und meinem Nachfolger ein geeintes Land übergeben habe. Tu mir das nicht an, Amun, mein Vater. Mach, dass sich das Orakel geirrt hat und ich in künftigen Jahren auf meine Qualen zurückblicke und darüber lache.
Er bemühte sich nach besten Kräften, sich von dem sommerlichen Frieden gefangen nehmen zu lassen, schwamm, stand im Tempel und betete, speiste das immer abwechslungsreichere Essen, das man mit Fortgang der Ernte vor ihn hinstellte, ja, er spielte sogar mit dem entzückenden Ahmose-onch, doch er war ein Hochstapler, ein Schauspieler, der seine Rolle spielte und dennoch die Augenblicke bis zum Ende der Vorstellung zählte.
Als die Schiffe ausgebessert waren, schickte Kamose seinem Bruder Nachricht, dass sie im Morgengrauen des nächsten Tages aufbrechen würden, doch er überbrachte ihm die Nachricht nicht persönlich. Er mochte seiner Schwester nicht in die Augen sehen.
Er bat um ein Treffen zwischen ihm, seiner Mutter und Großmutter nach dem Mittagsschlaf in Tetischeris Gemächern. Uni führte ihn in einen Raum, in dem zwei Mädchen die heiße Luft mit Fächern bewegten. Tetischeri hatte offensichtlich gerade ihr Lager verlassen. Die Laken waren zerknüllt, ihre Kopfstütze lag auf dem Fußboden. Aahotep lehnte an der Fensterbank und die Straußenfedern kitzelten sie beinahe am Rücken, während sie den müden Garten unten betrachtete. Bei seinem Eintreten drehte sie sich um und schenkte ihm ein Lächeln. »Ich habe die ganze Geschäftigkeit auf dem Fluss gehört«, sagte sie statt einer Begrüßung. »Vermutlich bedeutet das Aufbruch, Kamose. Ich konnte heute Mittag nicht schlafen.« Rasch ging er zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die glatte Wange. Sie duftete nach Lotosöl und Essenz von Akazienblüten.
»Tut mir Leid, wenn der Lärm deine Ruhe gestört hat«, erwiderte er pflichtschuldigst und sie lachte.
»Nein, das tut es nicht, weil er nämlich unvermeidlich ist. Ich war nur zu unruhig zum
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