In der Oase
fort und durch die Überschwemmung von Ägypten abgeschnitten bist?« Kamose hob die Schultern.
»Das Hochwasser dürfte auch ihn behindern«, meinte er. »Das Land wird zum riesigen See und Heere können sich nur am Wasserrand bewegen. Ich werde, glaube ich, mit dem Schiff fahren, dann kann ich das zurückgehende Hochwasser zur schnelleren Rückfahrt nutzen.« Er atmete tief aus. »Ich möchte eigentlich nicht«, gestand er. »Alles in mir wehrt sich dagegen. Aber ich muss. Das bin ich Hor-Aha schuldig.« Nach kurzem Schweigen sagte Anchmahor:
»Das verstehe ich durchaus. Es ist Maat und dient der Ausgewogenheit, und die muss erhalten bleiben. Ich habe mich mit den anderen Fürsten unterhalten. Sie sind reisefertig und würden dir Lebewohl sagen, wenn in deinem Haus nicht eine Geburt unmittelbar bevorstünde.« Er lächelte. »Ein Festtag für deine Familie.« Kamose umarmte ihn.
»Mögen deine Sohlen festen Tritt finden, Anchmahor«, sagte er. »Überbringe deiner Gemahlin meine Grüße.«
Eine Stunde später gebar Aahmes-nofretari ein Mädchen und Kamose und Ahmose ließen ihr Abendessen im Stich, als Uni sie rief. Ihre Schwester hatte den Geburtsstuhl verlassen, ruhte auf ihrem Lager und hatte die Kleine bereits an der Brust, als sie den Raum betraten. Schweißfeuchtes Haar lag ihr auf den Wangen und hing ihr strähnig auf die nackten Schultern. Aus dem Weihrauchgefäß vor dem Abbild des Gottes Bes stieg eine dünne Rauchwolke hoch, stand in der heißen, stickigen Luft, und Raa zog gerade die Fenstermatten hoch, als Kamose näher trat und der jungen Frau einen Kuss auf die heiße Stirn gab. »Gut gemacht«, sagte er und trat beiseite. Ahmose sank auf die zerwühlten Laken, nahm ihre Hand in seine und streichelte seine Tochter zärtlich mit der anderen.
»Sieh dir nur diesen schwarzen Schopf an!«, sagte er bewundernd. »Und was für eine niedliche, kleine Stupsnase! Sie ist jetzt schon hübsch, Aahmes-nofretari.« Seine Frau lachte.
»Sie ist rot und runzlig und sehr gierig«, erwiderte sie. Dann wurde ihre Miene ernst. »Ahmose, ich weiß, dass du einen Sohn haben wolltest«, flüsterte sie. »Bitte verzeih mir. Glaubst du, ich habe einen Sohn getragen und mein Zorn über Tani hat ihn betrübt und er hat sich in ein Mädchen verwandelt?« Ahmose beugte sich vor und drückte beide fest an sich.
»Nein, Liebes«, sagte er mit Nachdruck. »Und mach dir keine Sorgen. Ich liebe dich. Ich liebe dieses Kind. Wir machen noch mehr Kinder, Jungen und Mädchen. Wie könnte dieser Winzling mir wohl nicht teuer sein, ganz gleich, welches Geschlecht er hat? Wie kannst du nur dir die Schuld an etwas geben, was die Götter bestimmt haben? Wir freuen uns zusammen, dass ihr beide gesund seid. Sie ist vollkommen, nicht wahr?« Und dann murmelten sie miteinander, während die Kleine Aahmes-nofretaris Brustwarze freigab und einschlief. Kamose sah ihnen eine Weile nachsichtig zu, dann zog er sich still auf den Flur zurück und von dort in die Kühle des Empfangssaals. Hier traf er seine Mutter und Großmutter beim Abendessen.
»Aahmes-nofretari sieht gut aus, nicht wahr?«, meinte er.
»Ja, das tut sie«, beantwortete Aahotep seine Frage, während er sich auf ein Kissen neben ihr sinken ließ und seinen vernachlässigten Teller zu sich heranzog. »Für eine dritte Schwangerschaft haben die Wehen jedoch lange gedauert und die Hitze hat es noch schlimmer gemacht.«
»Jammerschade, dass es ein Mädchen ist«, warf Tetischeri ein. »Ein männlicher Nachkomme ist nicht genug. Ahmose-onch gedeiht zwar prächtig, aber wer weiß. Wir brauchen zwei, drei weitere Söhne, um die Nachfolge zu sichern.«
»Nicht jetzt, Tetischeri«, bat Aahotep müde, aber humorvoll. »Ich möchte das hier aufessen und dann sehr lange schlafen. Wir werden die Astrologen befragen. Die werden dem Kind einen Namen geben und eine Voraussage für seine Zukunft machen, doch beides zählt nicht sehr viel. Du weißt genauso gut wie ich, dass Aahmes-nofretari erneut schwanger ist, wenn das Hochwasser zurückgeht. Es wird noch reichlich Taos geben.«
»Hoffentlich behältst du Recht«, sagte Tetischeri kummervoll. Sie kaute nachdenklich und dann wandte sie sich an Kamose, der seinen Teller mit einem Stück Schwarzbrot sauber wischte. »Die Fürsten und ihr Gefolge sind fort«, meinte sie. »Ich habe den Tumult ihres Aufbruchs in Aahmes-nofretaris Gemächern gehört. Wir haben schon Anfang Epiphi, Kamose. Bist du wirklich fest entschlossen, nach Wawat zu
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