In der Oase
Schlafen.«
»Also, ich nicht«, murrte Tetischeri. »Ich habe geschlafen wie eine Tote. Sieh mich an! Kamose, du hättest ruhig noch eine Stunde warten und mir Zeit zum Baden und Ankleiden geben können.«
»Tut mir Leid«, wiederholte Kamose. »Aber du hast Uni erlaubt, mich einzulassen. Bitte, schick deine Fächerträgerinnen fort, Großmutter.«
»Ach, so ist das.« Sie wurde munterer und gab den jungen Frauen einen Wink, die sofort die Fächer hinlegten und unter Verbeugungen das Zimmer verließen. »Ein Kriegsrat.« Im Zimmer war es nach dem Weggang der Dienerinnen drückend. Kamose merkte, wie ihm der Schweiß das Rückgrat entlanglief, als er seiner Mutter einen Schemel heranzog, ihn neben Tetischeri stellte und sich selbst auf die Bettkante hockte.
»Irgendwie schon«, bestätigte er. »Ich breche morgen früh nach Wawat auf und hoffe, dass ich schneller bin als das Hochwasser. Aber wenn ich erst im Süden bin, hält mich die Überschwemmung fest. Ich habe vor, mit dem letzten Hochwasser zurückzufahren, doch das kann Ende Tybi werden.«
»Sechs Monate von heute an«, warf Tetischeri nachdenklich ein. »Ausreichend Zeit, um die Wilden zu unterwerfen, die die Dörfer in Wawat plündern, Buhen zu überprüfen, herauszufinden, was Teti-en so treibt, und eine Ladung Gold mit nach Hause zu bringen.«
»Warum sollte ich Buhen überprüfen?« Kamose stellte sie auf die Probe.
»Weil ein ausgebessertes und neu befestigtes Buhen deine südliche Grenze gegen den abgefallenen Ägypter sichert«, sagte sie langsam und deutlich, als spräche sie mit einem Kind. »Dann kannst du heimkommen und deine Energien auf Auaris sammeln, ohne dass du dich sorgen musst, dass es eine zweite Front gegen dich gibt.« Er nickte.
»Ich schicke euch beiden ausführliche Berichte über das, was sich tut«, sagte er. »Während meiner Abwesenheit habt ihr wie früher volle Gewalt über die Nomarche. Wenn die Ernte vorbei ist, sagt ihr Anchmahors Sohn Harchuf, er soll draußen in der Wüste Kriegsspiele anordnen. Nimm dazu den Rest der Soldaten aus Waset. Sie dürfen während der Überschwemmung nicht müßig sein und müssen schlagkräftig bleiben.« Er schwieg und wartete auf ihre Antwort, doch als keine kam, fuhr er fort: »Ich habe über euren Vorschlag nachgedacht, Spione für Auaris anzuwerben. Es ist eine gute Idee. Ramose soll euch dabei helfen.«
»Nimmst du den nicht mit?«, warf Aahotep ein. »Bitte, tu das, Kamose. Zum einen wird er enttäuscht sein, dass er hier bleiben muss, zum anderen gefällt mir die viele Zeit nicht, die er bei seiner Mutter verbringt.« Kamose blickte erstaunt.
»Was meinst du damit?«
»Sie meint, dass Ramose seit dem Tag eurer Rückkehr ständig bei seiner Mutter gehockt hat«, fuhr Tetischeri dazwischen. Sie hörte sich verächtlich an. »Sie hat jeden Augenblick seine Aufmerksamkeit gefordert. Nofre-Sachuru hasst uns allesamt. Sie träufelt ihm Mal für Mal Gift ins Ohr.«
»Woher wisst ihr das?«, fragte er. Aahotep legte ihm beschwichtigend die Hand aufs Knie.
»Du musst kein schlechtes Gewissen haben«, sagte sie. »Du bist mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen. Ramose schläft mit Senehat. Und die erzählt uns alles.« Kamose blickte von einer gesetzten Miene zur anderen. Zwei Paar gerissene braune Augen erwiderten den Blick.
»Wollt ihr damit sagen«, fing er vorsichtig an, »dass Nofre-Sachuru euren Argwohn erregt hat und ihr Senehat absichtlich auf Ramose angesetzt habt, dass sie ihn verführt und für euch spioniert?«
»Nein, das haben sie nicht«, erklang eine Stimme auf der Schwelle. Erschrocken fuhr Kamose herum und erblickte Aahmes-nofretari, die mit schmalem Mund durchs Zimmer kam. »Ich war das. Ich verwahre mich dagegen, von diesen Überlegungen ausgeschlossen zu werden, Kamose. Ich verwahre mich dagegen, wie ein kleines Mädchen verhätschelt und verwöhnt zu werden. Vielleicht siehst du ja Tani, wenn du mich anschaust, aber lass dir versichern, dass ich ganz und gar nicht wie meine Schwester bin. Ich habe es satt, von dir übersehen zu werden.« Sie ging zum Fenster, drehte sich in den Raum, lehnte sich an den Fenstersturz und verschränkte die Arme. »Werft mich hinaus, wenn ihr wollt, aber Großmutter erzählt mir später ja doch, was hier besprochen worden ist. Ich übernehme die Verantwortung für Senehat. Natürlich habe ich mich zuerst mit Mutter beraten.« Sie lächelte grimmig. »Senehat ist schlau und Nofre-Sachuru sehr dumm. Sie argwöhnt gar nichts.
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