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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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die Kleine im Arm seiner Schwester. Amunmose war mit seinen Tempeldienern und Weihrauch gekommen. Anchmahors Sohn wartete mit den Getreuen des Königs an der Laufplanke. Achtoi, der im Frühlicht an Deck stand, wirkte verdrossen. Das Abschiedsritual verlief ohne großen Kummer oder Tränenströme. Wawat würde nicht gefährlich werden. Nur dass so viel Zeit zwischen der Einschiffung und der Heimkehr lag. »Dieses kleine Bündel wird sich in fünf Monaten schon allein aufsetzen können«, sagte Ahmose zu seiner Frau. »Raa soll ihr keinen Honig geben, Aahmes-nofretari. Sonst will sie später nicht essen. Du weißt ja, wie Ahmose-onch immer nach Süßigkeiten giert.« Er küsste sie. »Mach dir keine Sorgen, wenn meine Botschaften wochenlang bis zu dir brauchen«, sagte er. Sie streichelte seine Wange.
    »Ich habe keine Angst um dich oder mich«, gab sie ruhig zurück. »Natürlich bete ich für dich, aber ich habe viel zu tun, Ahmose. Bring mir Goldstaub für die Augenlider mit. Den soll man in Wawat mit den Händen schöpfen können.«
    Amunmoses Gesang hatte geendet. Die Kapitäne warteten und die Steuermänner waren auf ihren hohen Sitz geklettert. Die Bootsleute standen zum Hissen der Segel bereit. Nur Nofre-Sachuru hielt sich abseits von den anderen, weinte und klammerte sich an ihren Sohn, dass der ganz verlegen wurde und sich von ihr losreißen musste. Die drei Männer schritten durch die schützende Gasse der Getreuen, liefen die Laufplanke hoch und gaben den Befehl zum Ablegen. Erleichtert, aber mit Gewissensbissen sah Kamose das viele Wasser, das allmählich zwischen ihm und seiner Familie lag. Er winkte einmal, dann kehrte er das Gesicht gen Süden.
     
    Dritter Tag im Mesore. Grüße an die Große Königin Tetischeri, meine Großmutter. Der Überbringer dieses Briefes sollte Kay Abana sein, der mit seinem Vater Baba auf dem Weg nach Norden, nach Het nefer Apu ist. Nachdem wir reichlich Natron und Lotsen an Bord genommen haben, die uns wohlbehalten nach Swenet bringen werden, wollen wir morgen früh in Necheb aufbrechen. Ich habe im Tempel der Nachbet geopfert und sie als Beschützerin der Könige gebeten, ihre Fittiche über mich zu breiten. An Pi-Hathor und Esna bin ich vorbeigefahren. Beide Häfen sympathisieren mit den Setius und sind durch Wawat und uns isoliert und daher ohnmächtig. Behandle die Abanas mit aller Höflichkeit und vergiss nicht, ihnen zu sagen, dass sie dir berichten müssen, wenn sie bei der Flotte sind. Sorge dafür, dass die Nachrichten, die du von mir erhältst, auch an meine Mutter und Schwester weitergegeben werden. Dem Oberschreiber Ipi diktiert und mit eigener Hand unterzeichnet. Kamose.
     
    Zehnter Tag im Mesore. Grüße an die Große Königin Tetischeri, meine Großmutter. Die Stadt Swenet ist staubig und karg, dennoch liegen hier viele mächtige ägyptische Könige bestattet und es gibt ausgedehnte Granitsteinbrüche.
    Kurz bevor wir zu der Insel kamen, sahen wir, dass der Nil breiter wird und die Insel selbst sich majestätisch aus einem Fluss voller Strudel und Wirbel erhebt. Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Ort die offizielle Grenze zwischen Ägypten und dem Süden ist, denn gleich hinter Swenet kommt der erste Katarakt.
    Die Lotsen, die wir in Necheb eingestellt haben, sind nach Haus gefahren und ich nehme jetzt Einheimische, die mich durch das Wildwasser leiten sollen. Sie erzählen uns, dass König Osiris Senwasret vor vielen Hentis einen großen Kanal hat bauen lassen, der durch den Katarakt führt. Davon haben wir gehört, und natürlich habe ich ihn auf den Landkarten verzeichnet gefunden, aber ein paar Striche auf Papyrus vermitteln nichts von der Gewalt und Gefahr der Felsen für unsere Schiffe. Ich hege ernstlich Zweifel, ob wir der Baumeistergabe des Göttlichen sowie den Kenntnissen der neuen Lotsen trauen können, habe aber keine andere Wahl.
    Die Medjai werden immer aufgeregter, je näher wir ihrer Heimat kommen. Jeden Abend singen und tanzen sie, wenn sie von Bord gehen dürfen. Die Fußsoldaten sehen dieses fremde Land mit scheelem Blick, doch heute sind sie mit ihren Hauptleuten auf den Markt von Swenet gegangen. Jetzt, da ich beim Katarakt angekommen bin, möchte ich Ägypten nicht Lebewohl sagen und in die Wildnis von Wawat ziehen.
    Ich vertraue darauf, dass ihr von den Fürsten die ersten Berichte bezüglich ihrer Ernte und des Zustands ihrer Nomarchen erhalten habt. Wartet nicht zu lange damit, die noch Schweigenden an ihre Pflicht zu gemahnen.

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