In der Oase
sich einen windverwehten Zopf ihrer Perücke vom Mund und blickte ihn zaghaft an, denn vielleicht lachte er sie ja aus, aber was sie sah, machte ihr Mut. »Ich habe Scheingefechte für sie erfunden«, sagte sie beinahe flüsternd, »aber in Strategie bin ich nicht gut, weil ich keine Erfahrung in der Schlacht habe. Ich teile die Männer auf und stelle einige hinter Felsen und auf Hügelkuppen, na ja, so. Das alles gefällt mir sehr, Kamose.« Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte, er war zu überrascht.
»Aahmes-nofretari«, sagte er sanft, »du hast Recht gehabt, als du mich gescholten hast, weil ich dir nichts zutraue, aber findest du nicht auch, dass du es zu weit getrieben hast? Du musst mir nichts beweisen. Ich vertraue dir völlig.« Sie wandte ihm das hochrote Gesicht zu.
»Du hast nicht zugehört«, protestierte sie hitzig. »Dein Hauptmann billigt mein Eingreifen. Die Männer erwarten, dass sie mich jeden Tag zu sehen bekommen. Sie machen mir Freude. Glaube ja nicht, dass ich mich für ihre Ausbildung und ihr Wohlergehen interessiert habe, weil mir mein Mann fehlt oder ich im Haus nicht genug zu tun habe.« Sie überholte ihn mit zwei raschen Schritten und stellte sich vor ihn, was ihn zwang, abrupt stehen zu bleiben. »Ich möchte nie so schwach wie Tani werden«, sagte sie leise. »Ich möchte niemals morgens aufwachen und feststellen, dass ich keinen Mut, kein Selbstbewusstsein oder keinen Willen habe, weil ich es zugelassen habe, dass Kinderkriegen und die sanften Künste der Frauen mich unangemessen fügsam gemacht haben. Ich bin nahe daran gewesen, Kamose. Ach, bitte, verbiete mir diesen Dienst nicht!«
Kamose verbiss sich die Feststellung, dass ihre Schwester weder dem Kinderkriegen noch den sanften Künsten der Frauen erlegen war, sondern einem gerissenen und skrupellosen Gegner.
»Hast du mich heute deswegen angesprochen?«, fragte er noch einmal. »Wenn das so ist, brauchst du keine Angst zu haben. Ich werde mit meinen Befehlshabern und meinen Hauptleuten sprechen. Falls sie dein Lob ehrlich singen, darfst du weiter mit ihnen arbeiten, vorausgesetzt, das Wort meines Befehlshabers ist dir Gesetz. Von den zweitausend Mann, die ich hier in Waset gelassen habe, werden nur eintausend dableiben. Den Rest nehme ich mit nach Norden, die Medjai natürlich auch. Befriedigt das deinen Durst nach Tod und Zerstörung?« Flüchtig schimmerte die Aahmes-nofretari früherer Zeiten durch. Tränen schossen ihr in die Augen und ihre Lippen bebten. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Danke, Majestät«, sagte sie. »Nein, deswegen habe ich dich heute nicht angesprochen, aber ich bin froh, dass diese Sache geregelt ist.«
Ein Weilchen herrschte geselliges Schweigen zwischen ihnen, das nur durch den gemessenen Schritt der Getreuen gestört wurde. Weit draußen auf dem Fluss zog langsam ein kleines Boot vorbei, sein dreieckiges Segel flatterte und seine Fahrt wurde durch rhythmische Trommelschläge eines Jungen markiert, der mit der Trommel unter dem Arm im Heck saß. Das Kielwasser plätscherte in glitzernden Wellen ans sandige Ufer. Kamose brannte nicht gerade darauf, zu hören, was seine Schwester zu sagen hatte.
Jetzt sprach Aahmes-nofretari, ohne ihm den Kopf zuzuwenden: »Es hat nämlich zwischen mir und den Fürsten Intef und Meketra Ärger gegeben. Großmutter, Mutter und ich hatten beschlossen, das für uns zu behalten, aber ich habe über die Sache nachgedacht, Kamose. Du musst dich während der kommenden Belagerung auf alle Fürsten verlassen können. Auf einige mehr als auf andere.« Sie holte tief Luft. »Falls du dich auf einen Ast stützt, der dann bricht, würde ich mir die Schuld daran geben. Es war kein großer Sturm«, sagte sie hastig, »ein Windstoß aus der Wüste, mehr nicht.«
»Du malst ein verwirrendes Bild«, unterbrach Kamose sie ungeduldig. »Wir sind gleich bei der Bootstreppe und ich bin hungrig.« Das klang härter als beabsichtigt, ihn hatte nämlich jäh ein ungutes Gefühl überkommen und sie entschuldigte sich auch sofort.
»Entschuldigung«, schoss es aus ihr heraus. »Aber die Sache ist die: Eines Morgens sind Intef und Meketra auf den Exerzierplatz gekommen. Ich glaube, sie waren entgeistert, als sie mich da gesehen haben. Sie wollten ihre Soldaten unter deine mischen und selbst den Befehl über die Männer übernehmen. Ihre Argumente klangen vernünftig, Kamose. Wir wollen doch die Zusammenarbeit zwischen den Kriegern unserer
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