In der Oase
Kamose, wenn du sie wieder nach Norden führst.« Aber als Kamose sie eingehend musterte, konnte er nichts Hitzköpfiges an ihrem lärmenden Benehmen finden. Ihr Krach hatte eher etwas Kaltes, fast Berechnendes. Die Frauen haben Recht mit ihren unguten Gefühlen, sagte er sich. Irgendetwas stimmt hier nicht.
Später stand er dann auf und hielt eine Ansprache, berichtete, was er in Wawat getan hatte, und sagte ihnen, dass sie am nächsten Tag allesamt zum Dankgottesdienst und zur Übergabe seiner Stelen im Tempel erwartet und dass sie am übernächsten Tag aufbrechen und ihren Krieg gegen Apophis wieder aufnehmen würden. Sie lauschten höflich, wandten ihm die geschminkten Gesichter zu, doch Hände und Körper waren unstet. »Morgen Nachmittag ist Kriegsrat im Arbeitszimmer meines Vaters«, sagte er knapp. »Tybi naht. Anfang Mechir möchte ich vor Auaris stehen.«
Es gelang ihm an diesem Abend nicht, mit seinem Bruder über seine Besorgnisse zu sprechen. Ahmose hatte sich früh zurückgezogen und war bei seiner Gemahlin und Kamose brachte es nicht übers Herz, sie zu stören. Er nahm Anchmahor und Ramose auf einen langsamen Rundgang im Haus mit und alle drei genossen schweigend die kühle Schönheit des mondbeschienenen Gartens. Danach schlief er tief und traumlos.
Am Morgen waren Haus und Anwesen leer, der Tempel jedoch voll, als Kamose wieder einmal seinen Fußfall vor dem Gott machte und ihm für seinen Erfolg in Wawat dankte. Seine Stelen waren aufgestellt worden, zwei stämmige Granitblöcke, beinahe so groß wie er selbst, und auf ihnen stand die Chronik seiner Feldzüge eingemeißelt. Er stellte sich davor und las ihre Botschaft laut und stolz, dass es durch den heiligen Bezirk hallte. Unterschwellig teilte er damit allen mit: Das hier habe ich, Kamose Tao, geschafft. Ich habe die Schmach von meiner Familie genommen. Ich habe die Ehre meines Vaters verteidigt. Ich habe mich des Blutes meiner königlichen Vorfahren würdig erwiesen.
Als die Menge in einer Weihrauchwolke und unter den letzten Liedern der heiligen Sänger aus dem Tempel strömte, stand plötzlich Aahmes-nofretari neben Kamose. Sie hatte sich hinter den Getreuen des Königs genähert und auf ein Wort von ihr hatte man sie durchgelassen. »Ahmose ist schon mit Mutter vorgegangen«, sagte sie. »Ich wollte dich sprechen, ehe du dich heute Nachmittag mit den Fürsten triffst, Kamose.«
»Ich wollte mich ohnedies mit dir unterhalten, ehe ich Waset verlasse«, antwortete er. »Die Zeit reicht zu rein gar nichts. Hast du Spione in Auaris einschleusen können?«
»Wir haben mit der Organisation begonnen, aber es geht langsam voran«, sagte sie. »Durch Paheri und Kay Abana haben wir im Norden arbeiten können, solange die Flotte nichts zu tun hat. Sie mussten erst Einwohner der Stadt ausfindig machen, die vertrauenswürdig sind. Du bist im Delta nicht beliebt, Kamose. Du hast zu viel zerstört.« Sie näherten sich jetzt ihren Sänften. Die Träger sprangen auf, doch Kamose winkte sie fort.
»Wir gehen zu Fuß«, rief er. »Dann hast du also noch keine nützlichen Informationen für mich«, sagte er leiser. »Es war wohl zu viel gehofft, dass irgendein entgegenkommender Einwohner von Auaris darauf brennt, uns die Tore zu öffnen. Arbeite weiter daran, Aahmes-nofretari. Irgendwann obsiegt die Gier der Setius. Schließlich verstehen sie sich auf nichts besser als aufs Gewinnmachen.« Sein Ton war leicht und die junge Frau lachte. »Wie ich höre, bist du dem Heer beigetreten«, fuhr er fort. »Soll ich dich zum Offizier befördern?« Dieses Mal reagierte sie nicht auf seine humorvolle Bemerkung.
»Dir könnte Schlimmeres passieren«, sagte sie ernst. »Ich muss mit dir über das Heer sprechen. Nein, über unsere einheimischen Soldaten. Mutter hat dir offensichtlich erzählt, dass ich während deiner Abwesenheit großes Interesse für sie entwickelt habe.« Sie warf ihm einen Blick von unten zu, sah dann auf ihre Sandalen, die im Staub des Weges weiche Abdrücke hinterließen. »Es hat damit angefangen, dass ich gedacht habe, Ahmose-onch hätte ein wenig Ablenkung, wenn ich ihn zum Exerzierplatz neben den Kasernen mitnehme. Raa hat mit Hent-ta-Hent alle Hände voll zu tun. Also habe ich den Befehlshaber um Erlaubnis gebeten, ob ich mit Ahmose-onch auf der Estrade sitzen und ihnen zusehen darf. Natürlich hat sich der kleine Nichtsnutz schon bald gelangweilt und sich gewunden und gequengelt, aber mich hat es fasziniert.« Sie hob die Hand, schob
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