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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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er auf dem Weg nach Norden das Heer in jeder Nomarche einsammeln, Auaris umzingeln, seine Mauern, falls erforderlich, Stein um Stein schleifen, bis die letzte Wunde am Leib seines Landes geheilt war. Er hatte dafür gesorgt, dass Kusch und Teti-en keine Bedrohung mehr waren. Seine südliche Flanke war sicher. Nur noch Pezedchu konnte ihn in seinem Streben nach völliger Freiheit hindern, und falls sich Pezedchu aus der falschen Sicherheit seiner Stadt wagte, würde er ihn besiegen. Apophis zählte nicht für Kamose. Der Kampf wurde zwischen ihm und dem General ausgetragen, in einer offenen und sauberen Feldschlacht. Es kam nur noch auf die richtigen Waffen und eine gute Militärstrategie an.
    Am Spätnachmittag ließ er die Fürsten holen. Kamose saß mit seinem Bruder, Ramose und Hor-Aha und sah ihnen kühl und zurückhaltend entgegen, als sie einer nach dem anderen eintraten. Sie verbeugten sich vor ihm und ließen sich auf seine Aufforderung hin nieder. Achtoi hatte Erfrischungen bereitgestellt, doch niemand ging zu den Schüsseln und Bechern. Sie sehen aus, als hätten sie stundenlang getrunken, dachte Kamose. Sie haben verquollene und trübe Augen. Sie hängen auf ihren Stühlen herum wie aufsässige Kinder, die ausgescholten werden sollen, legen die Hände in den Schoß und mögen mich nicht anblicken. Nur Anchmahor schenkt mir ein Lächeln.
    Er räusperte sich und stand auf. Ipi, der mit gekreuzten Beinen neben ihm auf dem Fußboden saß, hatte den Papyrus auf seiner Palette geglättet und griff zur Schreibbinse. »Ihr müsst euch selbst bedienen, wenn ihr hungrig oder durstig seid«, fing Kamose an. »Ich möchte nicht, dass uns die Diener stören. Was ich euch zu sagen habe, dauert nicht lange. Es gibt keine ausgeklügelten Pläne für unseren bevorstehenden Marsch, es sei denn, ihr habt einen Weg gefunden, wie man in Auaris eindringen kann. Meketra, ich erinnere mich nicht, dich von deinen Pflichten in Chemmenu abberufen zu haben. Sollte dir tatsächlich ein solcher Plan eingefallen sein, den du uns so schnell wie möglich mitteilen möchtest?« Meketra blickte mit bleichem, ausdruckslosem Gesicht hoch, richtete den Blick jedoch auf einen Punkt unmittelbar unter seinem Kinn. -
    »Nein, Majestät«, sagte er. »Bedauerlicherweise nicht. Ich habe mit meinem Kommen nach Waset dein Missfallen riskiert, weil die Ernte rings um meine Stadt beendet ist und der Wiederaufbau auch ohne mein persönliches Zutun vonstatten geht. Ich wurde für eine gewisse Zeit nicht gebraucht und wollte an deinem Sieg und dem Dankgottesdienst teilnehmen.«
    »Es missfällt mir in der Tat«, gab Kamose scharf zurück. »Du wirst dort gebraucht, wo ich es sage, Meketra. Zunächst hättest du darum bitten müssen, dass du hierher kommen darfst, mit Gründen, warum Chemmenu in den Händen deines stellvertretenden Nomarchen bleiben kann.« Er wollte noch mehr sagen, wollte den Mann für sein niedriges Verlangen, sich so oft wie nur möglich in den Vordergrund zu drängen, geißeln, doch wenn er öffentlich auf Meketras Charakterfehler hinwies, würde das den offenkundigen Groll des Fürsten noch weiter anfachen, weil er dann aus der Gesellschaft seiner Gefährten in Waset ausgeschlossen war. »Kann ich davon ausgehen, dass deine Anwesenheit hier und die ungehörig große Zahl deiner Soldaten deinen Wunsch deutlich macht, in diesem Frühling mit uns nach Norden zu ziehen?«, erkundigte er sich. Meketra wirkte erschrocken und dann verlegen. Kamose wartete erst gar nicht auf eine Antwort. Er hatte nicht die Absicht, Meketra mitzunehmen, und wechselte rasch das Thema. »Morgen bei Sonnenaufgang stehen eure Männer in Marschordnung bereit«, sagte er. »Die Medjai fahren wie immer in den Schiffen. Ich möchte Auaris so schnell wie möglich erreichen und dort so lange wie möglich bleiben, bis mir die Stadt, so Amun will, gehört. Umwege sind nicht erforderlich. Habt ihr noch Fragen?«
    Es war, als wären alle zu Stein geworden. Jeder Mund blieb geschlossen. Jedes Gesicht wurde ausdruckslos und auf einmal bewegte sich keiner mehr. »Was ist los mit ihnen?«, flüsterte Ahmose und beim Klang seiner Stimme hob Intef den Kopf. Jetzt kreuzte sich sein Blick endlich mit Kamoses und der war so hasserfüllt, dass Kamose erschrocken blinzelte.
    »Majestät, wir möchten in diesem Jahr nicht nach Norden ziehen«, sagte er. »Wir haben uns beraten und sind damit nicht glücklich. Zwei Jahre lang sind wir dir gefolgt. Unsere Kinder wachsen ohne uns auf.

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