In der Oase
»Darf ich doch, Majestät? Danke.« Mit geübter Hand schenkte sie sich einen Becher Wein ein und trank einen Schluck. »Wir waren alle froh, als die Prinzessin Prinz Ahmose-onch ihrem Einfluss entzogen hat, aber das hat ihre Feindseligkeit nur noch weiter geschürt.«
»Das weiß ich alles«, half Kamose freundlich nach. »Du traust dich noch immer nicht damit heraus, nicht wahr, Senehat? Nofre-Sachuru hat sich des Hochverrats schuldig gemacht.« Sie machte ein bekümmertes Gesicht.
»Es fällt mir schwer, eine Edelfrau zu beschuldigen«, antwortete sie. »Die Worte jedoch sind nur für Deine Majestät bestimmt. Ehe du nach Wawat aufgebrochen bist, hat sich Nofre-Sachuru alle Mühe gegeben, den Edlen Ramose gegen dich einzunehmen. Hat ihm Tag für Tag Gift ins Ohr geträufelt. Anfangs hat er sich dagegen verwahrt, dann hat er dazu geschwiegen. Ein paar Sachen, die sie ihm erzählt hat, waren gelogen. Er hat mich eingehend befragt, wie man sie hier behandelt. Ich habe ihn beruhigt und er hat mir geglaubt. Das alles habe ich der Prinzessin erzählt. Dann bist du fortgegangen und die Fürsten sind gekommen.« Sie verstummte und trank noch einen Schluck Wein. »Aber vor ihrer Ankunft hat Nofre-Sachuru schon angefangen, ihnen zu schreiben. Jede Woche hat sie Briefe diktiert. Aber sie ist ja so dumm. Sie hat dazu einen der Hausschreiber genommen, und der hat natürlich deiner königlichen Großmutter gezeigt, was er geschrieben hat. Soviel ich weiß, hat nichts Schlimmes in den Rollen gestanden, es war nur ein Versuch, sich mit den Fürsten anzufreunden. Das Schlimme ist später gekommen.« Sie setzte den Becher ab, legte die Hände auf den Rücken und blickte Kamose mitten ins Gesicht. »Als die Fürsten dann hier waren, hat sie sie sofort mit Einladungen, Besuchen und kleinen Geschenken überhäuft. Sie hat sich ständig bei ihnen aufgehalten und ich auch. Sie hat ihnen die Stärke deiner Truppen auf dem Anwesen und in Waset verraten. Sie hat vorgeschlagen, dass sie den Befehl über deine Soldaten übernehmen und so deine Macht einschränken. Sie hat sie daran erinnert, dass du einen Edelmann hingerichtet hast, dass du ihre Stellung nicht achtest, dass ihr Blut sie nicht vor deiner Skrupellosigkeit schützt, dass du sie benutzt.«
»Ja, das stimmt«, warf Kamose ein. »Ich habe sie benutzt. Und ich werde sie auch weiterhin benutzen.«
»Ja, aber gütig, und du hast ihnen für ihre Unterstützung prächtige Belohnungen versprochen. Du hast ihnen sogar das Gnadengold geschenkt!«, sagte Senehat mit Nachdruck. Kamose gestand sich insgeheim ein Lächeln zu. Die Kleine hier war treu. »Als sie gemerkt hat, dass sie nichts dagegen eingewendet haben, ist sie kühner geworden«, fuhr Senehat fort. »›Kamose ist weiter nichts als ein Schlächter‹, hat sie gesagt. ›Er hat unschuldige Ägypter ermordet. Ihm ist nicht zu trauen. Schreibt an Apophis und fragt ihn, was er euch im Austausch für Kamoses Kopf gibt.‹ Da hat Fürst Intef den Mund aufgemacht. ›Das habe ich bereits getan‹, hat er gesagt. Darauf hat Fürst Meketra gesagt: ›Ich auch. Kamose ist ein Emporkömmling und wir haben diesen Krieg satt. Wir wollen auf unsere Anwesen zurück und in Frieden leben.‹«
Und diesem Mann habe ich Chemmenu zurückgegeben, dachte Kamose. Seinen Fürstentitel habe ich ihm zurückgegeben. Wie kann er nur, wie kann überhaupt jemand so treulos sein? »Was ist mit den anderen?«, fragte er verzagt. Er zweifelte nicht einen Augenblick an Senehats Geschichte. Sie klang so entsetzlich wahr.
»Die Fürsten Machu und Mesehti haben heftig protestiert«, sagte Senehat. »Fürst Anchmahor war nicht anwesend. Ich glaube, sie haben absichtlich gewartet, bis er anderswo beschäftigt war.« Sie hob die Schultern. »Zu guter Letzt haben Fürst Machu und Fürst Mesehti eingewilligt, dir nichts von den Verhandlungen zu erzählen, die zwischen Apophis und den anderen beiden gelaufen sind, wenn sie auf der Stelle mit dem Hochverrat aufhören. Im Austausch dafür haben die anderen zugestimmt, die Bitte um ein Jahr Aufschub bis zum nächsten Feldzug zu unterstützen. Das ist alles, Majestät.« Sie löste die Hände. »Ich bin nicht bei allen Beratungen zwischen den Fürsten und Nofre-Sachuru zugegen gewesen. Vielleicht haben sie ihre Meinung geändert, von diesem Wahnwitz abgelassen, und ich möchte nicht ohne Beweise beschuldigen. Ipi erzählt uns, dass sie ihre Schlechtigkeit beim Kriegsrat unter Beweis gestellt haben.«
»Aber nicht die
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