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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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es zu eilig, er konnte nicht stehen bleiben und sich die Leichen ansehen, die in regelmäßigen Abständen dalagen, aber es war offensichtlich, dass die gesamte Leibwache im Haus ermordet worden war. Warum haben sie sich nicht gewehrt?, dachte er flüchtig und hatte sofort die Antwort. Weil sie ihre Angreifer gekannt haben. Und wo sind die Diener? Sind die geflohen? Liegen sie in den Dienstbotenquartieren tot auf ihren Matten? Keuchend verlangsamte er vor Ahmoses Räumen den Schritt. Dort saß ein Mann mit dem Rücken an der Wand und dem Schwert in der Hand. Er war hellwach, stand auf und salutierte, als sich Kamose vorsichtig näherte. »Du lebst noch«, entfuhr es diesem. Die Brauen des Mannes wölbten sich bis unter den Rand seines Lederhelms.
    »Majestät, ich war müde, aber bislang bin ich im Dienst noch nicht eingeschlafen«, entschuldigte er sich. »Ich werde bald abgelöst. Verzeih mir, dass ich mich hingesetzt habe.« Kamose hätte ihn am liebsten durchgeschüttelt.
    »Darum geht es nicht, Dummkopf!«, fauchte er. »Wer ist noch hier gewesen?« Der Blick des Soldaten wanderte nach unten und blieb an Kamoses nackten Füßen hängen. Kamose blickte auch nach unten. Das Blut vom Gemetzel war ihm fast bis zum Knie gespritzt. »Deine Waffengefährten sind tot«, sagte er knapp. »Ich bin durch ihr Blut gewatet. Hat heute Nacht jemand um Einlass in die Gemächer meines Bruders gebeten?«
    »Vor einem Weilchen ist einer deiner Hauptleute mit zwei Fußsoldaten hier gewesen und wollte den Prinzen sprechen«, sagte der Getreue, der sich sichtlich bemühte, seinen Schreck zu überwinden. »Aber der Prinz war nicht da. Er ist vor geraumer Zeit zum Angeln gegangen. Das Morgengrauen ist nicht mehr fern, Majestät. Sie haben nicht darum gebeten, die Prinzessin zu sprechen. Sie sind wieder gegangen.«
    »Komm mit«, befahl Kamose und drückte die Tür auf.
    Ahmose und seine Gemahlin bewohnten größere Zimmer als Kamose, ein Zugeständnis an ihren Ehestand. Das kleine Vorzimmer, das Kamose jetzt betrat, lag im friedlichen Schein einer einzigen Lampe. Die beiden anderen Türen, eine zum Kinderzimmer, die andere zum Schlafgemach, waren geschlossen. Als Raa sie kommen hörte, stand sie von ihrem Strohsack an der Kinderzimmertür auf und Sit-Hathor, Aahmes-nofretaris Leibdienerin, blickte von ihrem hoch. Als er die Tür hinter sich und dem Soldaten geschlossen hatte, standen sie bereits. »Raa, weck deine Herrin und zieh die Kinder an«, befahl er. »Sit-Hathor, ich möchte, dass du zu Ramose gehst. Er soll sich bewaffnen und Fürst Anchmahor suchen. Verstehst du mich?« Sie nickte. »Auf dem Flur liegen viele Leichen«, fuhr er sanfter fort. »Du solltest Sandalen anziehen. Bist du tapfer?« Wieder nickte sie. »Sag Ramose, dass man uns verraten hat und wir in Gefahr sind. Ich gehe zur Bootstreppe und fange meinen Bruder ab. Jetzt gleich, Sit-Hathor!« Raa war im Schlafgemach verschwunden, und als Sit-Hathor auf den Gang geschlüpft war, tauchte Aahmes-nofretari schlaftrunken blinzend und in ein Laken gehüllt auf, hinter ihr Raa, die ins Kinderzimmer ging.
    »Was ist los, Kamose?«, fragte seine Schwester schläfrig. Kamose wartete. »Du bist nackt und an deinen Beinen klebt, glaube ich, Blut«, sagte sie. »Die Fürsten machen einen Aufstand, nicht wahr? Ahmose ist angeln gegangen. Er hat gesagt, er nimmt Behek mit. Ist er in Sicherheit?«
    »Das weiß ich nicht, aber ich denke schon. Wenn ich diese Nacht nicht auf dem Fußboden geschlafen hätte, ich wäre jetzt tot. Sie werden es noch einmal versuchen, aber sie wissen nun, dass sie aufgeflogen sind, und da wird ihnen sehr bald einfallen, dass Ahmose-onch auch ein Tao ist, und sie werden hierher kommen und ihn umbringen. Er muss überleben, Aahmes-nofretari. Sonst ist in Ägypten kein König mehr übrig.« Hinter der Kinderzimmertür weinte jetzt die Kleine und Ahmose-onch protestierte lauthals. »Du musst mit den Kindern in die Wüste«, fuhr Kamose fort. »Der Soldat hier begleitet dich. Zum Streiten ist keine Zeit!«, brüllte er beinahe, als sie den Mund aufmachte und etwas einwenden wollte. »Ich bin schnurstracks aus meinen eigenen Gemächern gekommen! Ich habe keine genaue Vorstellung, was anderswo vorgeht! Zieh dich an und tu, was ich dir sage!« Statt zu antworten, drehte sie sich um und verschwand in ihrem Zimmer und Kamose wartete. Raa kam mit Hent-ta-Hent auf einem Arm und mit Ahmose-onch an der anderen Hand. »Hunger«, quengelte der Junge. Kamose wandte sich

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