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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Fischen in einer und seine Sandalen in der anderen Hand. Als er trockenes Land erreicht hatte, ließ er die Sandalen fallen, schob die Füße hinein und dabei lachte er. Das alles sah und bemerkte Kamose mit übernatürlicher Klarheit. Ahmoses Schurz war am Saum durchnässt und durchsichtig und klebte an seinen braunen Schenkeln. Die Fische glänzten feucht, ihre Schuppen spiegelten das zarte Rot und Hellblau des neuen Tageslichts. Ein durchnässter Behek beäugte sie hungrig. Ahmose hatte einen Streifen getrockneten Schlamm auf der Wange. Beide Soldaten standen jetzt neben ihm und einer fiel auf ein Knie, um Ahmose die Sandalen zuzuschnüren.
    Kamose hatte sie fast erreicht. Da blickte Ahmose auf und sah ihn kommen. »Was tust du hier so früh, Kamose?«, rief er munter. »Willst du schwimmen gehen? Sieh mal, wie viele Fische ich heute Morgen gefangen habe!« Er hob das schlaffe Bündel und schüttelte es grinsend. Beheks Aufmerksamkeit wurde von den Fischen abgelenkt, richtete sich dann auf seinen Herrn. Er stellte die Ohren auf und fing an zu bellen.
    In diesem Augenblick spürte Kamose einen Schlag, der seine linke Seite traf. Er schwankte und fiel vornüber. Doch er fand das Gleichgewicht wieder und dachte, er wäre gestolpert, und etwas später merkte er, dass er sich doch nicht auf Ahmose zubewegte, sondern hingefallen war, dass sein Gesicht auf den Kieseln des Wegs lag und er auf einmal keine Kraft mehr in den Beinen hatte. Er wollte sich hochstemmen, doch seine Hände schlugen nur auf die Steine ein. Warum schreit Ahmose so?, fragte er sich gereizt. Warum kommt keiner der Soldaten und hilft mir hoch? Er spürte Schritte auf dem Boden und drehte mühsam den Kopf. Zwei Paar Sandalen rannten vorbei. Er hörte Knurren, einen Fluch und einen Schrei.
    Dann fasste ihn jemand an, hob ihn auf und wollte es ihm bequem machen, doch bei dieser Bewegung schoss ihm der Schmerz in die Achselhöhle, in seine Seite, in seinen Rücken. Er unterdrückte einen Schrei und blickte hoch, aber sein Blick war getrübt. Er lag im Schoß seines Bruders, sein Hals in Ahmoses Armbeuge, seine Finger umklammerten Ahmoses andere Hand. »Man hat auf dich geschossen, Kamose. Was ist hier los?« Ahmose schrie die Worte, aber sie kamen wie aus weiter Ferne, denn er, Kamose rannte noch immer und Ahmose hielt seine Fische hoch und lächelte und ein Vogel oder vielleicht eine Eidechse hatte etwas gesagt. Kamose bekam keine Luft. Er hatte einen Kloß in der Brust. Etwas steckte in seiner Kehle und als er den Mund aufmachte, rann es heiß und nass heraus.
    »Die Fürsten«, flüsterte er. »Ahmose, die Fürsten.«
    »Ja, du hast Recht«, murmelte sie. Sie. Er hatte sich geirrt. Nicht Ahmose hielt ihn, sondern die Frau, und nun wusste er, dass er nur träumte und dass er zusammengerollt vor seinem Amun-Schrein aufwachen würde, und alles war gut.
    »Dein Gesicht«, sagte er staunend. »Endlich sehe ich dein Gesicht und es ist makellos und vollendet. Ich liebe dich, liebe dich. Ich habe immer nur dich geliebt.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie. »Du hast mir mit großer Treue gedient, Kamose Tao, und ich liebe dich auch. Aber jetzt ist es Zeit, dass wir uns trennen.« Sie beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich. Ihre Lippen schmeckten nach Palmwein und ihr Haar, das ihr ums Gesicht fiel, roch nach Lotus. Als sie sich von ihm löste, sah er, dass ihr Mund und ihre Zähne mit Blut verschmiert waren.
    »Dieser Traum gefällt mir nicht«, stammelte er. »Halt mich fester. Lass mich nicht fallen.« Sie lächelte.
    »Ich werde dich für immer umfangen, geliebter Bruder«, sagte sie leise. »Dein Fleisch wird tief in meinem Felsen ruhen, und solange die Wasser meines Flusses fließen und der Wind meiner Wüsten den Sand verweht und die Wedel meiner Palmen ihre Früchte fallen lassen, werden sie dein Lob singen. Geh jetzt. Geh. Die Maat erwartet dich im Gerichtssaal und ich verspreche dir, dass dein Herz so leicht gewogen wird, dass ihre Feder schwerer wiegt als Gold.«
    »Bitte…«, sagte er erstickt. »O bitte…«, und sein Mund brannte noch immer von ihrem Kuss, doch jetzt beugte sich Ahmose über ihn, sein Mund war dunkelrot und seine Züge waren verzerrt.
    »Ihr Götter, Kamose, stirb nicht!«, flehte er, doch Kamose blickte an ihm vorbei, denn dort wurde der Himmel dunkler und ein mächtiger Pylon nahm Gestalt an und er konnte nicht antworten. In dem Dunkel bewegte sich etwas, edles Metall schimmerte, Licht funkelte auf einem mit Kohl

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