In der Oase
betrat nachdenklich seine Kabine, Ipi folgte ihm auf den Fersen. Irgendwie muss Apophis seine Tore öffnen, überlegte er. Man muss ihn dazu herumbekommen, aber wie? Seufzend setzte er sich auf die Bettkante. Der Morgen war ereignisreich gewesen. Ahmoses Schatten verdunkelte den Eingang, als sich Achtoi bückte, um Kamose die Sandalen auszuziehen.
»Ich bin auch reif für eine Stunde auf meinem Feldbett«, sagte Ahmose gähnend. »Sie haben hier Wunder vollbracht, Kamose, die beiden. Sie verdienen, glaube ich, eine Belohnung. Liest du die Botschaften jetzt noch?« Kamose legte die Füße auf die Matratze.
»Nein. Später. Ipi, du kannst gehen. Achtoi, sag den Wachen, dass sie uns wenigstens eine Stunde lang nicht stören.«
Er schlief wie ein Kind, tief und traumlos, und wachte auch auf wie ein Kind, war plötzlich da und fühlte sich rundum wohl. Er rief nach seinem Haushofmeister, ließ sich waschen, wechselte die Kleidung, ließ sich Brot und Käse bringen, ging nach draußen und setzte sich unter den hölzernen Sonnenschutz. Gleich darauf kam auch Ahmose. Sie speisten und tranken etwas, dann ließ Kamose Ipi holen. »Und jetzt«, sagte er zu seinem Schreiber, als sich der Mann neben seine nackten Füße setzte, »sollten wir uns lieber Hor-Ahas Rolle vornehmen. Lies vor, Ipi.« Ipi erbrach das Siegel und hob an.
»›Grüße an Seine Majestät König Kamose, Starker Stier der Maat und Unterwerfer der abscheulichen Setius‹.«
»Unterwerfer der abscheulichen Setius«, murmelte Ahmose. »Das gefällt mir.«
»›Ich habe in diesem Winter viel über Auaris nachgedacht und überlegt, Majestät, wie deine Strategie für den Feldzug dieses Jahres aussehen könnte‹«, fuhr Ipi fort. »›Ich gehe davon aus, dass du, Majestät, keine andere Wahl hast, als erneut die Belagerung von Auaris aufzunehmen, Nag-Ta-Hert oder Het nefer Apu gegen einen Einfall aus dem Norden zu befestigen, verbunden mit einer Säuberung der bereits eingenommenen Gegenden. Ich möchte in aller Bescheidenheit einen anderen Vorschlag unterbreiten. Ich bin so kühn, weil ich dein General bin, Majestät, und du es für richtig gehalten hast, mich auch schon früher in militärischen Angelegenheiten zu befragen.
Wie du sehr wohl weißt, Majestät, gibt es nur zwei Wege, die in die Oase hinein-und hinausführen. Einer kommt vom See Ta-sche, und einer führt von Het nefer Apu, das deine Bootsleute absichern, nach Westen. Falls man Apophis’ Truppen die Information zuspielen könnte, dass dein Heer in der Oase untergebracht ist, und falls man seine Generäle überzeugen könnte, Auaris zu verlassen, müssten sie durch die Wüste über Ta-sche ziehen, weil die Bootsleute den Zugang zur anderen Strecke bewachen.
Damit schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens: Das Wüstengelände ist felsig und beide Wege sind sehr schmal. Zweitens: Falls sich deine Truppen von Uah-ta-Meh zum Nil und in die Sicherheit von Net nefer Apu zurückziehen, hätten Apophis’ Hauptleute keine andere Wahl, als sich auf den entmutigenden und erschöpfenden Marsch entweder zurück nach Ta-sche oder vorwärts zur Verfolgung deines Heeres zu machen. Wetten, dass sie dein Heer verfolgen? Wenn wir sie daraufhin zur Schlacht gegen Heer und Bootsleute zwingen, sind sie gewiss müde und ohne Kampfgeist. Ich vertraue darauf, dass du, Majestät, dich nicht an meiner Kühnheit störst, dir diese Vorschläge zu unterbreiten. Ich erwarte mit Freuden entweder deinen Befehl, mit den Truppen zum Nil zurückzukehren, oder die Ankunft deiner königlichen Person. Bitte, übermittele Prinz Ahmose meine untertänigsten Grüße.‹« Ipi blickte auf. »Das ist mit ›Fürst und General Hor-Aha‹ unterzeichnet und gegeben am ersten Tag im Monat Tybi«, schloss er. »Möchtest du es noch einmal vorgelesen haben, Majestät?« Kamose nickte. Er warf Ahmose einen Blick zu, doch der sah mit angehaltenem Atem den Schreiber an.
Nachdem die Rolle ein zweites Mal verlesen war, nahm Kamose sie und entließ Ipi. In dieser kleinen Pause sprach Ahmose. »Das muss ich erst verdauen«, sagte er langsam. »Hor-Aha schlägt vor, dass wir die Setius irgendwie in die Oase locken, und wenn sie kommen, ziehen wir uns zum Nil zurück, und wenn sie uns dann einholen, haben wir zusammen mit den Bootsleuten volle Stärke erreicht, während sie nach einem anstrengenden Marsch durch die Wüste müde und entmutigt sind.«
»So sieht es aus.«
»Er ist also für eine offene Feldschlacht hier in Het nefer
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