In der Oase
wehte das Gelächter unsichtbarer Soldaten heran. Hoch über ihnen standen die Sterne, ohne zu funkeln, am dunklen Himmel.
Gegen Ende des Mahls, als der Weinkrug geleert war und die drei Männer halbherzig die Datteln des letzten Gangs in Angriff nahmen, lehnte sich Ahmose mit einem zufriedenen Seufzer zurück. »Heute Abend liegt Vorfreude in der Luft«, sagte er. »Ramose, was meinst du dazu? Du bist so still gewesen?« Ramose schenkte ihm ein mattes Lächeln.
»Tut mir Leid, Prinz«, sagte er. »Ich habe tatsächlich gegrübelt. Der Plan des Generals ist durchdacht. Er hat nur zwei Haken.«
»Wie kann man Apophis wirklich dazu bewegen, dass er seine Stadt verlässt, und wie stellen wir sicher, dass seine Truppen erschöpfter als unsere sind, wenn sie Het nefer Apu erreichen?«, warf Kamose ein. Ramose nickte.
»Genau.« Er zögerte, und sein Blick hing an den dunkel glänzenden Datteln. Kamose sah, dass er die Brauen zusammengezogen hatte, und merkte, wie sich ihm der Magen zusammenschnürte. Ich weiß, was er sagen will, dachte er, spürte den Blick seines Bruders und sah ihn an. Ahmose nickte einmal unmerklich Zustimmung. Ramose reckte das Kinn. »Ich habe keine Ahnung, wie man das zweite Ziel erreichen kann«, sagte er. »Aber für das erste habe ich eine Lösung. Schick mich zu Apophis, Kamose. Einen besseren Verräter als mich gibt es nicht.«
»Weiter«, sagte Kamose tonlos. Sein Herz schlug schneller. Ramose hielt einen Finger hoch.
»Zum einen Tani«, fing er an. »Ich liebe sie noch immer, und ich bin dir entlaufen, weil ich sie wieder sehen wollte.« Er hielt den zweiten Finger hoch. »Dann die Hinrichtung meines Vaters, ein Grund, der meine Zuneigung zu dir in Hass verwandelt hat.« Er hob den dritten Finger. »Drittens mein Erbe, meine Ländereien in Chemmenu, die an Meketra gefallen sind. Sollte Apophis das nicht wissen, so erzähle ich es ihm. Ich werde ihm im Austausch für ein Treffen mit Tani alle gewünschten Informationen anbieten und darum bitten, mit den Setius gegen dich kämpfen zu dürfen.« Er verzog das Gesicht. »Vielleicht bitte ich auch darum, dass man mir für meine Treue Chemmenu zurückgibt.« In dem darauf folgenden Schweigen blickte er von einem zum anderen. »Meine Worte überraschen euch nicht, ja?«, sagte er leise. »Ihr habt bereits darüber nachgedacht.« Er wandte sich an Kamose. »Majestät, zögere nicht, mich einzusetzen, scheue nicht wegen unserer langen Freundschaft davor zurück oder weil du Gewissensbisse wegen meiner zerstörten Hoffnungen hast. Die hat Apophis vernichtet, nicht du, und mein Vater hat seinen Sturz selbst verschuldet.« Kamose musterte das schöne, ernste Gesicht und spürte, wie ihn eine ungewohnte Traurigkeit überkam.
»Ramose, du verdienst es, für den Rest deines Lebens in Frieden zu leben«, sagte er mit Mühe, und der junge Mann machte eine heftige Handbewegung und lehnte sich zurück.
»Du auch. Es ist sinnlos, sich gegen das Schicksal aufzulehnen. Es gibt keinen anderen als mich, Kamose. Keiner der Fürsten kann das. Mit Ausnahme von Anchmahor und vielleicht Mesehti sind alle zu anfällig für Versuchung, wenn sie erst einmal deiner Kontrolle entzogen sind. Du darfst ihnen nicht völlig vertrauen.« Er erhob sich und stand mit beiden Händen fest auf den Tisch gestützt. »Einen gewöhnlichen Offizier kannst du auch nicht schicken. Der würde für ein Wortgefecht mit Apophis nicht raffiniert genug denken und könnte dessen Argwohn nicht beschwichtigen. Das kann nur ich.« Aber was ist dein Motiv?, fragte sich Kamose. Verlust deiner Zukunft? Rache an Apophis? Echte Sehnsucht nach Tani? Oder die Gelegenheit, mir zu entfliehen? Er gab sich innerlich einen Ruck.
»Ich tue es sehr ungern«, sagte er. »Ich möchte weder deinen Tod noch deine Verhaftung auf mein Gewissen laden, falls etwas schief geht. Du hast durch mich genug gelitten.« Ramose kniff die Augen zusammen.
»Ich habe meine Wahl vor Jahren getroffen«, gab er zurück. »Wir haben bereits Ende Mechir, Majestät. Aus Frühling wird Sommer. Du musst dich entscheiden.«
Als Ramose gegangen war, zog Kamose seinen Bruder von den Fackeln fort, und als sie den Saum des mageren Palmenhains erreicht hatten und allein in der Unendlichkeit der Wüste waren, die sich im blassen Sternenschimmer vor ihnen wellte, setzte er sich in den Sand und kreuzte die Beine. Ahmose ließ sich neben ihn sinken. Ein Weilchen äußerte keiner etwas, sie ließen sich von der tiefen Stille umfangen. Dann
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