In der Oase
Tage bis zum Nil und wahrscheinlich vier bis Auaris. Sechs Tage. Dazu zählen wir noch drei Tage für Audienzen, Beratungen und so weiter im Palast. Neun Tage. Weitere vier, fünf, bis Apophis’ Generäle das Heer marschbereit haben. Vierzehn Tage. In zehn Tagen müssen unsere Späher die Mündung des Deltas und auch die Wüstenstraße bei Ta-sche beobachten. Amun möge uns helfen, falls wir die Setiu-Truppen verpassen! Sowie wir wissen, dass sie Ta-sche verlassen haben, marschieren wir nach Het nefer Apu, vereinigen uns mit Paheri und der Flotte und warten auf die Schlacht. Bist du nun zufrieden?« Er stand auf und klopfte sich den Sand vom Schurz.
»Ja.« Ahmose tat es ihm nach. »Kamose, glaubst du, Apophis lässt Pezedchu auf uns los?« Seine Stimme klang bänglich. Kamose empfand die gleiche Angst.
»Pezedchu ist der beste militärische Kopf, den er hat«, antwortete er grimmig. »Wir haben mit dem General noch ein Hühnchen zu rupfen. Soll er ruhig kommen. Es ist alles ein Spiel, Ahmose. Wir können nur die Würfel werfen. Und die müssen dann Apophis und die Götter aufnehmen.«
Als Kamose wieder in ihrem Zelt mit dem stetigen goldenen Licht der Lampe auf seinem Tisch war, diktierte er zwei Briefe. Einer ging an Tetischeri und berichtete ihr von Apophis’ Bitte an Teti-en und ermahnte sie, in ihrer Bewachung des Flusses nicht zu erlahmen. Darauf richtete er einen Brief an Apophis höchstpersönlich, mit dem er sich anfangs schwer tat, doch allmählich erwärmte er sich für die Aufgabe und zählte jeden seiner Angriffe auf, jedes niedergebrannte Dorf, jede entvölkerte Garnison. Mit besonderem Genuss befasste er sich mit der Plünderung von Apophis’ Festung Nag-Ta-Hert und schloss mit der Prahlerei, es sei nur noch eine Frage der Zeit und Auaris ereile das gleiche Schicksal. Er beleidigte ihn, machte ihn schlecht, verhöhnte ihn und beendete den giftigen Wortschwall mit »Es ist um dich geschehen, gemeiner Setiu, der immer gesagt hat: ›Ich bin der Herr, und von Chmun und Pi-Hathor bis Auaris gibt es nicht meinesgleichen‹«, und unterzeichnete mit »Starker Stier, Geliebter Amuns, Geliebter Res, Herr der Zwei Länder, Kamose, der ewig lebt«.
Ahmose hatte auf seinem Feldbett hockend zugehört. Als Ipi die beiden Papyri versiegelte und Kamose durstig Wasser trank, das neben seiner Lampe stand, sagte er: »Wirst du den Fürsten von deinem Brief erzählen, Kamose?« Kamose warf ihm über die Entfernung ein Lächeln zu. Er fühlte sich, als hätte er einen schweren Felsbrocken, den man ihm um den Hals gehängt hatte, genommen und damit nach Apophis geworfen. Er kam sich leicht vor und ihn schwindelte ein wenig.
»Wir sind oft wortlos einer Meinung, nicht wahr, Ahmose?«, sagte er. »Nein, das tue ich nicht. Er würde sie nur beunruhigen. Ich habe sie alle mit hineingerissen. Ramose kann sich morgen auf die Reise vorbereiten und am darauf folgenden Morgen aufbrechen. Den Rest dürfen sie natürlich wissen. Danach erforschen du und ich die Oase, während wir auf Nachricht von den Spähern warten.« Er griff sich einen Umhang. »Ich finde doch keine Ruhe. Ich gehe, glaube ich, ein Weilchen spazieren. Kommst du mit?« Ahmose schüttelte den Kopf.
»Ich schlafe lieber«, sagte er. »Nimm Anchmahor mit. Geh nicht allein, Kamose.« Kamose schloss die Zeltklappe hinter sich und tauchte in der Nacht unter.
Beim Treffen am nächsten Morgen berichtete Kamose den versammelten Fürsten, dass er sich für Hor-Ahas Plan entschieden habe und dass Ramose den Setiu-Soldaten nach Auaris zurückbegleiten werde. Hinsichtlich des Briefes hielt er den Mund. Er war der König, er musste ihnen nichts weiter mitteilen als Befehle, es sei denn, er brauchte ihren Rat. Sie stritten sich nicht mit ihm, ja, sie wirkten geradezu erleichtert, dass ihr langer, müßiger Winter bald vorbei sein würde.
Später ließ er Ramose rufen, überreichte ihm die Rolle und erteilte seine Anweisungen. »Wenn du erst im Palast bist, musst du dich auf dein eigenes Urteil verlassen«, sagte er. »Bitte darum, dass du Tani vor deinem Aufbruch sehen darfst, nachdem du deine Pflicht als Herold erfüllt hast. Dann zögere etwas.« Kamose hob die Schultern. »Alle Vorschläge, die ich da zu machen hätte, sind nutzlos, Ramose. Schläfere Apophis’ Argwohn ein, erzähle ihm alles, was du weißt, aber locke ihn aus seiner Stadt.«
»Ich werde mein Möglichstes tun«, sagte Ramose. »Falls ich nicht zu dir zurückkehren kann, Kamose, musst du einfach
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